Erstellt am: 23. 12. 2011 - 15:15 Uhr
Musik/Praxis: Mehr Verwertungsgesellschaften
- Die Serie Musik/Praxis
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Bei der Herstellung von Tonträgern kann man als Mitglied der Austro Mechana einen "Inkasso-Verzicht“ beantragen, wenn man selbst Produzent des Tonträgers ist, Urheber aller Werke ist und keinen Verlagsvertrag für diese Werke abgeschlossen hat. In dem Fall zahlt man keine Lizenzgebühren, sondern nur eine Administrationsgebühr von € 25.-. Ein Inkasso-Verzicht wirkt sich nur auf eine konkrete Produktion aus. Tantiemen-Ansprüche für andere Nutzungen, wie z.B. Konzerte oder Radio/TV-Ausstrahlungen, sind davon nicht betroffen. Allerdings reduziert ein Inkasso-Verzicht die Berechnungsbasis für Pauschalabrechnungen (z.B. Zinserträge, Zuschlag) und für SKE-Alterszuschüsse. Nähere Informationen dazu findet man im FAQ Katalog der Austro Mechana.
Musik/Praxis
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Grundsätzliches zum Urheberrecht.
Coverversionen, Remix & Sampling
Die rechtlichen Grundlagen musikalischer Bearbeitungen.
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AKM, Austro Mechana und Co.
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Legalitäten für Urheber (Komponisten/Texter) und Labels
Will man seine eigenen Werke auf seiner eigenen Website zum Anhören oder zum Download zur Verfügung stellen, müsste man als Mitglied einer Verwertungsgesellschaft dafür eigentlich Lizenzgebühren bezahlen. Allerdings verfolgen die AKM und die Austro Mechana da eine sehr mitgliederfreundliche Politik: Beide Gesellschaften verzichten auf die Einhebung der Lizenzgebühr, wenn das Mitglied Inhaber aller Rechte ist, also Urheber aller Werke ist und keinen Verlagsvertrag für diese Werke abgeschlossen hat. Hinweis bezüglich der Leistungsschutzrechte: Sollten die Aufnahmen der Werke bei einem Label veröffentlicht sein, benötigt man die Zustimmung des Labels, um die Werke legal auf seiner Website zur Verfügung stellen zu können.
Dieser Inkasso-Verzicht der AKM und der Austro Mechana bezieht sich nicht auf Websites, die von Dritten betrieben werden, somit auch nicht auf Services, die Künstlern anbieten ihre Songs einzustellen (Bandcamp u.ä.). Wenn einem der Aspekt der Online-Promotion über Services wie Bandcamp wichtig ist, könnte man andenken, den Online-Bereich in seinen Wahrnehmungsverträgen mit der AKM und mit der Austro Mechana auszunehmen (unter dem Punkt Sondervereinbarungen bzw. Besondere Vereinbarungen). Dann kann man diesen Services seine Werke zu seinen eigenen Bedingungen und auf eigene Rechnung zur Verfügung stellen. Allerdings ist dann der gesamte Online Bereich ausgenommen und man bekommt auch für Nutzungen in Diensten, die Lizenzgebühren an Verwertungsgesellschaften bezahlen (wie z.B. iTunes), keine Tantiemenausschüttungen von Verwertungsgesellschaften.
Bin ich Veranstalter eines Konzerts, bei dem nur meine eigenen Werke aufgeführt werden, muss ich als Mitglied einer Verwertungsgesellschaft für die Aufführungsrechte zahlen, bekomme das Geld aber nach Abzug des Spesensatzes als Urheber wieder zurück. Eine Freistellung analog zum Inkassoverzicht der Austro Mechana bei Tonträgerproduktionen gibt es dafür leider nicht.
Welche Arten der Nutzung von Werken werden nicht von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen?
Es gibt einige Nutzungsarten, die individuell lizensiert werden, wo der Urheber also vor der Nutzung noch seine Zustimmung geben muss und dafür noch einen Preis ausverhandeln kann. Da diese von vielen Urhebern an Verlage übertragen werden (mehr dazu in einem späteren Kapitel), nennt man diese Rechte auch Verlagsrechte:
- so genannte "große Rechte“, d.h. die bühnenmäßige/szenische Aufführung und Sendung musikdramatischer Werke (z.B. Oper, Operette, Musical) vollständig oder in größeren Teilen und deren erstmaliges Festhalten auf CD oder DVD.
