Erstellt am: 30. 12. 2011 - 11:04 Uhr
#Rewind #Web #2011
Wie in jedem Jahr ist das Internet auch heuer wieder im Mainstream angekommen. Diesmal vielleicht sogar in echt. Ohne Facebook und Twitter wäre blablabla gar nicht möglich gewesen. Wir bedanken uns bei großen Konzernen, anstatt an Menschen wie Mohamed Bouazizi zu denken. Wir bebildern Proteste mit Menschen, die Logos in die Luft halten. Ob es die Menschen in diesen Ländern überhaupt geschafft hätten, wenn wir nicht unsere Online-Solidarität bekundet hätten? Wer weiß. Owa wurscht. Hier nun die völlig subjektiven Highlights des vergangenen Jahres in den Bereichen Netzkultur, Nerdzeugs und Katzen-Content: (wer nur lustige Video-Links will, bitte gleich nach ganz unten scrollen)
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Die arme Rebecca Black hat sich auch einen link verdient. Immerhin ist heute Friday.
Meme des Jahres: Pfefferspray
An sich ist es eine alltägliche Geste. Ein Polizist hat Demo-Einsatz und hält sich aggressive Demonstranten vom Leib. Damit er sie nicht erschießen muss, benutzt er Pfefferspray. Bei Lieutenant John Pike war die Sache allerdings ein wenig anders. Erstens schauen die occupy-Demonstranten nicht wirklich gefährlich aus und seine scheißlässige Pose ist zum Sinnbild eines Systems geworden, das der aufkommenden Wut in der Mehrheitsbevölkerung mit Ahnungslosigkeit und totaler Ignoranz gegenübersteht. Es fällt mir allerdings sehr schwer, Nyan Cat nur auf Platz 2 zu sehen. Sagen wir: 1b.
Louise Macabitas
Zu nerdig für den Haupttext sind die HTTP Status Cats.
"Jö, schau"-Moment des Jahres: Google+
„Wieder so ein Google-Produkt, das scheitern wird“, hat es anfangs geheißen, als plötzlich ein neues Social Network da war. Doch im Vergleich zu Google Wave oder Google Buzz ist Google Plus keinen erwartbaren Kindstod gestorben. Es hat die besten Aspekte von Facebook und verzichtet auf die schlechten Aspekte von Facebook. Dank Vernetzung mit Suchmaschine, youtube und gmail hat es kurz so ausgeschaut, dass wir in ein paar Jahren nur mehr einen einzigen account brauchen werden, um alles zu erledigen.
Wikipedia/Patrick Höfler
"Eh kloa"-Moment des Jahres: Google+
Anfangs war es der Zwang zum Echtnamen, vor kurzem das Verbot, am Profilfoto den Mittelfinger zu zeigen. Wenn Facebook seltsame Entscheidungen trifft, veranstaltet Google Weitspring-Wettbewerbe im Gatsch. Der massive Anfangs-Boost durch selbst ernannte Social Media Experten und solche, die damit sogar echtes Geld verdienen, flaute schnell ab. Mittlerweile sind dort nur mehr Social Media Experten unterwegs. Da schon lieber Kinderfotos von alten Schulkollegen.
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Fake des Jahres: TheBirdBase
Werner Failmann ist eh lustig und karikiert den sündteuren Wahnsinn, den unser Bundeskanzler Social Media Auftritt nennt. Aber falsche twitter- und facebook-accounts, um sich über eine Person des öffentlichen Lebens lustig zu machen, sind außerordentlich 2010. Deshalb geht dieser Preis heuer an die erfundene Künstlertruppe TheBirdBase, die mit der erfundenen Sex-Schule in Wien auch mich verarscht haben. Für die Message „Mehr Sex ohne Schutz, damit wir das Pensionssystem retten“ bekommt die verantwortliche Jugendabteilung der Industriellenvereinigung allerdings auch noch den „Botschaft versaut die gute Idee“-Award.
In memoriam des Jahres: Cat doesn’t want to go to rehab
Der Tod von Amy Winehouse war ein schockierender Moment. Neben all den vorgefertigen Nachrufen und zu Postum-Alben ausgesaugten Nebenbei-Aufnahmen hat es aber nur ein kulturelles Produkt gegeben, das die Tragweite der vielleicht großartigsten Musikerin des frühen 21. Jahrhunderts widerspiegelt. Denn was sind Memes denn sonst, als Fußnoten der Geschichte? Aber sehen Sie selbst:
Schwanzvergleich des Jahres: Klout
Hier wird bewusst nichts verlinkt. Auch wenn das meinen eigenen Klout-Wert erhöhen würde.
Die Algorithmen sind völlig unverständlich, die Award-Policy ist einzig und allein darauf ausgerichtet, Userdaten zu generieren. Klout gibt vor, den Social Media Einfluss einer Person zu messen. Doch in Wirklichkeit spuckt die Website eine willkürliche Zahl aus und belohnt User, wenn sie sich täglich einloggen. Dass manche Firmen diese Fantasiezahl für voll nehmen, verklärt sogar die Jahre, in denen Unternehmen von Social Media so gar keine Ahnung gehabt haben. Apropos: Wenn schon Schwanzvergleich, dann Schwanzvergleich.
Karfreitag des Jahres: Todestag von Steve Jobs
Wenn in Kärnten die Sonne vom Himmel fällt, dann ist am 5. Oktober wohl die ganze Milchstraße ins Silicon Valley gekracht. Der psychisch nicht ganz einwandfreie Apple-Gründer hat in seinem dem perfekten Marketing gewidmeten Leben alles richtig gemacht. Immerhin hat sogar der US-Präsident über seinen Tod getwittert und Kevin Spacey gleich mal einen alten Apple-Slogan nachgeschossen. Aus Liebe zum Produkt.
tauntr.com
Die schönste tumblr Website ist nach dem Scarlett Johansson Wahnsinn definitiv Kim Jong Il on the decks.
