Erstellt am: 8. 1. 2012 - 10:19 Uhr
"JOY - Mit dem Snowboard in die Welt"
Als Stefan Gimpl das FM4 Studio betritt, bin ich überrascht. "Wahnsinn, ist der klein", denk ich und hab gleichzeitig seine überwältigend großen Air&Style-Siege vor Augen. Das Snowboard unter den Füßen lässt den Salzburger offenbar wachsen. Treibt ihn zu immer neuen Erfolgen und Abenteuern an, wie er sehr ausführlich in seinem Bildband "JOY", den er im Eigenverlag herausgegeben hat, erzählt.
Im Gespräch ist Stefan eher wortkarg. Das Reden sei nicht so seins, und auch beim Schreiben habe er sich geplagt, sagt er. Alles halb so wild - die abwechslungsreichen Bilder sprechen für sich, und die kurzen Texte zwischendrin sind durchaus unterhaltsam. Hie und da vielleicht etwas zu pathetisch. Doch spiegeln sie Stefan Gimpls Innenwelt wider, in alltagsnaher und ehrlicher Sprache.
"Beim Snowboarden konnte ich mich vom Alltäglichen entfernen und mich an meine Grenzen und Begrenzungen herantasten. Sowohl an körperliche als auch geistige. Von dort aus - fern vom Alltäglichen, nahe an meinen Grenzen - gab es einen neuen Blickwinkel, der mir viel Neues zeigte und mich einiges anders wahrnehmen ließ, als ich es bis dorthin kannte."
"JOY - Mit dem Snowboard in die Welt" : ein Buch von Stefan Gimpl ist Ende 2011 erschienen
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Vor rund einem Jahr hat Stefan Gimpl seine Wettkampf-Karriere beendet. Jetzt blickt er in 132 Seiten zurück auf 17 Jahre, in denen er die meiste Zeit unterwegs war, immer auf der Suche nach den besten Schneebedingungen. Ein ständiges On the road-Sein, von einem Hotelzimmer zum nächsten, von Contests zu Filmaufnahmen, permanent unter Menschen und am Berg. Der Traum eines einfachen Landjungen aus Leogang wurde wahr. Doch Träume haben oft zumindest kleine Schattenseiten. Und auch von denen erzählt der Salzburger Freestyler in seinem Buch. Dass ihm das Boarden irgendwann keinen Spaß mehr gemacht hat, weil es zur Verpflichtung wurde. Dass er vor Wettkämpfen meist nichts essen konnte, weil wegen der Aufregung sowieso alles wieder am Klo gelandet wäre. Und wie er sich immer wieder selbst motiviert hat. So schonungslos ehrlich und reflektiert hat man einen Snowboarder selten zuvor erlebt.
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"Ich fuhr eine ganz normale, flache Piste an einem kleinen Hügel in Grönland herunter. Oben sah ich noch auf das offene Meer hinaus, erfreute mich der genialen Landschaft und hatte die größte Freude, ein paar Kurven und einfache Bögen mit dem Snowboard zu fahren. Zu spüren, wie die Fußgelenke das Brett hin und her kippten und gemeinsam mit den Knien und dem restlichen Körper das Snowboard kontrollierten, hatte ich sicher schon unzählige Male zuvor erlebt, doch erst hier entdeckte ich es ganz bewusst."
Stefan Gimpl ist ein Mensch, der viel nachdenkt und in sich ruht. Das merkt man nach den ersten Seiten von "JOY - Mit dem Snowboard in die Welt". Offenbar beschäftigt er sich hobbymässig mit asiatischen Philosophien und der Psychologie. Zitate vom deutsch-amerikanischen Psychoanalytiker Erich Fromm kommen vor oder Weisheiten diverser Gelehrter aus Asien. Was der 1,64cm kleine Salzburger im Interview nur andeutet, kommt in seinem Bildband zur vollen Geltung - obwohl er fast zwei Jahrzehnte Teil des oft oberflächlichen Snowboard-Zirkusses war, hat es Stefan Gimpl geschafft, er selbst zu bleiben. Seine Leidenschaft, das Snowboarden, zu genießen und sich immer wieder genügend Kraft daraus zu holen.
"Das Snowboarden ließ mich wahre Freude ansatzweise erahnen, und es bewahrte mich davor, dass ich komplett in eine materialistische und in eine von Sinnesvergnügungen und Begierden regierte Welt vertrickt wurde."
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"JOY - Mit dem Snowboard in die Welt" ist ein Bildband, der von der Liebe zum Sport erzählt, von spannenden Reisen und einer ständigen Suche nach sich selbst. Er zeigt Stefan Gimpl mit dem Snowboard auf den schönsten Bergen, den massivsten Schanzen und den atemberaubendsten Tiefschneehängen der Welt. Und man sieht wunderbare Landschaftsaufnahmen, die der Hobbyfotograf Gimpl großteils selbst gemacht hat. Riesige Eisformationen und ein Dorf aus bunten Häusern in Grönland oder schroffe Felsen in Alaska.
Auf die Abschlussfrage in unserem Interview - was er denn in Zukunft beruflich machen möchte - antwortet Stefan Gimpl ausweichend und mit einem Schulterzucken. Offenbar hat sich der ehemalige Snowboard-Profi darüber noch keine großen Gedanken gemacht. Nachwuchsfahrer wie etwa Clemens Schattschneider schon. Er sieht in ihm bereits den perfekten Trainer. Wer Stefan Gimpls Fotos im Bildband "JOY" gesehen hat, weiß, dass der Mann auch in diesem Bereich durchaus Berufschancen hätte und das Zeug dazu, groß rauszukommen.
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