Erstellt am: 9. 1. 2012 - 06:20 Uhr
Neue Heli-Drohnen für das US-Militär
In seiner Rede am vergangenen Freitag im US-Verteidigungsministerium hatte Präsident Barack Obama neben Einsparungen angekündigt, verstärkt auf Waffensysteme zu setzen, die den Bedürfnissen der USA angesichts der veränderten Bedrohungslage entsprächen.
Besondere Erwähnung fanden dabei Systeme zur "Aufklärung, Überwachung und Terrorismusbekämpfung" - dafür werden seit Jahren zunehmend unbemannte Flieger eingesetzt.
Die neuen Typen
Allein in den letzten Monaten wurde eine ganze Serie neuer Drohnen von den US-Militärs vorgestellt. Diese Modelle unterscheiden sich von den derzeit eingesetzten UAVs ("Unmannend Aerial Vehicles") dahingehend, dass sie durchwegs andere Zwecke erfüllen sollen.
Am 3. Jänner gab die US-Army bekannt, dass der A 160 Hummingbird von Boeing während der kommenden Monate in Afghanistan eingesetzt wird.

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Rotor_uav-051121-vcv-01adj-8.jpg&filetimestamp=20061116195349
In dünner Luft
Diese etwa zehn Meter lange Helikopterdrohne kann laut Herstellerangaben in Höhen zwischen sechs und neuntausend Metern operieren und soll mehr als 20 Stunden in der Luft bleiben können.
Vor allem die Flughöhe ist für einen Hubschrauber enorm, denn mit etwa 6.500 Metern ist gewöhnlich der Plafond erreicht. Die Luft dort oben ist für die meisten Rotorkonstruktionen einfach schon zu dünn.
Kapazität zum "Herumlungern"
Für die Militärs am wichtigsten ist die "loitering capacity" dieses Geräts, also die Fähigkeit "herumzulungern", denn an schnell fliegenden Aufklärern mangelt es nicht. Sowohl die "Hunter/Killer"-Typen Reaper und Predator können auch Aufklärungsmissionen fliegen. Die Spionagesatelliten liefern dazu nur Momentaufnahmen, da sie im Nu wieder hinter dem Horizont verschwinden.
Deutschland ist dabei, das Flugverbot für Drohnen im zivilen Luftraum aufzuheben. Zweck: Überwachung von Großereignissen. Laut Auskunft des österreichischen Verkehrsministeriums gegenüber ORF.at ist hierzulande noch keine Entscheidung über eine solche Maßnahme gefallen.
Auch hochfliegende Aufklärer, wie die jüngst über dem Iran abgestürzte Sentinel-Drohne sind viel zu schnell unterwegs, um permanent Aufnahmen von Details aus einem Kampfgebiet liefern zu können.
Argusaugen mit 1,8 Gigapixel
Genau dafür sind die "Hummingbirds" gebaut und ausgerüstet, die nunmehr in Afghanistan erstmals zum Einsatz kommen. Das nach dem hundertäugigen Riesen Argus benannte Kamerasystem des Hummingbird verfügt über insgesamt 1,8 Gigapixel Auflösung, wobei die Bilder von vier verschiedenen Kameras zu einem hochauflösenden Foto kombiniert werden.
Entwickelt wurde diese "Sensor Suite" von der Defense Advanced Research Agency DARPA zusammen mit dem britischen Rüstungskonzern BAE. Bis zu 65 Segmente des Gesamtbildes können dabei gleichzeitig gezoomt werden.
Die Features
Die Kamera kann so Gegner, die von einem LKW absteigen und sich in Kleingruppen im Gelände verteilen, simultan beobachten. Die Drohne ist dabei nicht nur außer Reichweite gegen Abschuss von unten, wie ihr Name sagt, dürfte sie auch leise genug sein, um akustisch nicht aufzufallen.
Anders als die bereits im Einsatz befindlichen, unbemannten Aufklärer der US-Militärs benötigen Heli-Drohnen außerdem keine Start- und Landebahnen.
Die Lastendrohne K-Max
Die unbemannte Version der K-Max-Helikopter von Kaman/Lockheed Martin ist in Afghanistan bereits im Einsatz. Dabei handelt es sich gleichfalls um ein hochfliegendes System mit zwei "ineinanderkämmenden" Zweiblatt-Rotoren, das eine Lücke in der Kriegslogistik der US-Militärs schließt.
In asymmetrisch geführten Kriegen wie in Afghanistan fordern die Überfälle auf Versorgungskonvois stets die meisten Toten. Mit dem K-Max können drei Tonnen Nutzlast befördert werden, die unter der Drohne hängen und entweder auf dem Boden abgesetzt oder mit einem Fallschirm aus relativ geringer Höhe abgeworfen werden.

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:CBP_unmanned_aerial_vehicle_control.jpg&filetimestamp=20071006073727
Tarnkappen als Zielobjekt
Wie die Fachzeitschrift "Aviation Week" berichtet, wird eine weitere Drohne, die wiederum ganz anderen Zwecken dient, an der Air Force Academy entwickelt.
