Erstellt am: 7. 1. 2012 - 13:58 Uhr
The Crazy World Of Karen
Tanja Frinta hat es schon immer gewusst: Diese Welt ist verrückt. Sie knistert, knackt und fiepst an allen Ecken und Enden. So eröffnet die in Wien geborene Sängerin ihr Debüt als Lonely Drifter Karen auch mit einem Kuckucks-Sample.
Das Video zu "This Crazy World" legt nahe, dass Tanja am Liebsten beim Fahrradfahren singt. Auf zwei Rädern erzählt sie uns von ihrem Wunsch, eine Ukulele zu besitzen. Aber auch beim Spazieren im Wald erhebt sie gerne ihre Stimme, oder beim Geschirr abwaschen. So seltsam das alles auch klingen mag: Das einzige, was der musikalische Vogel auf "Grass Is Singing" vor mehr als drei Jahren verrückt hat, sind die altbekannten Genregrenzen.
Eigentlich ist es ganz egal, zu welchem Zeitpunkt man auf den gefühlvoll dahinschaukelnden Folk-Pop-Zug von Tanja Frinte aufgesprungen ist. Ob man nun zu jenen gehört, die noch immer ihrer ersten Band Holly May nachweinen oder zu denen, die sich glücklich schätzen, ihre erste EP "Sinsweettime" (damals im LDK Gründungsjahr 2003 auf Fettkakao erschienen) selber entdeckt zu haben, oder ob man sich erst mit dem zweiten Werk "Fall Into Spring" vor zwei Jahren Zugang zur außergewöhnlich schönen Klangwelt verschafft hat; alle waren wohl vom ersten Hören an von der zarten und eindringlichen Stimme Tanja Frintas verzaubert.
Ihr eigenständiges musikalisches Potential und ihre kreative Freiheit entdeckte die Wiener Sängerin erst, nachdem sie ihrer Heimat den Rücken gekehrt und sich nach Schweden aufgemacht hat. Doch das einsame Driften durch die europäische Musikwelt dauerte nicht lange an. Mit dem mallorquinischen Keyboarder und Arrangeur Marc Meliá Sobrevias und dem italienischen Schlagzeuger Giorgio Menossi avancierte Lonely Drifter Karen zur Band.
Der Sound sowie die Songs wurden im Verlaufe ihrer Entwicklung immer kunstvoller, vielschichtiger und eng mit der Live-Umsetzung verknüpft. Egal, ob auf der Bühne bei einer ihrer vielen Europatourneen oder aus der "digitalen Konserve" im eigenen Wohnzimmer, immer verströmen Lonely Drifter Karen das Gefühl, eine Band im Augenblick ihrer tiefen musikalischen Zufriedenheit zu hören.
Apropos Tourneen, neulich verschlug es das spanisch-italienisch-österreichische Trio sogar nach China, was sicherlich auch ein bisschen verrückt war. Zum Beispiel, wenn während der Performance der tief stöhnenden Eule das ganze Publikum in präziser und strenger Manier mitklatscht und sich über die Band austauscht.
Vom Akustik- und Elektronikpol
FM4 Geburtstagsfest
The Greatest Radio Show Saves The World
FM4
21.1.2012
Arena, Wien
Beginn: 18:00 Uhr
2012 haben sich die musikalischen Grenzen von Lonely Drifter Karen erneut verrückt. Aller Voraussicht nach sehr zur Überraschung der eingefleischten Fans. Denn das in Österreich am 27. Februar erscheinende Album "Poles" birgt viel Neues in sich, wenn man sich die drei Songs anhört, die die Band um Sängerin Tanja Frinta schon jetzt mit uns teilen will.
Bei "Velvet Rope" beispielsweise dürfte die eine oder andere Inspiration von besagtem Chinatrip stammen. Denn über langsame Beats und 1980iger Synthie-Bass versucht sich Tanja Frinta in stimmlich experimentellen Lautmalereien, die der Nummer einen exotischen Touch verleihen.
Die elektronischen Versatzstücke bei "Three Colors Red" fügen sich perfekt in das filigrane Songwriting. Nie aufdringlich, sondern den Grundsound erweiternd, hüpfen analoge Keyboardmelodien über verhallte Percussions, während sich der Refrain mit krautrockigem Ansatz Richtung Stereolab ausbreitet. Das nachfolgende, instrumentale Intermezzo erstrahlt in harmonischer Schönheit.
Die keck dahingroovende, auf das Wesentliche reduzierte Popnummer "Comet" steht Lonely Drifter Karen besonders gut. Vor allem der mit zartem Vocoder verfeinerte Chorus, der mittels eines einzigen Wortes eine ungeahnte Bilderflut im Kopf entstehen lässt.
Sandrine Derselle
Die Spannung auf den dritten Longplayer "Poles" wird so nur noch mehr angeheizt. Wenn die restlichen Songs der Platte nur annähernd halten, was die drei Vorboten versprechen, dann wird "Poles" zu einem wahren Diamanten, einem glitzernden Elektro-Akustik-Popalbum, das selbst den vermeintlichen Weltuntergang überleben wird. Aber das wäre ja auch ein bisschen verrückt. Bleibt nur zu hoffen, dass Lonely Drifter Karen uns einige der neuen Songs auch am FM4 Geburtstagsfest präsentieren wird, wenn sie die Konzerte in der großen Halle eröffnet.