Erstellt am: 24. 1. 2012 - 16:21 Uhr
Woohoo!
Die 84. Verleihung der Academy Awards findet am 26. Februar 2012 statt. Der hysterisch-euphorische Live-Ticker wird die Veranstaltung hier vom roten Teppich bis zu Hannelore Veits Verabschiedung begleiten. Mit euch hoffentlich.
Was für ein großartiger Tag, Jonah Hill ist für den Oscar nominiert! Jennifer Lawrence und Academy-Präsident Tom Sherak haben heute die Oscar-Nominierungen bekanntgegeben und immerhin, kleine Überraschungen sind dabei. Jonah Hill zum Beispiel, nominiert als "best actor in a supporting role" für "Moneyball", die Wetten stehen aber ganz gut, dass diesen Oscar wohl Christopher Plummer ("Beginners") entgegennehmen wird. Das Golden Globes Orakel will es so. Hier fehlt Albert Brooks ("Drive").
Großes Juhu unter den Presseleuten, als die Nominierung von Max von Sydow ("Extremely loud and incredibly close") verlesen wird, ansonsten finden keinerlei Gefühlsausbrüche statt. Ebenfalls nominiert Kenneth Branagh ("My week with Marilyn") und Nick Nolte ("Warrior"). Lautes Juhu gab’s in meinem Wohnzimmer für die Nominierung von Melissa McCarthy in "Bridesmaids". In der Kategorie "Best supporting actress" tritt sie gegen Jessica Chastain und Octavia Spencer ("The Help"), Berenice Bejo ("The Artist") und Janet McTeer ("Albert Nobbs") an. Alles keine Konkurrenz für McCarthy, sage ich.
UIP
Best Actress
Bei "Best Actress" zählt dieses Jahr Verwandlungskunst, die 2012 Golden Globe-Gewinnerinnen Meryl Streep ("The Iron Lady") und Michelle Williams ("My week with Marilyn") sind nominiert für die Verwandlung in Margret Thatcher bzw. Marilyn Monroe. Glenn Close schlüpft in "Albert Nobbs" in die Rolle einer Frau, die sich als Mann ausgibt und Rooney Mara wurde mit wandelbarer Irofrisur und Brustwarzen-Piercings zu Lisbeth Salander in David Finchers "Girl with the Dragon Tattoo". Außerdem dabei: Viola Davis in dem wohlmeinenden, aber zu pastellig-lieblichen, als "Frauenfilm" konzipiert und vermarkteten "The Help".
filmalden
Best Actor
Auf zu den Herren und am besten hinsetzen, weil hier fehlt unser aller Liebling, nein, eigentlich gleich zwei Lieblinge: Auf einen Ryan Gosling Leerausgang hab ich mich eh schon eingestellt, aber wo ist Michael Fassbender aus "Shame"? Shame on you, Academy.
Nominiert als "Best Actor in a leading role": Chamäleon Gary Oldman ("Tinker Taylor Soldier Spy") - das ist tatsächlich die erste Nominierung für Oldman! - George Clooney ("The Descendants"), Brad Pitt ("Moneyball"), Demián Bechir ("A Better Life") und Jean Dujardin ("The Artist"). Nichts gegen Clooney, aber ich hab so das Gefühl, dass die Tatsache, dass er in "The Descendants" ausnahmsweise nicht einen mit dem Geo-Dreieck gezogenen Seitenscheitel hat und keinen Anzug anhat, sondern stattdessen unfrisiert und mit Hawaiihemd rumläuft als eine Verwandlung in der Charlize-Theron-"Monster"-Kategorie gesehen wird. Außerdem betont Clooney stets, wie schwer ihm diese Rolle gefallen ist, weil er auf keinerlei Erfahrungen als Vater im echten Leben zurückgreifen kann. Im Gegensatz zu Casino-Raubzügen?
upi
Best Picture
In der "Best Picture" Kategorie gibt es wieder mehr Nominierungen, was herrlich sinnlos ist, weil dieser Preis und "Beste Regie" ja doch meistens an den gleichen Film gehen, in "Beste Regie" aber nur fünf Filme nominiert sind. Aber, bitte: Neben "Moneyball", dem Baseballfilm von "Capote"-Regisseur Bennett Miller, finden sich hier Werke von routinierten Altmeistern: "Hugo Cabret", "Midnight in Paris", "War Horse", "Extremely close and incredibly loud", die große Überraschung ist sicher die Nominierung von "The Tree of Life", der als einziger die Kategorien des klassischen Erzählkinos sprengt, das die Oscars dominiert.
Offensichtlich war die Academy auch davon überrascht, denn die Produzenten, an die ja der Preis in dieser Kategorie geht, müssen noch ermittelt werden, wurde heute bekanntgegeben. Auch hier finden wir "The Help", "The Descendants" und - genau - "The Artist". Und wer von denen spielt auch in der "Best Achievement in Directing"-Sparte mit? Keine Frauen weit und breit, übrigens, der Bigelow-Effekt lässt zu wünschen übrig: Auch hier finden wir Terence Malick ("The Tree of Life"); Woody Allen ("Midnight in Paris"), Alexander Payne ("The Descendants"), Martin Scorsese ("Hugo Cabret") und Michel Hazavanicius ("The Artist").
