Erstellt am: 14. 1. 2012 - 16:25 Uhr
Ibiza - Insel der Beats, Hollywood der Technoszene?
Liebe ADS-Baugserln, liebe Halbalphabeten - diese Geschichte müsst ihr nicht lesen, hurra! Einfach Büdln anschau'n und ich les' sie euch vor - mit Musik olé! - wenn ihr hier draufklickt:
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Wer hingegen für den nächsten Pisa-Test trainieren will, voilà ganz schön viele Buchstaben zum Selberlesen.
Woran denkt ihr beim Stichwort Ibiza? An das?
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Oder eher an das?
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Das Hollywood der Technoszene?
Ich hab immer nur lächeln müssen, wenn mich wer gefragt hat, ob ich schon mal in Ibiza gewesen bin. Warum sollte ich da hin? Ist Ibiza für elektronische Untergrundler nicht das, was Hollywood für Cinephile ist?
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Letzten September hab ich dann eine Einladung bekommen, die man – wie’s so schön in Mafiakreisen heißt – nicht ablehnen kann. Zur Weltpremiere einer Doku mit dem Titel Ibiza – Occident im Space Club auf Ibiza (Kinostart in Österreich, Freitag der 13. Jänner).
Die Doku war dann so inspirierend, dass ich einen ganzen "La boum de luxe"-Themenabend draus gemacht hab - eine Reise für die Ohren auf die kleine Baleareninsel featuring: ein Interview mit Günter Schwaiger, dem Regisseur des Films; eine Begegnung mit einigen seiner Protagonisten an den Drehorten von „Ibiza Occident“; dazu ein Exclusiv-Mix von Christian Varela, einem der Superstar-DJs der Ibiza Szene. Und mein persönlicher Höhepunkt: Ein Gespräch mit und ein Exklusivmix vom Godfather der Balearic Beats, Dj Alfredo.
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Einer der besten Clubs von Ibiza liegt direkt in der Einflugschneise der Jets. Ohne es zu wissen, werden die Frischlinge auf der Insel also bereits von in die Höhe gereckten Armen von TänzerInnen am Open Air Floor des Space Clubs begrüßt.
Und schon bei der Fahrt vom Flughafen ins Stadtzentrum wird klar. Hier ist alles anders: Auf den Plakatwänden neben der Stadtautobahn werden keine Mobilfunkanbieter, Joghurts, Autos oder sonstiger Konsumkram beworben. Nein – auf sämtlichen Plakatwänden sind bildfüllend die Gesichter von Djs zu sehen, also Richie Hawtin, Ricardo Villalobos, Carl Cox, Cristian Varela und der omnipräsente "Fuck me I’m Famous" David Guetta.
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Und wenn’s keine Dj-Visagen sind, dann die großen Clubs, Plattenlabels oder CD-Neuerscheinungen. Auf jeden Fall dreht sich hier im Dance-Mekka alles einzig und allein um Musik.
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Die Uraufführung von „Ibiza Occident“ findet im Space Club statt – nicht der größte, aber für viele der beste Club hier. Die Beschilderung der Warteschlangen, die von der Länge durchaus mit Flughäfen mithalten kann, ist für einen Lacher gut. Abgesehen von der üblichen Unterteilung in VIPs und echte Menschen gibt es hier nämlich die Kategorie "Saisonkarte", wie beim Skifahren oder im Gemeindebad.
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Am Mainfloor des Space dann eine Kinoleinwand, und mit Ton übers Clubsoundsystem sehen wir „Ibiza Occident“ - einen Film, in dem es erfreulicherweise nicht nur um die hysterische Welt der Großraumdiscos geht, sondern auch um die wirklich mythische Vergangenheit der Insel, die ja vor der Entdeckung durch die internationalen Ravetouristen vor allem ein Naturparadies war.
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Historisch und politisch gesehen war Ibiza außerdem immer ein Zufluchtsort für „die schwarzen Schafe der ganzen Welt“, beispielsweise für die Flüchtlinge vor der Frankodiktatur.
Spätestens seit Ende der 80er wird Ibiza dann zur Pilgerstätte der Tanzmusik. Die Balearic Beats erobern via London die Welt und auf Ibiza entsteht eine raffinierte Freizeitmaschinerie, die die Wunschvorstellungen von Spaß, Sex und Freiheit befriedigen soll.
