Erstellt am: 23. 1. 2012 - 23:03 Uhr
Afrika-Cup-Journal '12. Eintrag 3.
Der am Wochenende gestartete 28. Afrika-Cup wird im Afrika-Cup-Journal '12 mit einem täglichen Eintrag begleitet.
Denn das tägliche Journal 2011 wird 2012 spezialisierter. Es kommt ein Fußball-Journal '12, es wird ein Journal zur Europameisterschaft, ein London-Olympics-Journal und anderes mehr geben. Und auch ein Journal 2012, ein unregelmäßiges, mit anlassbezogenen Beiträgen zu Themen wie Jugend- und Popkultur, Demokratie- und Medienpolitik.
Die beiden heutigen Spiele in Libreville dienten in allererster Linie zur Selbstinszenierung der Herrschaft von Ali Bongo Ondimba, dem wahrscheinlich durch Wahlbetrug ins Amt gebrachten Präsidenten und Sohn seines Vorgängers Omar Bongo Ondimba. Dass er eigentlich Alain Bernard Bongo und der Vorgänger-Papa&Diktator eigentlich Albert-Bernard Bongo ist, zeigt schön, woher der Wind weht: die afrikanische Symbolik ist nur angenommen, dahinter steht die frankophone Anbindung an alte koloniale Muster.
Noch absurder zeigte sich das nur angesichts der neben Bongo jubelnden weißen Frau im 9er-Trikot der Heimmannschaft, seiner dritten. Die Pariserin Sylvia Valentin, jetzt natürlich Sylvia Bongo Ondimba. Eine deutlich sichtbare, bei den Toren um den Präsidentenmann herumhüpfende Trophäe, eine Figur, die Türen im Westen deutlich besser öffnet.
Wegen dieser Komplett-Unterwerfung unter französische Prämissen musste Bongo sein Team auch nicht künstlich hochpäppeln lassen wie Nachbars-Diktator Teodoro Obiang Nguema - Gabun hat seine besten Talente natürlich in der französischen Ligue 1 und 2.
Und im ersten Spiel gegen den totalen Außenseiter Niger reichte die Welle der Begeisterung, die das Publikum in Libreville aufbrachte, um das vergleichsweise junge Team zum Sieg zu treiben.
Obacht: Niger, nicht Nigeria...
Wobei es eng war: als die Nigrer Ende der ersten Halbzeit knapp vor dem Ausgleich standen, sahen die gelb-blauen ganz schön bedient aus. Ein mitten in der höchsten Druckphase aus einem Konter erzielter Gegentreffer brachte die glückliche Entscheidung. In der 2. Hälfte passierte dann nichts mehr.
Und, ehrlich gesagt, bis auf Pierre Aubameyang (der bei St. Etienne spielt) war zwar einiges an Talent und ordentliches Potential zu erkennen, aber keine Truppe, die den beiden anderen Gruppe C-Contendern das Wasser wird reichen können.
Gegner Niger hatte sich zwar in einer Quali-Gruppe gegen Ägypten, Sierra Leone und Südafrika durchsetzen können, war aber schon da nur über seine Heimstärke erfolgreich: auswärts erzielte man nicht ein Tor.
Wer wird Nordafrika-Meister?
Die beiden Power-Houses trafen dann am Abend aufeinander; und das gleich auf einem ganz anderen Level.
Die Rivalität zwischen den Maghreb-Mächten Marokko und Tunesien hält sich übrigens in Grenzen: man schläft im selben Hotel, besuchte auch dieselbe Moschee. Von den Hass-Waves, die die Begegnungen zwischen Ägypten und Algerien in den letzten Jahren durchzogen hat, ließ man sich nicht anstecken.
Das Maghreb-Derby in der ballverliebt-Analyse.
Nervös war dann im Spiel die tunesische Defensive. Von der Fehlern von Abdennour und Jemal ließ sich auch Kapitän Haggui anstecken. Dass die marokkanische Offensive um Arsenal-Stürmer Chamakh das nicht ausnützen konnte, lag wiederum an deren rechtslastiger Ausrichtung und zu unkoordinierten Bemühungen.
Sami vs Eric
Sami Trabelsi hat sein tunesisches Team mit überraschend vielen Spielern aus der Heimat auflaufen lassen (so spielte Ex-Salzburger Traoui, Boussaidi saß auf der Bank), dafür in einem ultrapräzisen 4-3-3 mit dem furchterregend wirkenden Chikhaoui vom FC Zürich im Zentrum hinter den beiden Spitzen.
Eric Gerets Marokkaner hatten eine Problemzone: zwischen Kapitän Kharja im defensiven Mittelfeld und Stürmer Chamakh verteilten sich vier Akteure. Der links außen hängende Assaidi kam auf gefühlte zwei Ballkontakte, dafür waren die jungen Herren Belhanda und Amrabat und vor allem die hängende Spitze Boussoufa einfach überall zu sehen.
Das sieht toll aus; wenn es allerdings im Vergeben von vielen Chancen endet, dann kommt die alte Fußball-Weisheit zum Tragen. Obwohl die Tunesier bei ihren wenigen Vorstößen zu guten Szenen kamen, war es doch überraschend, als ein weiter und hoher Freistoß von Korbi ins Tor tropfte; gegen den Spielverlauf.
Schicke Frisuren und schöne Slalomläufe
Zur zweiten Halbzeit strich Gerets das windschiefe Spiel seines Teams glatt, brachte Taarabt für Assaidi und Leben auf die linke Seite. Dazu kam nach 60 Minuten Youssuf Hadji, der mit neuer todschicker Frisur ausgestattete Super-Altstar. Das bedeutete einerseits Umstellung auf ein echtes 4-4-2, andererseits noch mehr vergebene Chancen.
Auf der anderen Seite musste der schwache Mainzer Allagui vom Platz, für ihn kam ein Lausebengeltum ausstrahlendes Bürschchen namens Iheb Msakni (der spielt noch bei Stade Tunesien) und der erfüllte die Aufgabe, sich mit Sturmpartner Khelifa im Konterspiel zu ergehen, perfekt. Sein Slalomlauf vor dem zweiten Tor hatte Hirschersche Qualitäten.
Die das ganze Spiel über zu unpräzise drängelnden Marokkaner kamen zwar noch auf ein Tor (das allerdings offside war), für den Sieg reichte es nicht, obwohl die tunesische Defensive weiter alle Möglichkeiten dafür anbot.
Damit will ich die Dynamik und Qualität des Matches nicht niederreden, im Gegenteil: es war das beste Spiel des CAN bis dato. Auch weil beide Torhüter Exzellentes leisteten und einige sichere Tore verhinderten. Aber eben auch ein seltsames, in seinem Ablauf sehr europäisch wirkendes Match mit zwei Teams, die damit deutliche Ansprüche auf mehr stellen.