Erstellt am: 10. 1. 2012 - 05:00 Uhr
Star Wars: The Old Republic
Wenn es um Star Wars geht, ist George Lucas streng. Zwar erlaubt der Erfinder der Weltraum-Saga Autoren von Romanen, Comics und Videospielen, die Geschichte weiter zu erzählen - aber er legt viele Regeln fest. So verbot der Schöpfer vor dem Erscheinen der zweiten Star-Wars-Filmtrilogie den Autoren, über Darth Vaders Vergangenheit als Anakin Skywalker zu schreiben. Um trotzdem kaum vermeidbare Widersprüche in der Kontinuität der Lucas-Erzählung zu minimieren, finden die Geschichten der Fremdautoren generell im sogenannten Expanded Universe statt. Zu diesem gehören auch jene Erzählungen, die in den Romanen und Videogames rund um die "Alte Republik" dargeboten werden. Sie existiert tausende Jahre vor dem Geschehen in den Kinofilmen - praktisch für die kreativen Köpfe der Roman-, Comics- und Games-Welt, die sich austoben können, ohne allzu stark auf die Kontinuität der Filme Rücksicht zu nehmen. Deshalb spielt in dieser Epoche auch das lang erwartete, neue Online-Rollenspiel des kanadischen Gamedevelopers BioWare.
Lucasfilm Entertainment
Als Schmuggler vom Schlage eines Han Solo kann man sich zu Beginn auf einem zerrütteten Planeten der Republik herumtreiben. Das Raumschiff des Piloten - natürlich das "schnellste Schiff im Sonnensystem" - wird gleich nach dem Intro gestohlen. Man folgt der Spur des Diebes und gerät in Wirren des Krieges. Mit tief am Gürtel hängenden Rayguns ähnelt der Schmuggler einem interstellaren Cowboy - und gehört nur einer von acht Character Classes an, die vor Beginn des Spiels gewählt werden können. Zur Auswahl stehen auch die pseudoreligiösen Jedi, die im Kampf viel mit dem Lichtsäbel herumfuchteln, Troopers mit Kampfanzug und Sturmgewehr oder diverse Sith-Lords und deren Freunde auf Seite des bösen Imperiums. Das "Böse" ist in Star Wars The Old Republic allerdings relativ.
Die Stärke des Spiels
Die Imperialen Kräfte werden auch als Seperatisten dargestellt, die sich aus unterschiedlichsten Gründen von der Jahrtausende alten Republik lösen wollen. Des einen Widerstandskämpfer ist des anderen Terrorist, und so erzählt das Spiel für alle acht Character Classes eine eigene, komplette Star-Wars-Geschichte. Alle Stories sind mit hunderten Schauspielern komplett vertont. Wie in BioWare-Rollenspielen üblich entscheidet die Auswahl von Antworten in Multiple-Choice-Dialoge über die Weiterentwicklung der Figur und somit den Handlungsverlauf.
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Die viele Schauspielerei hat soviel Geld verschlungen wie ein Star-Wars-Kinofilm, und der Hersteller brüstet sich gar mit dem "teuersten Videospiel aller Zeiten". Der grafischen Gestaltung sieht man das Budget von angeblich 150 Millionen US-Dollar aber nicht an. Zum einen hat sich BioWare an der Ästhetik der Clone Wars orientiert - entsprechend übertriebene Muskelpakete und spindeldürre Gestalten begegnen uns im Spiel. Zum anderen wollte man auch Besitzern schwacher Computerhardware das Mitmachen ermöglichen - nach dem aufwändigen Intro, das in den letzten Monaten auch durch die Videoportale im Internet gereicht wurde, sieht die Grafik im Spiel dann doch ein wenig altbacken aus. Immerhin gibt es abwechslungsreiche Planetenlandschaften, deren fremdartiger Charme an manchen Orten seinen Reiz hat. Auch Kampfszenen im Weltraum beeindrucken optisch - spielerisch geben sie dafür wenig her. Anstatt frei im All herumzufliegen wird man wie auf Schienen durch die spärlich stattfindenden Space-Battles geführt.
An bewährten Lösungen orientiert sich auch die technische Struktur des Onlinespiels: Um die riesige Menge an Spielern zu bewältigen - schon in den Weihnachtsfeiertagen hatten sich über eine Million Menschen registriert - wurden weltweit circa 200 Server aufgestellt. Diese wurden nicht - wie zum Beispiel in EVE Online - zu einem großen, zusammenhängenden Cluster zusammengeschlossen. Die Bevölkerung der Old Republic spielt stattdessen in 200 voneinander getrennten Onlinewelten. Dazu kommt, dass das Spielgeschehen oft in sogenannten Instanzen abläuft, in denen man nicht sieht, was andere Spieler am gleichen Ort und am gleichen Server gerade tun. All das ist in anderen MMORPGs durchaus üblich und spätestens seit den Shards von Ultima Online aus dem Jahr 1997 der Industriestandard, nur: besonders gewagt ist das Konzept von SWTOR eben nicht.
Um trotz Shards und Instances möglichst viel gemeinsames Spiel und geselliges Zusammensein zu ermöglichen, gibt es die üblichen Social Tools, also Gruppen, Gilden, Mail und Chats in verschiedensten Kanälen. Die Möglichkeit für Spieler, eigene Gebäude zu errichten oder gar Städte für die Gilde zu bauen - wie das im früheren Star-Wars-MMORPG "Galaxies" der Fall war - existiert nicht.
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Die Stärke von "The Old Republic" liegt wie erwartet in der Erzählung. Die Geschichten motivieren zum Anlegen mehrerer Characters und können größtenteils auch alleine bewältigt werden. Dann ähnelt das Spiel BioWares Solo-RPGs wie "Mass Effect": vielschichtige Charakterentwicklung, spannende Narration und für ein Rollenspiel verhältnismäßig viel Action. Lässt man sich hingegen auf gemeinsames Mission Grinding oder PvP-Kämpfe ein, wirkt das Spiel wie "World of Warcraft" im Weltraum. Mit bewährten Online-Rezepten will man den Mainstream erreichen - und zumindest aus wirtschaftlicher Sicht funktioniert das: BioWare hat nun das am schnellsten wachsende Online-Rollenspiel der Games-Geschichte. Wäre "Star Wars The Old Republic" ein Popstar, dann wäre es Lady Gaga.