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Warum hat sich ausgerechnet eine kleine Baleareninsel zum Dance-Mekka der westlichen Welt entwickelt? Im Film von Günter Schwaiger erzählen Tänzer, Gogos und superreiche Clubmogule, Musiker und Djs vom Leben auf der mythenumwobenen Insel. In „neuneinhalb Musikgeschichten“ verpackt erleben wir auch die Aspekte der kleinen Baleareninsel, die von den grellen Stereotypen, die man sonst im Kopf hat, überdeckt werden. Schon die ersten Bilder im Film sind eine wunderschöne Metapher für die lange Tradition des Zulassens von Feiern - die ersten Menschen, die man im Film sieht, sind nicht etwa junge Raver, sondern zwei sehr alte Menschen in der Natur. Ein Mann singt seiner Frau was vor und trommelt auf einer archaischen Trommel einen Beat. Und dann erklärt er, welche Ingredienzen ein guter Song haben sollte, nämlich einen mitreißenden Beat, einen Text mit einem gewissen Schmäh, und er sollte wenn möglich von der Liebe handeln. Das ist eigentlich die Gebrauchsanweisung, wie man einen aktuellen Popsong machen würde. Zu den Parties auf Ibiza kommen die Leute seit Urzeiten. Die alten Phönizier haben hier der Göttin der Fruchtbarkeit geopfert, und Odysseus ist den Sirenengesängen verfallen zwischen den mythischen Felsen von Es Vedra. Genau dort, an einem idyllischen Spot der Westküste, einer Landzunge aus weißem Sand umspült von türkisem, kristallklarem Wasser, befindet sich ein Gebäude wie von Schlümpfen erbaut:
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Der Sunset Ashram, die Antithese zum Großraumdisco-Wahnsinns (das berühmte Café del Mar soll inzwischen nur noch vom Ruhm früherer Tage profitieren und ohne jede Atmosphäre die Touristen abzocken). Der Besitzer des Sunset Ashram, Manel ist ein sonnengegerbter alter Mann, der im Film auch die Schattenseite des Dance-Mekkas thematisiert. Sein Sohn ist bei einem tragischen Unfall auf Ibiza ums Leben gekommen. Aber wenn er so redet vom besonderen Gefühl der Freiheit in der Natur, von den Gerüchen, der Meeresbrise, vom Zelebrieren des Lebens mit Musik, … dann strahlen seine blauen Augen wie Scheinwerfer, und er sieht aus, als hätte er an jedem einzelnen Tag seines Lebens glücklichen, erfüllten Sex gehabt.
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In Ibiza hat das Zelebrieren der Sonnenuntergänge eine lange Tradition. Weil die Luft hier im Sommer heiß und trocken ist, bilden sich am Horizont so gut wie nie Wolkenbänke, und man kann somit den glühenden Ball wie eine Blutorange im türkisen Meer versinken sehen. Und wenn man sich zu diesem Naturspektakel noch liebevoll gemixten Dj-Sound aus einem feinst abgestimmten Openair Soundsystem vorstellt, dann werden auch alte Clubheads zu Hippies.
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Das Highlight meines Trips: kurz vorm Sonnenuntergang barfuß im Sand vorm Sunset Ashram stehend den Godfather der Balearic Beats zu interviewen. Words of advice for young people von Dj Alfredo!!!
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Im Film „Ibiza Occident“ begegnen wir gleich im ersten Kapitel dem Zeitzeugen und wichtigsten Player der wilden Ibiza-Anfangstage. Die Engländer verehren ihn wie einen Säulenheiligen.
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Geboren 1953 in Argentinien, nach dem Militärputsch mit seiner Frau geflohen und auf Ibiza gestrandet ist Alfredo seit 1982 Dj – weltberühmt geworden durch seine Nächte im Amnesia in den mythenumrankten 80er-Jahren, als Ibiza noch keine Massentourismus Destination war, sondern Hangout für Freaks, Freiheitskämpfer und Naturliebhaber.
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Auch der internationale Jetset hat die wilden Parties genossen: Zu den Sets von Dj Alfredo hat Grace Jones neben Mick Jagger getanzt, die VIPs der europäischen Königshäuser genauso wie die Godfathers der britischen Raveszene. Blasse Gitarreros wie die Happy Mondays waren auf Ibiza und haben sich dort infiziert mit einem Virus namens Balearic Beats, Primal Scream und New Order, Djs wie Andy Weatherall oder Paul Oakenfold haben inspiriert von durchtanzten Nächten auf Ibiza dicke Bässe, Bandmaschinendelays und locker luftige Beats unter die flirrenden Gitarren gelegt. Das Resultat klingt so und hat uns alle damals in den Himmel gehoben.
Den Weg zum „Fuck me I’m famous“-Superstar-Trottel-Dj ist Alfredo nie gegangen. Schwer vorzustellen, dass sich sein Sohn als Kind geschämt hat für seinen alten Mann, der es ja „nur zum DJ gebracht hat“. Heute legt er gerne back 2 back mit seinem Sohn auf - keine Balearic Beats mehr, sondern alles von „state of the art“-Deephouse bis Minimal. Und nach unserem Interview, vertont er den Sonnenuntergang im Sunset Ashram.
Ich könnt noch stundenlang so weitererzählen, aber noch besser als hören ist schauen, also ab ins Kino!