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Ali Cem Deniz

Das Alltagsmikroskop

17. 2. 2012 - 13:03

Die neue Fast-Food Avantgarde: Bratwurst-Dürüm

Am Wiener Schottentor gibt es seit Neuestem eine kulinarische Kuriosität: Bratwurst-Dürüm. Stehen wir vor einer Revolution des schnellen Essens?

Nudelbox, Dönerbox, Coffee-to-go. Im frühen 21. Jahrhundert ist Nahrung wie vieles andere auch: mobil und überall erreichbar. Und weil alles so mobil ist, vor allem die Menschen, gibt es immer kuriosere Varianten.

Das schnelle Essen wurde lange Zeit dominiert von amerikanischen Produkten: Hamburger, Hot Dog oder auch Pizza. Letzteres kommt zwar nicht direkt aus den USA, in Amerika lebende Italiener sind aber für dessen quasi-imperialistischen Siegeszug verantwortlich. Die Pizza wurde schließlich so erfolgreich, dass sie auch in ihrem Ursprungsland in Italien populär wurde. Diese ungewöhnliche Entwicklung war so maßgebend, das irgendwelche Leute sich einen sogenannten Pizza-Effekt ausgedacht haben, um ähnliche Prozesse beschreiben zu können.

Brot mit Fleisch

Lange Jahre war das Kebap im deutschen Sprachraum der Vorreiter einer neuen Welle von unkonventionellen Fast-Food Produkten.Die Geschichte des Kebaps könnte man auch mit einem Pizza-Effekt beschreiben. Glaubt man der allgemein bekannten Ursprungsmythologie, so sind ja die Türken erst nach ihrer Auswanderung nach Deutschland auf die Idee gekommen, das Fleisch vom Spieß nicht einfach auf den Teller zu geben, sondern zwischen ein mehr oder weniger essbares Stück Brot.

Um eventueller Trockenheit im Gaumen vorzubeugen, wurde das Brot mit dem Fleisch durch Unmengen an Tomaten, Zwiebeln und Joghurtsauce bereichert. Und wenn der Kebapmann mit dem Döner geizt, kann es sein, dass das Fleisch die nasse Mischung aus Tomaten, Zwiebeln und Joghurtsauche bereichert und nicht umgekehrt.

Nach und nach hat das Kebap sich als feste Größe in der Branche etabliert. Kollaborationen mit anderen Szenegrößen in Form von McKebap oder Kebap Pizza folgten.

Ein kreativer Moment

Trotz dieser mehr oder minder originellen Kombos, kann man das Kebap nicht mehr zur Avantgarde zählen. Vielmehr befindet sich das mit Fleisch gefüllte Brot in seiner klassischen Phase und stagniert in seiner Entwicklung. Diese Stagnation ist nicht zuletzt an der steigenden Beliebtheit von asiatischen Nudelboxen zu beobachten, was übrigens am erhöhten Selbstzwang zu Fitness liegen soll. Die Nudelbox ist das Fastfood des Neoliberalismus.

Nun meldet sich aber eine Sub-Art des Kebaps zu Wort, das dem Fitness-Diktat eindeutig den Mittelfinger zeigt. Am Wiener Schottentor gibt’s Dürüm, aber nicht mit Dönerfleisch sondern mit Bratwurst oder Käsekrainer.

Käsekrainerdürüm

Ali Cem Deniz

Das Bratwurstdürüm kostet 2,80 €. Als alternative Wurst gibt es noch den Käsekrainer. Die Würste sind aus Putenfleisch

Das Bratwurst-Dürüm ist eine Revolution. Es ist etwas Größeres. Hier vermischt sich, das Kebap, das lange Zeit als fremd oder gar exotisch galt, mit der urheimischen Wurst.

Geschmacklich sollten vor allem Wurst-Puristen auf ihre Kosten kommen. Das Bratwurstdürüm ist perfekt für alle, denen das Hot Dog zu viel Brot und zu wenig Salat hat. Ein besonderer Vorteil zum traditionellen Kebapdürüm: das Fleisch-Salat Verhältnis stimmt hier, da die Würste immer gleich groß sind. Es hängt also nicht von der Laune des Verkäufers ab, ob man genug Fleisch bekommt oder nicht.

Ob das Bratwurst-Dürüm ein Klassiker wird und in den Olymp der Fastfood Köstlichkeiten aufsteigt wird sich noch zeigen. Ein kreativer Moment in der stagnierenden Kebap-Entwicklung ist es allemal.