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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

13. 1. 2012 - 15:48

Something For The Weekend

Ausgehtipps. Fire in the Disco, Blood on the Dancefloor.

Das gerade in den Startlöchern stehende und vom wohligen Glanz von Schnee und Hagel befeuerte Wochenende hat diesmal in den Abteilungen "Superstar-DJ" und "noch nie erlebte Live-Extravaganz" vielleicht nicht gar so viel im Angebot wie man das mittlerweile auch in einem Land namens Österreich gewohnt sein könnte. Hauptsächlich wollen wir in den nächsten Tagen also in kleinere Läden, Kaschemmen und Buden schleichen, wo der Tee billiger und der Vibe "menschlicher" ist, und in denen wir uns viel einfacher selbstüberzeugen können, dass wir nicht Hipster sind, oder eben gerade doch NOCH VIEL MEHR Hipster, als die ganzen anderen, die immer ganz woanders hingehen.

Freitag

Namosh

Namosh

Namosh

Die Party mit dem schönen Titel mode.mode hat sich ins rhiz am Wiener Gürtel als Livesensation den berufsüberdrehten, immer noch halbwegs jungen Herren Namosh geladen. Der klarerweise Wahlberliner mit kurdischen Wurzeln hat ein Frühwerk vorzuweisen, das nicht selten Ähnlichkeiten zu den ersten, minimalistischen Beat-Basteleien von Peaches und insgesamt betont abgefuckt rumpelndem Electro-Pop, wenn nicht gar -clash, aufweist. Hypersexuell agierend gibt Namosh da über polternder Schrottplatz-Drum-Machine und Synthie-Gefiepse wahlweise den fehlgeleiteten Crooner oder versucht sich an holprigem Sprechgesang. Prächtiges elektronisches Alleinunterhaltertum, das - wie sich das so gehört - nicht selten neben der Spur den Rinnstein entlangeiert.

Ein bisschen still geworden ist es in den letzten Jahren um das einst so famose Label Crippled Dick Hot Wax!, auf dem Namosh sein letztes Album "Keep It For Later" veröffentlicht hat, das den Künstler mit zart angejazzter Instrumentierung und weichen Bläsersätzen von gediegenerer Seite zeigt. Dereinst hat das Berliner Label mit dem eventuell schon vage die ästhetische Ausrichtung vorgebenden Namen mit Veröffentlichungen zwischen abenteuerlichem Noise von großen Bands wie Oxbow oder Plainfield, neuaufgelegten Schmalz- und Soft-Sex-Soundtracks aus den 60ern und 70ern und Brachial-Easy-Listening samt Surfgitarre einen tatsächlich eigenartigen Acker bestellt - auf so ein Label passt Namosh dann auch nur allzugut. 2012 soll ein neues Album von Namosh erscheinen, wie, warum und was, Näheres ist nicht bekannt, live jedoch gelingt dem Mann meist eine Performance, die diesen Namen auch verdient; ein Akt der Körperlichkeit, in dem Musik, Sex, Schweiß, Emphase und nicht zuletzt die Peinlichkeit Geschwister sind.

silicone soul

Silicone Soul

Silicone Soul

Ebenfalls länger nicht allzu viel Weltveränderndes gehört hat man von Silicone Soul. Wir haben jedoch Langzeitgedächtnis: 2009 hat das schottische Duo noch einen Tick vor der die gesamte Welt umarmenden und mittlerweile auch schon gut abgefrühstückten Rückkehr von House ein sehr feines, ebenfalls "Silicone Soul" betiteltes Album veröffentlicht, das vornehmlich ebenjener Göttinnenmusik aus Chicago huldigt und dabei auch großzügig Elemente von Dub und vertracktere Elektronika in den Mix streut. Conga- sowie Percussion-Alarm und schmooves Gitarre-Gezupfe innerhalb des Genres "House" waren zu jenem Zeitpunkt auch noch nicht - weil nicht gar so inflationär eingesetzt wie heute - über die Maßen verpönt. Empfehlung für den leichtfüßigen Dancefloor mit Geschmack: Silicone Soul, am Freitag im Rahmen von Aufguss und Wup Wup in der Wiener Pratersauna an den Plattentellern zu erleben.

Samstag

ZanderVT

ZanderVT

ZanderVT

Kleinteiliges bietet sich an: Das immergute "Magazin für Glamour und Diskurs" (Eigendefinition) The Gap feiert den Release von Ausgabe Nummer 123, wie gehabt in der brut-bar, mit Plattenauflegerinnen aus dem Redaktionsumfeld. Immer heiß, immer gut, gute Menschen mit Ahnung, Stil, Benehmen und der Fähigkeit, Letzteres im Dienste der Feier-Kultur ein bisschen zu vergessen, wird man dort auch immer treffen. Ebenfalls sehr gut ist der Bubble Club im nach technischen Gebrechen endlich wieder einsatzfähigen Morisson Club an der Rechten Wienzeile, der in den Tiefen von House und Techno forscht. Wer doch Lust hat auf Groß-Abraven, ist am Samstag mit zweimal Berlin-Import Daniel Bortz und Zander VT of BPitchControl Fame in der Grellen Forelle nicht schlecht beraten.

Sonntag

The Walkabouts

The Walkabouts

The Walkabouts

Ob der Sonntag noch zum Wochenende gehört, wird an dieser Stelle nicht geklärt. In jedem Falle ergibt sich kommenden Sonntag die Möglichkeit zum Genuss von adäquater Sonntags-Musik: Miss Behave (Wohnzimmer Records, Club 2) lädt zum 5 Uhr Tee im Dachboden des 25hours Hotels Wien. Der Titel ist hier wörtlich zu lesen - es handelt sich um eine Nachmittagsveranstaltung, die jedoch bis in den Abend hineindauern darf. Auf die Plattenteller kommen feinste Indiepop-Tunes gehobener Güteklasse.

In der Szene Wien können die Walkabouts aus Seattle bestaunt werden, die auch schon seit beinahe 30 Jahren unter den Vorzeichen von Americana und Alternative Country ein zwischen schillernden Großtaten, solider Maßarbeit und handwerklich sicherer Langeweile pendelndes Gesamtwerk zusammenmusizieren. Ein- oder zweimal im Leben sollte man sie aber vielleicht schon gesehen haben.