Filmladen
Und der Rest
Großes Hurra noch für eine Nominierung von Kristen Wiig und Annie Mumolo in der Kategorie "Best Original Screenplay" für den großartigen "Bridesmaids" und wie fantastisch ist es außerdem, dass "Flight of the Conchords"-Mann Bret McKenzie für den Muppets-Song ("Man or Muppet") nominiert ist. Wenn es einen Muppets-McKenzie Live-Auftritt gibt, ist der Abend schon gerettet. "Drive", Liebling der Hipsterherzen und herzblutenden Kinogeher, hat lediglich eine "Best Achievement in Sound Editing"-Nominierung. Der fabulöse "Margin Call" ist immerhin in der Drehbuch-Kategorie nominiert, "Take Shelter" fehlt ganz. War zwar zu erwarten, macht das Ganze aber nicht besser. Bei "Best Foreign Language Film of the Year" fehlt für mich "La guerre est déclarée", mein Lieblingslieblingslieblingsfilm der Viennale 2011. Der Favorit hier ist "A Separation". Deutschland und Österreich fehlen in der Kategorie, mit "Pina" findet sich aber Wim Wenders Tanzfilm in der "Best Documentary"-Kategorie.
Während sich der Amerikaner Martin Scorsese also mit "Hugo Cabret" dem französischen Kinomeister Georges Méliès widmet, widmet sich der Franzose Michel Hazanavicius der Geschichte des Hollywoodkinos und beide werden mit elf ("Hugo Cabret") bzw. zehn ("The Artist") Nominierungen belohnt. Beide beschwören mit ihren Filmen die vielzitierte Magie des Kinos.
viennale
Schlechte Zuseherzahlen, viele Nominierungen
Die Geschichte vom Triumph von "The Artist" ist genau so eine Geschichte, wie sie uns Hollywood normalerweise gerne erzählt. Der französische Stummfilm-David gegen die Big Budget-Goliaths des US-Kinos, der Film, den zunächst niemand produzieren wollte, räumt ab. Seit Jean Dujardin den Darstellerpreis in Cannes entgegengenommen hat, tanzte "The Artist" durch einen Preisregen. Und noch mehr, als den drei Golden Globes sollte man dem Preis der Producers Guild of America Beachtung schenken, deren Preis ist mehr als nur ein gutes Barometer in Hinblick auf die Oscar-Verleihung. Diesen Preis bekam 2009 auch "The Hurt Locker", der sich mit "The Artist" den Status als nominierter Film mit schlechter Box Office teilt.
Denn bei allem Kritikerschwärmen und Preisen darf man nicht vergessen, dass sich der Triumph an der Kinokassa in den USA noch in Grenzen hält. Aber auch das ist ja nichts Neues bei den Academy Awards, eine Veranstaltung, die in den letzten Jahren mit schwindenden Zuseherzahlen zu kämpfen hat, und das wohl tatsächlich nicht wegen den Show-Elementen, sondern weil sich eine Schere auftut zwischen den Filmen, die viele Menschen gesehen haben und den Filmen, die nominiert werden. Gavin Polone schreibt in seinem wütenden Text hier auch richtig, dass die Academy older, whiter, and more male than movie audiences ist.
Und auch Kim Novaks Reaktion auf die Verwendung von Musik aus "Vertigo" in "The Artist" stellt die Academy jetzt nicht unbedingt im besten Licht dar. Novak, die 1956 in Hitchcocks Vertigo die Hauptrolle spielte, zeigte sich entsetzt, Bernhard Herrmanns Score in "The Artist" wiederzuentdecken und schaltete eine Anzeige in "Variety", in der sie sich noch dazu entblödete, das Ganze als "Vergewaltigung" zu bezeichnen. Haltet sie bloß von "Girl Talk"-Alben fern.
filmladen
Ab ins Kino!
Aber so ein Mini-Skandal hat einem Film in den Tagen vor Bekanntgabe der Nominierungen noch nie geschadet. Der große Oscar-Skandal liegt bereits ein halbes Jahr zurück; Brett Ratner, das Mastermind hinter "Rush Hour", "Rush Hour 2" und ja, "Rush Hour 3" sollte Regisseur der 84. Oscar-Verleihung sein, antwortete aber bei einem Q&A auf die Frage, wie viel geprobt werden würde, "Rehersals are for fags". Entrüstung, Entschuldigungen und einige Diskussionen über die Doppelmoral Hollywoods später, wirft Ratner das Handtuch und Eddie Murphy geht mit ihm. Ein neuer Host muss her, hieß in diesem Fall ein alter Host muss her und so wird Billy Crystal nach sieben Jahren Pause wiedermal die Oscars moderieren; Brian Grazer folgte Ratner nach.
Das erste Promo-Video - mit Megan Fox und Josh Dunhamel, warumauchimmer - ist ein bisschen unlustig, aber erinnern wir uns, die James Franco/Anne Hathaway-Videos vor der Verleihung waren super und die tatsächliche Award-Show dann ein Verhau.
Also, ab ins Kino, viele der nominierten Filme laufen noch vor der Oscar-Verleihung am 26. Februar an, lernt stepptanzen, näht euch Hawaiihemden, fallt ja nicht auf den "The Artist"-Backlash rein und versucht mir bitte, die Magie des Baseballs näherzubringen, ich freu mich auf jeden Fall auf euch wunderbare Blogpartygäste und Gagschreiber clairegrube, madameclaudine, matthews, peggysue, myko, sloat, beastmaster, johnleehookerelectro, nungee, elchaos, ambre, sauvage, littlelionman, kleinerrollhügel, schweinsbratenliebhaber, cesarromero, simonside und wie ihr alle heißt!