Erstellt am: 21. 1. 2012 - 17:31 Uhr
Afrika-Cup-Journal '12. Eintrag 1.
Nach dem täglichen Journal 2011 wird 2012 spezialisierter. Es kommt ein Fußball-Journal '12, es wird ein Journal zum Afrika-Cup, eines zur Europameisterschaft, ein London-Olympics-Journal und anderes mehr geben. Und auch ein Journal 2012, ein unregelmäßiges, mit anlassbezogenen Beiträgen zu Themen wie Jugend- und Popkultur, Demokratie- und Medienpolitik.
Der 28. Afrika-Cup beginnt heute und wird im Afrika-Cup-Journal '12 mit einem täglichen Eintrag begleitet.
Das Turnier...
... ist das sportlich viertwichtigste in der Hierarchie des Fußballs auf Nationalmannschaftsebene: WM, Euro, Copa America - und dann der CAN, der Africa Cup of Nations.
Das Turnier umfasst 16 Teams und findet letztmalig in einem geraden Jahr statt: um der Konkurrenz ein wenig mehr aus dem Weg zu gehen, switcht man ab Südafrika 2013 auf ein ungerades Jahr. Termin wird weiter Mitte Jänner bis Anfang Februar sein: da ist in Europa großteils noch Winterpause. Zudem haben die afrikanischen Stars in den großen Ligen, die schon aktiv sind (England, Spanien, Italien, Deutschland... ) fast alle Abstellungs-Garantien für dieses Turnier, für das sie laut FIFA-Regeln sowieso verpflichtend berufen werden können.
Die Gastgeber...
... sind erstmals geplanterweise gleich zwei Nationen (2000 sprangen Ghana und Nigeria kurzfristig gemeinsam ein, nachdem Zimbabwe ausgefallen war). Und zwar zwei der gruseligsten diktatorischen Regime des Kontinents: Gabun und
Äquatorial-Guinea.
Die beiden westafrikanischen Länder wurden zuerst von den Portugiesen kolonisiert, Gabun kam nach diversen Wirrnissen finalement unter französische Kontrolle (deshalb auch die andere Schreibweise als Gabon), während das kleine Äquatorial-Guinea (neben der umfehdeten Westsahara) das einzige afrikanische Land ist, in dem die Spanier ihren kulturellen Stempel hinterließen.
Der Äquator geht durch Gabun, nicht durch Äquatorial-Guinea. Im Norden umschließt Kamerun, im Osten und Süden die Republik Congo die beiden Nationen.
Der CAN 2012 heißt, aufgrund der offiziellen Landessprachen, diesmal entweder "Coupe d'Afrique des nations de football 2012" oder "Copa Africana de Naciones 2012".
Beide Länder werden seit Anbeginn ihrer "Unabhängigkeit" , nach der jahrhundertelangen Kolonisation von plutokratischen Sippen ausgeblutet. Wirtschaftlich hat man sich, wie einige andere Länder der Region, in den letzten Jahren ziemlich deutlich an China angelehnt. Der Grund: Rohstoffe in Hülle und Fülle, vor allem massive Öl- und Gasvorkommen.
Vor allem Äquatorial-Guinea versucht einiges, um sich über den Sport zu profilieren: man stellt den Afrika-Meister bei den Frauen. Und setzt dort klassische Mittel von Diktaturen ein: eingeschmuggelte Männer, eingebürgert-eingekaufte Legionärinnen etc.
Auch das Herren-Team besteht auch praktisch durchgehend aus Beute-Legionären: aus Spanien, Nigeria, Cote d'Ivoire und natürlich Kamerun, zb mit Thierry Fidjeu-Tazemeta, dem ehemaligen Spieler von Pasching und Austria Kärnten.
Der Afrika-Cup dient beiden Ländern selbstverständlich in erster Linie als Propaganda-Tool. Das war vor zwei Jahren in Angola ja nicht anders.
Die großen Abwesenden...
... sind der Titelverteidiger, der WM-Veranstalter, die Nummer 2 und 4 der ewigen Erfolgstabelle und ein weiterer doppelter Titelträger. Diese 5 bringen es bislang allein auf 16 CAN-Titel - ein Rekord für die Ewigkeit.
Allerdings gibt es für (fast) alle Absenzen gute Gründe.
Ägypten, zuletzt dreimal hintereinander Afrika-Meister, ist keinesfalls ein Opfer der politischen Entwicklungen: die Ausrede gilt nicht, weil sich sowohl Tunesien als auch Außenseiter Libyen qualifiziert haben.
