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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

22. 1. 2012 - 23:00

Afrika-Cup-Journal '12. Eintrag 2.

Erste Relativierungen und "es gibt keine Kleinen mehr": Tag 2 des CAN.

Der am Wochenende gestartete 28. Afrika-Cup wird im Afrika-Cup-Journal '12 mit einem täglichen Eintrag begleitet.

Denn das tägliche Journal 2011 wird 2012 spezialisierter. Es kommt ein Fußball-Journal '12, es wird ein Journal zur Europameisterschaft, ein London-Olympics-Journal und anderes mehr geben. Und auch ein Journal 2012, ein unregelmäßiges, mit anlassbezogenen Beiträgen zu Themen wie Jugend- und Popkultur, Demokratie- und Medienpolitik.

Der seit Jahren von allen Phrasendreschern bemühte Spruch, dass es ja "keine Kleinen mehr" geben würde, dass also die echten Jausengegner, die Bloßfüßigen, die man früher mit seinem Bein auf den Rücken gebunden weggehaut hätte, hat mittlerweile auch Afrika erreicht. Auch die Außenseiter der Außenseiter, die sich für das Final-Turnier qualifiziert hatten, können eine gute Rolle spielen.

Der Sudan, der einen Kader aus ausschließlich in der Heimat agierenden Akteuren hat, kann gegen den Top-Favoriten Cote d'Ivoire nicht nur gut aussehen, sondern das Spiel lange offenhalten.
Libyen kann sich trotz wegen der politischen Umbrüche im Land inexistenten Vorbereitung im Eröffnungs-Match gegen den wie nach einem durchgeknallten Shopping-Trip zusammengestellte Fremdarbeitertruppe des Co-Gastgebers bestehen.

Diese Nationalmannschaften holen sich ihre Erfahrungswerte über die afrikanischen Bewerbe ihrer Spitzenklubs, die da seit Jahren eine brauchbare Rolle spielen.

Hühner, Adler, Elefanten...

Dass Äquatorial-Guinea nicht mit den Hühnern picken, sondern stronachlike mit den Adlern kreisen will, erkennt man an der Zusammenstellung: 9 Spieler sind in Spanien geboren, 6 in Kamerun (u.a. auch Thierry Fidjeu-Tazemeta, vormaliger Paschinger), zwei in der Cote d'Ivoire und auch je ein Nigerianer, Liberianer, Brasilianer und Kolumbier wurden zum Zweck des Aufpimpens einer davor inexistenten Fußball-Kultur des Landes eingebürgert.
Das erinnert mich an das, was Katar oder Bahrein in der Leichtathletik mit kenyanischen und äthiopischen Stars anstellen: Scheckbuch-Politut für Kloptokraten, ein wenig sehr degoutant.

Die große Relativierung betrifft den großen Favoriten. Die ivorischen Elefanten haben schon im ersten Spiel ihre Schwachstellen aufzeigen lassen. Sich gegen den Sudan Ende der Halbzeit in der eigenen Hälfte einkesseln und bedrängen zu lassen, das lässt nichts Gutes ahnen.

Der Erstauftritt der Cote d'Ivoire in der ballverliebt-Analyse.

Das ivorische Problem in diesem ersten Match gegen den Sudan ist wohl auf die Tatsache zurückzuführen, dass die goldene Generation nur auf ein paar echte Weltklasse-Akteure zurückgreifen kann: die Toure-Brüder, Häuptling Drogba, Zokora, Gervinho, Kalou und noch Tiene. Der Rest besteht aus durchschnittlicheren Kickern und Ex-Stars, die abgebaut haben (Eboue, Boka, Keita...). Wenn so wie heute Didier Zokora gesperrt ausfällt, bekommt das Spiel in der Mittelfeld-Zentrale sofort Probleme, weil Ersatzmann Gosso einfach deutlich abfällt.

Zwei der bisherigen vier Matches galten als bereits vorentscheidend. Der Sieger des Duells Senegal - Zambia kann, davon geht man aus, bereits für die K.O.-Spiele planen. Und der Sieger aus Burkina Faso - Angola sollte gemeinsam mit den Ivoirern die Gruppe gewinnen.

Lernen aus Senegal gegen Zambia

Das Senegal - Zambia-Spiel in der ballverliebt-Analyse.