Das etwa zwölf Meter lange, zweimotorige Fluggerät ist eine "Tarnkappendrohne". Das "Stealth Design" dient jedoch nicht dazu, feindliche Luftabwehr zu täuschen, sondern um die eigene zu testen.
Diese Drohnen sind nämlich dazu bestimmt, bei Zielübungen von F-22 und F-35 Jets abgeschossen zu werden. Bisher kamen dafür zu Ѕelbstfliegern umgebaute, alte Jets vom Typ F-4 und F-16 zum Einsatz. Weil die aber noch im konventionellen Design gehalten sind, sind sie für Abschusstrainings gegen Angreifer mit "Stealth"-Design nicht zu gebrauchen.
Die Helikopterdrohne mit den weltweit meisten Einsätzen und der weitaus höchgsten abgesetzten Stückzahl ist der Aufklärer Camcopter S-100 des Wiener Neustädter Unternehmens Schiebel. Diese weitaus kleinere und leichtere Heli-Drohne ist bereits seit längerem im Irak in Einsatz und sucht dort nach versteckten Sprengsätzen, oder fliegt Aufklärungsmissionen.
Start unter Wasser
Bei den RIMPAC-Seemanövern 2012 im Pazifik wird die US-Navy wiederum eine Drohne einsetzen, die von einem getauchten U-Boot starten kann.
Der kleine, von einem Elektromotor betriebene Schwenkflügler befindet sich in einer Kapsel, die über die Müllentsorgungsschleuse unter Wasser ausgestoßen wird. Um die genaue Position des U-Boots nicht zu verraten, wird der Aufstiegsvorgang der Kapsel erst nach genügend weitem Abdrift eingeleitet.
An der Oberfläche wird die zur Boje mutierte Kapsel mit Windsack und Flügel stabilisiert, dann wird die kleine Aufklärungsdrohne mit einem Katapult in die Luft geschleudert und funktioniert quasi als verlängertes Periskop.
Das iranische Drohnenrätsel
Was die im Moment wohl bekannteste Drohne betrifft, nämlich die vom Iran im Dezember abgefangene RQ 170 "Sentinel" Drohne, so gibt es dafür nur eine technisch einigermaßen schlüssige Erklärung und die entspricht großteils der iranischen Version der Story.
Anstatt Raketen auf die Sentinel zu schießen, wurde sie wahrscheinlich nicht vom Boden, sondern von iranischen Kampffliegern mit Funksignalen angegriffen. Die GPS-Satelliten bedienen ja vor allem das militärische System, das in der Regel verschlüsselt arbeitet, die zivilen GPS-Signale sind eine Art Nebenprodukt.
Jamming gegen militärisches GPS
Zudem verfügen die GPS-Satelliten neben einem Rundstrahler auch über eine Richtfunkantenne für die Militärs. Damit kann ein gebündeltes und daher weit stärkeres Signal in eine bestimmte geografische Zone abgestrahlt werden. Damit soll das altbekannte Jamming - Auslöschung des Funkverkehrs durch ein stärkeres Signal des Gegners - verhindert werden.
Wenn aber starke Störsignale auf die Drohne gerichtet werden, reißt der militärische Funkkontakt ab und das System geht in den Fallback-Modus. Das ist das zivile GPS.
GPS-Spoofing
Weil das jedoch keine Verschlüsselung kennt, gibt es auch keine Authentifizierung der Signalquelle durch die Drohne. Wenn dann derselbe Jet über die beiden GPS-Frequenzen falsche Geodaten funkt (GPS-Spoofing), dann ist es durchaus denkbar, dass die Drohne, deren maximale Flughöhe von Luftfahrtexperten auf 15.000 Meter geschätzt wird, nicht mehr manövrieren kann.
Wenn sie mangels Orientierung Schleife um Schleife fliegen muss, um auf neue Steuersignale zu warten, geht irgendwann der Sprit zu Ende, die Drohne stürzt ab.
Der K-Max von Lockheed Martin und Kaman, die Hummingbird_Drohne stammt vonBoeing, die RQ 170 Sentinel-Drohne wieder von Lockheed
Aerodynamische Ahornsamen
Als "Nurflügler" ähnelt die Sentinel aerodynamisch den (auch als "Nasenzwicker" bekannten) Ahornsamen, die äußerst gemächlich zu Boden trudeln und dabei mit dem Wind erstaunliche Strecken zurücklegen.
So ähnlich würde auch der Absturz einer Sentinel vor sich gehen, ѕagen diverse US-Luftfahrtexperten, also durch die Drehbewegung ziemlich abgebremst.
Das wäre auch die Erklärung dafür, warum die Drohne bei ihrer Präsentation in Teheran erstaunlich wenig beschädigt war. Nur die Bauchseite war rundum mit Tüchern verhüllt, weil die Landung trotzdem eine harte war. Denn wirklich ferngesteuert hatten sie die Iraner nicht.