Ägyptens Problem war die massive Überalterung der Mannschaft. Coach Shehata hat es nicht geschafft, sich systematisch von seinen deutlich über 30jährigen Helden von 2006, 2008 und 2010 zu trennen. Dabei ist das Potential dahinter durchaus vorhanden: das war bei der U20-WM in Kolumbien zu erkennen - und ein um ein paar Ältere verstärktes Team hat sich fürs Olympia-Turnier in London qualifiziert.
Shetatas Oldies brachten in der Qualifikation eine verheerende Leistung nach der anderen und wurden peinlicher Gruppenletzter.
In derselben Gruppe brachte sich Südafrika mit der dümmstmöglichen Peinlichkeit selber um die Quali-Chance. Weil man die Regeln bei Punktegleichheit nicht gelesen oder verstanden hatte, begnügte sich das Team von Pitso John Mosimane beim letzten Heimspiel gegen Sierra Leone mit einem 0:0, anstatt alles für einen Sieg zu unternehmen. Der südafrikanische Verband und die Medien meldeten die erfolgreiche Qualifikation, ehe sie vom Kontinentalverband CAF darauf aufmerksam gemacht wurden, dass die Tabelle der drei punktegleichen Teams sie nur als zweiten hinter Niger auswies. Blamabler kann man nicht scheitern.
Bei der Großmacht Nigeria, zuletzt Champ 1994, manifestierten sich die Zerfalls-Erscheinungen der letzten Jahre diesmal drastischer: man scheiterte in der Gruppe recht klar an Guinea und verpasste wegen eines Remis gegen Äthiopien auch die Chance auf einen der besten Gruppen-Zweiten.
Bei Nigeria ist die Vermengung von Machtpolitik und Freunderlwirtschaft im Verband seit Jahren ein Hemmschuh für die Erfolge, die dem nigerianischen Fußball aufgrund seiner Qualität eigentlich zustehen würden.
Einzig Kamerun kann man so etwas wie Pech zugestehen: sie wurden in eine harte Gruppe gelost, mit Senegal und der Dem. Rep. Congo. Wegen der manchmal ein wenig unstrukturierten Qualifikations-Mechanismen in Afrika war der zweite Platz für den Afrikameister von 2002 zu wenig. Allerdings sorgte auch bei den unbezähmbaren Löwen ein dauerndes Trainer-Gewechsle für mehr Unruhe, als nötig.
Neben dem DR Congo (dem viormaligen Zaire) scheiterte auch die einstige Großmacht Algerien, die letztes Mal immerhin ins Semifinale gekommen war. Außerdem out: Uganda (mit Sekagya), das beim letzten CAN stark gebeutelte Togo, Kenya und Mozambique.
Die Favoriten...
... stellen sich damit von selber auf: wenn die goldene Generation aus der Côte d'Ivoire, die Toures, Kones, Zokoras, Kalous und Drogbas es diesmal - in Abwesenheit so vieler Angstgegner - nicht schaffen, dann haben sie eine historische Chance verballert. Das Team beim bislang einzigen Sieg der Elfenbeinküste 1992 war personell weitaus schwächer bestückt, bestach aber durch eine herausragende Teamleistung.
Schärfster Konkurrent sollte der U20-Weltmeister von 2009 sein: Ghana, schon bei der WM 2010 der Stolz des Kontinents. Warum sie in den allgemeinen Previews bestenfalls als Geheimfavorit geführt werden, kann ich nicht nachvollziehen - die unspektakuläre Qualifikation allein kann kein Grund dafür sein. Coach Goran Stevanovic hat jedenfalls alle wichtigen Spieler zusammen.
Im weiteren Kreis stehen dann die Reste der üblichen Verdächtigen: Tunesien und Marokko. Den Tunesiern (Sieger 2004) unterstellt man ja gern Schönwetter-Spielerei, den von Eric Gerets betreuten Marokkanern gar eine echte Scheißdrauf-Mentalität. Da die beiden Nordafrikaner schon in der Gruppenphase aufeinander treffen, könnten sie sich zumindest an ihrer Rivalität aufrichten.
Außenseiter-Chancen gesteht man immer dem Team aus Zambia zu, diesmal ist auch die extrem unberechenbare Mannschaft aus dem Senegal wieder dabei. Mali und Guinea sind immer für zumindest das Viertelfinale gut.
Was Gastgeber Gabun zu leisten imstande sein wird, steckt noch ein bissl in einer Wundertüte. Ein Indiz für Potential: die U21 hat sich als eines von drei Teams für London qualifiziert.
Die Gruppe A...
... startet heute um 19:30 mit dem Eröffnungsspiel: Gastgeber Äquatorial-Guinea gegen Libyen, das sich qualifizieren konnte, obwohl man (revolutionstechnisch) kaum Spiele daheim austragen konnte. Für beide Teams dürfte die Eröffnung auch schon das Highlight sein - die beiden anderen Gruppen-Gegner sollten die beiden Aufstiegs-Plätze bekommen.