- Druck, Verkauf und Verleih von Noten- und Textmaterial
- Erteilung von Abrdruckbewilligungen (Noten und Texte)
- Vergabe von Synchronisationsrechten
Die ersten Punkte werden für die Leser dieser Seite vermutlich nicht allzu relevant sein, der letzte Punkt ist es aber mit Sicherheit. Das Sync-Right (oder Filmherstellungsrecht) ist das Recht, zur Verbindung von Werken der Musik mit Werken der Filmkunst (gilt aber auch für Bildmaterial, dem es an Werkcharakter fehlt). Also etwa wenn eine Firma ein Werk für eine Werbung verwenden will oder ein Filmhersteller oder der Hersteller eines Computerspiels ein Werk für seinen Film bzw. sein Computerspiel. Hier muss der Nutzer den Urheber (oder den Verlag, der für ihn die Rechte an den Werken wahrnimmt) direkt kontaktiert und sich mit ihm eine Bezahlung für die Nutzung ausmachen.
Diese Erlaubnis kann er nicht von einer Verwertungsgesellschaft bekommen. In weiterer Folge wird er sich auch eine Genehmigung für die Rechte an der Aufnahme (von Label oder Produzenten) besorgen müssen. Für diese beiden Bereiche (Werk/Aufnahme) wird in der Regel gleich viel bezahlt. Für die Verwendung von Musik zu Werbezwecken muss übrigens immer bei den Rechteinhabern direkt angefragt werden, auch dann, wenn es sich nicht um eine Verbindung von Musik und Film handelt, also etwa bei einer Radiowerbung.
Werden auch Leistungsschutzrechte (also die Rechte der Interpreten und Produzenten) von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen?

lsg
Ja, z.B. in Österreich von der LSG (Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GmbH). Das ist die Verwertungsgesellschaft der Interpreten sowie der Produzenten von Tonträgern und Musikvideos. Deren Hauptaufgabe ist die Sammlung und bestmögliche (kollektive) Verwertung von Rechten, Beteiligung- und Vergütungsansprüchen, die sich aus dem materiellen Urheberrecht ergeben. Das bedeutet, man bekommt als Interpret dann Geld von der LSG, wenn die Aufnahmen, auf der man zu hören ist, gesendet oder öffentlich wiedergegeben werden. Vor allem betrifft das Radio und Fernsehen, dafür erfasst die LSG die Sendeeinsätze des ORF und aller größeren österreichischen privaten Rundfunkveranstalter. Aber auch wenn Musik von Tonträgern in Lokalen gespielt wird, müssen diese dafür zahlen. Da diese Musiknutzung aber nicht werkweise abgerechnet wird, heißt das leider noch nicht automatisch, dass man dafür auch etwas bekommt. Grob vereinfacht wird man nur dann von dieser Nutzung profitieren, wenn man auch aus anderen (den genau zuordenbaren) Nutzungen Erlöse zu erwarten hat.
Im Live-Bereich bekommt man ja die Gage als Interpret direkt vom Veranstalter. Extra Einkünfte aus Tantiemen bekommt man, wenn das Konzert aufgezeichnet und live im Radio gespielt wird. Die Mitgliedschaft bei der LSG kostet für Interpreten über 20 Jahren derzeit € 50.- , für alle darunter € 10.-

CC
Creative Commons – ein Alternativmodell?
Auch wenn es im öffentlichen Diskurs oftmals so dargestellt wird, ist Creative Commons keine Alternative zur kollektiven Wahrnehmung der Verwertungsrechte. Creative Commons sind von einer gemeinnützigen Organisation propagierte Lizenzmodelle, die es Urhebern ermöglichen sollen, einfache und nach Art der Nutzung differenzierte Erlaubnisse zur Verwendung ihrer Werke zu geben; hierfür werden Standard-Verträge zur Verfügung gestellt, die jeder nutzen kann, ohne Mitglied bei der Organisation sein zu müssen.
Dabei werden Fragen behandelt, wie die Erlaubnis zur Bearbeitung oder die Vorschreibung einer Namensnennung, die von Verwertungsgesellschaften gar nicht wahrgenommen werden. Creative Commons kümmert sich wiederum in keiner Weise darum, Geld von Musiknutzern einzuholen und zu verteilen. Es handelt sich also um völlig unterschiedliche Dinge, die allerdings nicht miteinander vereinbar sind. Man kann also nicht Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sein und eines seiner Werke unter eine Creative Commons Lizenz veröffentlichen.
Creative Commons ist für Leute geeignet, die aus der Massen-Nutzung (im Gegensatz zur individuellen Nutzung) ihrer Werke keine Einkünfte wollen oder erwarten, denen aber z.B. die einfache Möglichkeit der Weiterbearbeitung ihrer Werke oder ein möglichst freien Zugang zu ihren Werken wichtig ist. Nähere Infos: wiki.creativecommons.org
Auf weitere Fragen (z.B. der Verteilungsmechanismen) gehen die Websites der Verwertungsgesellschaften in unterschiedlicher Güte ein:
Wer sich über internationale Verwertungsgesellschaften ein Bild machen möchte, findet hier weiterführende Links: www.musicaustria.at
In der nächsten Folge von Musik/Praxis wird es um rechtliche und organisatorische Aspekte von Live-Musik gehen. Sie erscheint am 13. Jänner!