Auf Spatzen gerichtete Bazooka des Jahres: GEMA
Die deutsche Verwertungsgesellschaft entwickelt sich langsam aber stetig zum pain in the ass des 21. Jahrhunderts. Wer in Deutschland youtube-Videos ansehen will, kennt das schwarze Feld. Ende 2010 wollte sie doch tatsächlich Geld von Kindergärten, weil dort Liedtexte ausgedruckt und an Kinder weitergegeben werden. Die heurige Meisterleistung: Sie wollten Geld von einem Konzertveranstalter, auf dessen Party ausschließlich Musik unter Creative Commons Lizenz gelaufen ist, inklusive aller bürgerlichen Namen der den Songs zugeordneten Produzenten. Aber klar, hier geht es nur um den Schutz der Kunstschaffenden.
Für die Copyright-Verfechter: Everything is a Remix
Rotzglocke des Jahres: Richard Stallman
Ja, er hat viel geleistet. Ja, er leistet immer noch was. Ja, ohne ihn würde es Linux nicht geben. Ja, es heißt natürlich GNU/Linux. Aber er ist trotzdem ein Arschloch.
Geschlechtskrankheit des Jahres: Die Facebook Chronik
An sich keine schlechte Idee, funktioniert aber nicht gut, hat dauernd technische Probleme, man schämt sich dafür, es sich eingefangen zu haben und kriegt es einfach nimmer weg.
Hack des Jahres: Playstation
Schwupps und weg waren sie, die Daten von 77 Millionen Kunden. Dazu bekannt hat sich die außerordentlich kurzlebige Hacker-Posse Lulzec, die wenig später mit Anonymous fusioniert und seitdem wenig gemacht hat.
Absteiger des Jahres: Anonymous
Sie waren der arabische Frühling des Webs. Schwarmwesen mit politischer Message und ohne egoistischen Hintergrund, dafür mit Humor. Kämpfer für das Gute und vollgestopft mit popkulturellen Bezügen. Wenn einer das System stürzen kann, dann sie, so dachten viele. Dann kam die Ankündigung, im Rahmen der Occupy-Bewegung das Netzwerk der Wall Street lahmzulegen. Und es geschah nichts. Dann noch eine Ankündigung. Wieder nichts. Es rinnt langsam aus. Verdient hat sich die Gruppe diesen Award allerdings aus regionalen Gründen. Der frische Ableger Anon_Austria hat zwar erfolgreich und amüsant die GIS erpresst und das eine oder andere Pony gut platziert, mit der Veröffentlichung von Polizisten-Adressen sind sie aber zu weit gegangen. Meine lieben Jungs: Nicht jeder Polizist ist ein Faschist.
Radio FM4, Alex Augustin
"Noch schnell was Gutes tun" des Jahres: Vorratsdatenspeicherung
Am 1. April tritt sie in Kraft, die böse #vds. Wenn sie nicht wollen, dass ihre Kommunikationsdaten sechs Monate lang „auf Verdacht“ gespeichert werden, hier unterschreiben.
Video des Jahres:
Auf zur Linkorgie bei der schwierigsten Kategorie. Ist es die bösartigste Katze der Welt? Oder doch die beiden geborenen Superstars Sophia Grace und Rosie? Warum sollten wir nicht in Zeiten wie diesen diese herrliche Kündigung ehren? Die Maritimen unter Ihnen würden sich wahrscheinlich über diesen Fahrzeug-Simulator-Wal freuen. Außerdem sind Wale ein sehr dankbares Publikum. Katzen sind allerdings auch nie falsch. Vor allem nicht, wenn sie sich dummerweise auf einen Drucker setzen. Sollten Sie ambitionierter Tierschützer sein, sollten sie sich diese Hunde im Hochzeitsoutfit aber besser nicht ansehen. Zukünftige Wetterrreporter können hier was lernen. Sollten Sie 15 Minuten Zeit haben und die Miss USA-Wahl für ein Panoptikum der Intelligenz halten, dann können Sie hier viel über das Verhältnis USA-Evolution lernen. Zur Entspannung vielleicht ein Argument für das Berufsheer? Oder gar für einen Hunde-Panzerkrieg? Immerhin hat sich Mr. Ginger gleich noch für die Sklaverei entschuldigt. Solche Probleme hat die Feuerwehrjugend Baden definitiv nicht. Die sind nämlich echt saugeile Typen. Die Award-Kategorie "wunderschön" geht zwar an Baby in der Bar, aber kann es wirklich mit einer Schneemann-Phobie mithalten? Oder der Über-Cuteness von diesen Rhino-Babies? Wussten Sie übrigens, dass man selbst der Mond keine Fail-Resistenz besitzt? Der sogenannte "steirische Brunzer" hat es jedenfalls auch in die Liste geschafft.
Hier ist die Wahrheit. Eigentlich ist Stuart, der Salsa-Hund, mein diesjähriges Lieblingsvideo. Weil aber im letzten Jahr ebenfalls ein tanzender Hund gewonnen hat und ich mir keinen Fetisch nachsagen lassen will, hat es heuer das nordkoreanische Staatsfernsehen geschafft. Nein, nicht die weinenden Massen, sondern das schrecklichste und gleichzeitig beeindruckenste Stück Musik, das ein stalinistisches Regime hervorbringen kann. Viel Vergnügen: