Erstellt am: 15. 1. 2012 - 09:00 Uhr
Die Akte der Kaizers
Aus dem hohen Norden Europas ereilt uns eine Postsendung: Eine dicke, schwere Akte, betitelt mit Kaizers Orchestra. Darin enthalten ist vertrauliches, explosives und möglicherweise kompromittierendes Material über das aus Norwegen operierende Sextett. Anlässlich ihres bevorstehenden Live-Auftritts am FM4-Geburtstagsfest ist es unsere selbstverständliche Pflicht, die uns vorliegenden Informationen an dieser Stelle offenzulegen und eindringlich vor dieser Bande zu warnen.
Kaizers Orchestra
§1) Die Gründung von Kaizers Orchestra erfolgte im Jahr 2000 basierend auf dem Geheimauftrag, ihr Heimatland vom dunklen Stigma des Black Metal als musikalische Hauptreferenz zu befreien. Die Mission ist längst als erfüllt zu betrachten: Schon für das Erstlingswerk "Ompa til du dør" erhielten sie den norwegischen Grammy in der Kategorie "Best Rock Album", und es ist das meistverkaufte Rock-Debüt, das jemals in norwegischer Sprache veröffentlicht wurde.
§ 2) Die zum Missionserfolg eingesetzten musikalischen Mitteln beinhalten schnellen Rock, Gypsy-Punk, Balkan-Pop, Polka-, Tango-, Rumba- und Walzer-Versatzstücke sowie das unverzichtbare Oompah-Element.
§ 3) Obwohl keine nachgewiesenen Blutsverwandtschaften innerhalb des Bandgefüges bestehen, tragen alle Mitglieder den Nachnamen Kaizer. Es ist davon auszugehen, dass die Namensgleichheit als Teil einer perfiden Taktik zur Stiftung allgemeiner Verwirrung fungiert.
§ 4) Als dubioses Erkennungszeichen verwendet die Gruppierung das Logo einer Gasmaske. Einzustufen als verstörend aber durchwegs einprägsam.
Kaizers Orchestra
§5) Die Liedtexte werden ausschließlich verschlüsselt vorgetragen, und zwar im norwegischen Dialekt des Sängers Janove "The Jackal" Kaizer. Kein Erfolgshindernis, wie internationale Plattendeals und Albumveröffentlichungen in zig Ländern bestätigen.
§ 6) Eine schwer einschätzbare Stärke der Kaizers sind ihre Auftritte vor Massenpublikum. Mit feuerwerksartigen Visuals, Trommeln auf Ölfässern, unkontrolliertem Herumspringen und dem Tragen der bereits zitierten Gasmaske erzeugen sie bedenklichen Aufruhr. Konsequenz: Ein Dauereintrag auf der schwarzen Liste von "Europe's Best Liveact".
§ 7) Als potenzielles Betäubungsmittel hat das wilde Ensemble seine eigene Spirituose auf den Markt gebracht. "Kaizers Vodka" heißt das Teufelsgebräu, das bisher ausschließlich in Norwegen erhältlich ist. In diesem Zusammenhang darf auch folgende Verwicklung nicht unerwähnt bleiben: Als Gegenleistung für die von Gefängnisinsassen durchgeführte Verpackungserzeugung des Produkts absolvierte die Gruppe eine Liveauftritt in einem norwegischen Gefängnis.
§ 8) Als reine Ablenkungstaktik ist dagegen das Theaterstück "Sonny" anzusehen, das im November 2011 in Oslo Premiere feierte. Von der Truppe gemeinsam mit dem norwegischen Autor Tore Renberg verfasst, basiert es auf den textlichen Inhalten der ersten drei Alben: Mafia, Krieg, Widerstand, Korruption und Irrenhaus.
Kaizers Orchestra
§ 9) Auf dem augenscheinlichen Höhepunkt ihres Größenwahns haben Kaizers Orchestra die Veröffentlichung einer Album-Trilogie bekannt gegeben. Das mit "Violeta Violeta" betitelte Wahnsinnswerk handelt von einer Tochter, die von ihrem Vater entführt wird und mit ihrer irren Mutter nur in Träumen kommunizieren kann. Teil Eins ist im Jänner des Vorjahres erschienen, die Veröffentlichung des zweiten Teils steht kurz bevor. Wie die Geschichte ausgehen wird ist zu diesem Zeitpunkt nur den Kaizers selbst bekannt.
FM4 präsentiert außerdem: Kaizers Orchstra am Innsbruck 2012 Music Festival (20.1.2012)
Eine eingehende Analyse des dargelegten Materials lässt nur einen Schluss zu: Kaizers Orchestra führen nichts Gutes im Schilde. Es ist dringend zu befürchten, dass sie mit ihrem Auftritt am FM4 Geburtstagsfest die unbedarfte Besucherschaft zu rhythmischen Zuckungen, begeistertem Mitgegröle und unkontrollierten Euphorieausbrüchen verleiten werden. Man heiße sie herzlich willkommen.