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Burstup

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18. 1. 2012 - 12:55

Als die LOLcats starben

Das Internet protestiert gegen SOPA.

Der Stop Online Piracy Act (SOPA) ist ein Gesetzesentwurf, der in seiner derzeitigen Form letzten Herbst im US-Repräsentantenhaus eingebracht wurde. Das Gesetz würde dem US-Justizministerium und Urheberrechtsinhabern erlauben, gerichtliche Verfügungen gegen die Betreiber von Websites zu beantragen, die einen mutmaßlichen Verstoß gegen das US-Copyright begehen. Der Antragsteller kann mittels Verfügung Werbeagenturen und Bezahldiensten die Zusammenarbeit mit Websites untersagen - oder das Anzeigen einer Website in Suchmaschinen blockieren lassen. Das Downloaden geschützter Inhalte würde zu einer schweren Straftat. Internetserviceprovider müssten gegen mutmaßlich rechtswidrige Websites vorgehen.

Ars Technica

Gegner des Gesetzesentwurfs sprechen von Zensur, die das Internet schwer beschädigen würde - nicht nur in den USA, sondern weltweit. Aus diesem Grund ist die englischsprachige Version der Wikipedia heute schwarz und ganz dem Protest gegen SOPA gewidmet. Doch auch zahlreiche andere Websites stehen am heutigen Tag im Zeichen des Protests und der Information über das Zensurvorhaben. Ars Technica ruft den "SOPA Resistance Day" aus, Google USA blendet Informationen zum Protest ein. Und in den zahlreichen sozialen Netzwerken des Webs verbreiten sich Protestsongs wie dieser:





Über den Widerstand gegen SOPA/PIPA auf politischer Ebene schreibt Erich Möchel hier.

Trockener geht die Sache Chris Heald vom Social-Media-Portal Mashable an. Er schreibt, er sei kein Jurist, aber Softwareentwickler: "Wenn ein Programmierer in meinem Team einen Programmcode abliefern würde, der so verwickelt ist, wie dieser Gesetzesentwurf, würde ich ihn sofort feuern." Anschließend analysiert er mit der Präzision eines Programmierers zahlreiche Schwachstellen des Textes.

In Zusammenhang mit der Möglichkeit für die US-Generalstaatsanwaltschaft, ausländische Websites zu sperren, wenn sie US-Copyright verletzen, kritisiert Heald etwa Section 103, in der es heißt: "An internetsite is dedicated to theft of US-property if a portion of the site is US-directed and is used by users within the United States and is primarily designed or operated for the purpose of offering services in a manner that enables or facilitates copyright violation or circumvention of copyright protection measures."

wordpress

Auch Wordpress protestiert heute

Weil dieser Text auf jede Website zutreffen kann, auf der User selbständig Contents posten können, würde SOPA der US-Staatsanwaltschaft ermöglichen, Websites in den USA nach Gutdünken zu sperren. Weniger trocken klingt SOPA Cabana, grandioser Song des britischen Musikers Dan Bull, für den er mit zahlreichen Youtube-Freunden kollaboriert hat:





Der beliebte Blog TheOatMeal.com ist heute ebenfalls schwarz, bringt aber mit einer wunderbaren GIF-Animation auf den Punkt, was Matthew Inman an SOPA stört: Die umfangreichen Möglichkeiten für Konzerne und deren Anwälte, Websites ohne Gerichtsverhandlung schließen zu lassen. Zu diesem Zweck bedient sich der Künstler einer Ziege, eines Koalas und der Künstlerin Oprah Winfrey. Der humoristische Zugang ist anscheinend wichtig, denn nicht jeder Wikipedia-User in den USA scheint den Sinn des Blackouts zu verstehen, wie dieses Bild beweist:

Weiss

Solche Ignoranz will schon seit einigen Wochen die köstliche Website FreeBieber.org bekämpfen: Zu sehen ist dort eine fiktive Fotoreportage, die den Musiker Justin Bieber hinter Gittern zeigt. Der Sänger, so der Text der Reportage, habe fünf Jahre Haft für das Singen und Veröffentlichen von urheberrechtlich geschützten Liedern erhalten, weil SOPA zu Beginn seiner Karriere schon in Kraft gewesen sei. Bemerkenswert: Obwohl Bieber ein Gegner des Gesetzesvorhabens ist und das auch öffentlich sagte, versuchte der Publisher des Sängers, FreeBieber.org per gerichtlicher Verfügung vom Netz zu nehmen.

freebieber

Die Electronic Frontier Foundation eilte dem Betreiber von FreeBieber.org erfolgreich zu Hilfe, indem sie ihm einen Rechtsanwalt zur Verfügung stellte. Dass die Bürgerrechtsorganisation, die seit 1990 Themen wie Überwachung, DRM und Softwarepatente behandelt, den heutigen Tag ebenfalls zum Kampftag gegen SOPA erklärt hat, überrascht nicht. Zahlreiche Artikel klären über den Gesetzestext, die möglichen Folgen und den Widerstand auf.

CC

Im Gegensatz zur EFF hat BoingBoing.net seine Aktivitäten für 24 Stunden komplett eingestellt. Nur ein kurzer Text informiert: "The US Senate is considering legislation that would certainly kill us forever." BoingBoing.net sorgt sich vor allem um PIPA, einen zweiten Gesetzesentwurf neben SOPA, der unter anderem auch das bloße Verlinken von Websites mit urheberrechtlich geschütztem Material kriminalisiert. BoingBoing.net zählt monatlich drei Millionen Besucher und besitzt ca. 600.000 RSS-Abonnenten. Nicht der kleinste Blog also, der da für 24 Stunden offline geht, weil er sich durch ein Gesetzesvorhaben in seiner Existenz gefährdet sieht.