Auffällig bei Senegal gegen Zambia war zunächst, dass sich die leise Überalterung der Kader nicht unbedingt in den Aufstellungen niederschlug: vor allem die Senegalesen protzten mit körperlicher Stärke und hatten deshalb die zweite Halbzeit des Spiels ziemlich unter Kontrolle. Und bei Zambia dirigierte Altstar Chris Katongo eine sonst junge und extra-laufstarke Truppe, die mit direkten, fächerformig ausgeführten Konterangriffen jederzeit große Gefahr ausstrahlte.

Zambias französischer Coach Herve Roland beliess es übers ganze Spiel bei einem 4-2-3-1, das für eine solche Anlage optimal ist. Amara Traore, der Trainer von Senegal, stellte nach dem 0:2-Rückstand von einem 4-3-3 auf ein 4-2-4 um. Interessant auch die Aufteilung seiner Blöcke: die Abwehr spielt komplett in Frankreich, das defensive Mittelfeld in England. Sein eigentlicher Spiellenker, Dame N’Doye vom FC Kopenhagen, musste als linker Flügel herhalten, erfüllte diese Rolle aber ohne erkennbares Gemurre.

Auch das ist neu: ein Feindouno, die diversen nigerianischen Prinzen, ein Makoun und vor allem die Stürmerstars wie Eto'o, Drogba oder Adebayor, waren bislang nur innerhalb socher Zickenposen denkbar. Auch in dieser Umstellung vom Eitelkeits-Modus auf die neue Sachlichkeit entwickelt sich der afrikanische Team-Fußball massiv weiter.

Dass Zambia das Spiel letztlich doch gewinnen konnte, ist das beste Beispiel dafür: dort, bei der über die letzten Jahrzehnte stabilsten Macht im afrikanischen Süden, weiß man bereits seit geraumer Zeit um die Überlegenheit des Kollektivs überr reine Trickstertum.

Senegals Team muss sich jetzt auf zwei solide Performances gegen Libyen und den neureichen Co-Gastgeber einstellen, wenn sie das Viertelfinale (dann womöglich gleich gegen die Cote d'Ivoire erreichen wollen.

Unwegbares bei Burkina Faso gegen Angola

Genauso wie sich beim Match zwischen Senegal und Zambia letztlich zwei gleichwertig Mannschaften gegenüberstanden, gestaltete sich die Begegnung zwischen Burkina Faso und Angola heute abend. Spielerisch hatte die aufstrebende Mannschaft von Burkina Faso deutliche Vorteile, das mittlerweile erstaunlich turniererfahrene Angola nützte aber das Momentum besser.

Angola hat eine neue, jüngere Verteidigung, die die kuriosen Paradiesvögel der Vorgänger-Generation (wir erinnern uns an Kali oder Loco) abgelöst hat. Gilberto und Kapitän Macanga halten die Zentrale zusammen und die Offensiven Djalma, Mateus, Manucho und Flavio zwar keine internationalen Topstars geworden, haben aberdurchaus ein Gespür für ihre Chance entwickelt und verstehen es mittlerweile auch gegnerische Druckphasen auszusitzen.

Burkina Faso nutzte gegen die portugiesisch beeinflussten Angolaner auch ihr portugiesischer Coach (Paulo Duarte) nicht ausreichend. Kabore, Alain Traore und Jonathan Pitroipa treiben zwar ordentlich an, allerdings ist vorne mit Kapitän Dagano aber eine zu stumpfe Spitze unterwegs (Bance kam erst ein wenig spät, Ouedraogo gar nicht) und hinten ist keinerlei Stabilität zu sehen - selbst Bakary Kone, der bei weitem einzige Abwehrspieler von Klasse patzte furchtbar. Da rächt sich dann die internationale Unerfahrenheit.

Burkina Faso und auch Angola sind nach diesem ersten Auftritt im übrigen eine Klasse unter Senegal und Zambia zu stellen. Darüber thront immer noch die Cote d'Ivoire. Morgen ist mit Gabon der sportlich interessantere der beidenm Gastgeber zu sehen - zudem wird der Klassiker Marokko vs Tunesien die Weichen für das Turnier dieser beiden Klasseteams stellen.