Zambia mit den Katongo- und den Mulenga-Brüdern stellt eine über Jahre eingespielte Mannschaft, Senegal kann auf herausragende Einzelspieler wie N'Doye, Papiss Cisse oder Demba Ba zurückgreifen. Beide Teams sind allerdings ein wenig überaltert.
Die Gruppe B...
... soll die Côte d'Ivoire zum Turniersieg tragen. Ins Viertelfinale begleiten könnten sie die selbsternannten Brasilianer des Kontinents, Angola. Die haben meiner Einschätzung nach über die letzten Jahre ein wenig abgebaut. Stars wie Manucho oder Flavio ist der Sprung auf die Weltbühne versagt geblieben.
Ich würde eher auf Burkina Faso setzen, nicht, weil dort der einzige Spieler aus der österreichischen Bundesliga im Kader steht (Issiaka Ouedraogo von Admira) oder der vom Österreicher Nik Neururer betreute Jonathan Pitroipa im Mittelfeld spielt: die Mischung und auch die Altersstruktur dieser Mannschaft sieht gut aus.
Dass mit dem Sudan ein weiterer Nachbar, in dessen Land politische Querelen an der Tagesordnung steht, die Quali geschafft hat, sollte Ägypten noch mehr beschämen. Reelle Chance auf ein Weiterkommen hat der nunmehrige Nordteil nicht.
Die Gruppe C...
... wird die wohl härteste Vorrunden-Auseinandersetzung erleben. Hier treffen mit den Maghreb-Größen Tunesien und Marokko sowie der Veranstalter Gabun drei Teams aufeinander, für die das Viertelfinale ein Mindestziel darstellt. Verbissene Fights sind also garantiert.
Nachdem ich den vom Deutschfranzosen Gernot Rohr trainierten Gabun nicht einschätzen kann (und nur Altstar Daniel Cousin einigermaßen in Erinnerung habe), wird es wohl an der Stärke oder Schwäche von Marokko liegen, ob die ehrgeizigen Veranstalter-Pläne aufgehen werden. Denn Tunesien halte ich dieses mal für stabil genug, um sich durchzusetzen: Pogatetz' Hannover-Partner Karim Haggui ist schon einer der ältesten im Team und viele andere spielen in europäischen Teams eine ähnlich gute Rolle. Coach ist übrigens mit Sami Trabelsi eine der wenigen hausgemachten Lösungen.
Marokko kommt hingegen mit Youssuf Hadji neben Chamakh - und das ist (bei aller Wertschätzung der großen Hadjis) kein gutes Zeichen für einen echten Umbruch. Sonst sagt mir das Team aber zu wenig, um es wirklich einschätzen zu können. Das wird sich am Montag im ersten Spiel, gleich gegen Tunesien, ändern.
Vierter in dieser Gruppe ist der Total-Außenseiter Niger.
Die Gruppe D...
... ist die Gruppe, in der sich Ghana aufwärmen wird. Zum einen gegen den Total-Außenseiter Botsuana, dessen in der südafrikanischen Liga vertretene Spieler ihren Nachbarn würdig vertreten wollen. Zum zweiten gegen den ewigen "irgendwie-auch-im-erweiterten-Kreis"-Co-Favoriten Mali, den Alain Giresse (!) trainiert. Demenstprechend französisch ist die Equipe mit Star Seydou Keita auch ausgerichtet.
Ähnliche Zuschreibungen treffen gerne auch auf Guinea zu: da die die Erwartungen aber schon deutlich öfter enttäuscht haben, nimmt das niemand so ernst. Auch hier coacht ein Franzose (Michel Dussuyer), auch hier ist das frankophone Europa spürbar; allerdings ist der Starfaktor geringer und jemanden wie Bobo Balde immer noch zu nominieren, ist etwa so innovativ, wie Gregoritsch zum U21-Coach zu machen.
Tipps...
... wollen nur Wetter. Ich würde mir gerne die erste Runde ansehen, dann immer noch nicht klug genug sein, mich nach der Gruppenphase dann im Viertelfinale überraschen lassen und ab dem Semifinale völlig von den Socken sein.
Und: die Auslosung lässt ein Finale zwischen Ghana und der Côte d'Ivoire zu.
Die Samstag-Spiele...
... werde ich wegen FM4-Geburtstagsfest-Aktivitäten wohl erst morgen, und das nur kursorisch durchschauen können. Ich bitte deshalb um Hinweise im Forum. Bei der Gruppe B geht dann sonntags schon mehr...