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Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

24. 12. 2011 - 07:00

Weihnachten - Nur noch Geschäftemacherei?

Ein Text zum Nachdenken

Eigentlich sollte an dieser Stelle das Tagebuch zum Jahr des Verzichts erscheinen.
Doch seit einigen Tagen sitzt mir der Federkiel nicht mehr so locker in der Hand wie gewohnt. Die närrischen Lach- und Sachgeschichten aus meinem ansonsten heiteren Alltag voller Boogie Woogie wollen einfach nicht den Weg auf das leere Blatt finden, auf das ich Nacht für Nacht fruchtlos starre.
Mir brennt nämlich ein anderes Thema als die heitere monatliche Entsagung unter meinen abgenagten Fingernägeln.

Mut und Courage sind jene Eigenschaften, für die ich weit über die Grenzen des 18. Bezirks hinaus bekannt bin. Doch auch mein Heldenmut hat seine Grenzen.

Nach langem Hadern soufflierte mir mein Gewissen dann aber, was zu tun war: „Du bist jung“, sagte es mir, „ein wackeres Herz bebt in deinem stolzen Busen – Steh auf und schrei in die Welt hinaus, was du zu sagen hast!

Blieb nur noch Skepsis darüber, ob man ein derart heißes Eisen auf einer öffentlich-rechtlichen Webseite anfassen darf. Diese Frage war der Ausgangspunkt für stundenlange Telefonate und zahllose Emails mit der Redaktion, die sich erst nach drei Sondersitzungen zum Entschluss durchringen konnte, meine Schocker-Story tatsächlich zu bringen.

So soll es nun also sein:

Weihnachten – Nur noch Geschäftemacherei?

marc carnal

Bis vor wenigen Jahren war Weihnachten die schönste Zeit des Jahres. Pausbäckige Kinder bekamen beim Anblick von Apfel, Nuss und Mandelkern strahlende Augen, die Luft war im lieben Advent erfüllt vom süßen Duft der herrlichen Weihnachtsbäckerei, Jung und Alt freuten sich auf den Heiligen Abend, wenn sich die ganze Familie in Andacht um den prächtig erleuchteten Christbaum versammeln sollte, wo für die Kleinen auch das eine oder andere kleine Präsent warten würde. Eine Puppe für die kleine Erika und da! Eine ganze Kiste Bausteine für den lieben Paul!
Nach der Bescherung labte man sich demütig am köstlichen Braten und ging dann glückselig zu Bett.

In den letzten Jahren begann allerdings – anscheinend selbst von den wachsten Geistern fast unbemerkt – eine schleichende Entwicklung, die meiner Meinung nach die stillste Zeit des Jahres ernsthaft gefährden könnte:

Manche Konzerne scheinen nämlich geschäftstüchtig und niederträchtig genug zu sein, die wahren Werte des Weihnachtsfestes zu ignorieren und die frommen Wünsche unserer lieben Kinder auszunützen, um noch mehr Gewinn zu machen!

marc carnal

Die grelle Reklame beeinflusst unsere Kleinsten und lässt sie unbescheiden werden. Sorgten bis vor kurzem noch Mandarinen und Konfekt für heiteres Krähen, wünschen sich Kinder zunehmend teure und pädagogisch nicht immer wertvolle Geschenke wie Pistolen, Pornorap-CDs oder Videospiele. Bekommen die Schulkameraden derartig Schändliches, fleht rasch auch der eigene Filius nach teuflischen Gaben. In anderen Fällen wünschen sich Töchter nach der Lektüre von Modemagazinen ausgerechnet in der kalten Jahreszeit knappe Blusen oder Miniröcke, um ihre ohnehin schon frühreife Entwicklung schier noch zu unterstreichen.

Aber auch viele Erwachsene sind nicht vor einer steigenden Kaufwut gefeit, indem sie meinen, selbst für Arbeitskollegen oder Freunde Geschenke kaufen zu müssen. So wird bei immer mehr Mitmenschen der eigentlich für Besinnlichkeit und Einkehr gedachte Advent zum hemmungslosen Konsum genutzt.
Die Wirtschaft freut sich ob der Fehlgeleiteten und reibt sich genussvoll ihre schmierigen Hände.

Wohin soll das führen?

Dient unser geliebtes Weihnachtsfest in Hinkunft etwa nur noch der Geschäftemacherei? Werden irgendwann schon Mitte November (sic!) die Auslagen mit bunten Zweigen locken, um den Profit noch weiter zu steigern?

Ich sage: Nein!

Wir müssen uns wieder auf die wahren Werte der Weihnachtszeit besinnen – Liebe, Gemeinschaft, Besinnlichkeit, Bescheidenheit und Demut. Denn sonst wird es in ferner Zukunft für viele Menschen nur noch darum gehen, so viel und so teuer wie möglich einkaufen zu gehen. Das darf nicht sein!

Mit diesen mahnenden Worten schließe ich meinen Aufsatz, der hoffentlich so manchen Leser wachgerüttelt und ihm womöglich einen Spiegel vorgehalten hat. Ich bin durchaus auf heftige Reaktionen im Forum gefasst, da meine Polemik wahrscheinlich so manchem einen Schritt zu weit gegangen ist. Doch sehe ich es als meine Aufgabe, die sich mir bietende Öffentlichkeit auch zur bewussten Provokation zu nutzen und derartig unbequeme Themen aufzugreifen. In diesem Sinne:

Frohe Weihnachten!