Erstellt am: 19. 12. 2011 - 13:37 Uhr
Kim Jong Il looking at death
Kim Jong Il ist tot. Eigentlich schon seit Samstag, seit heute offiziell. "Gestorben aus Ermüdung beim Zugfahren", heißt es. Kim Jong Il ist überall mit dem Zug hingefahren. Er hatte nämlich angeblich Flugangst. Solche völlig unwichtigen Details sind es, die den selbsternannten Halbgott des Sozialismus von anderen Terror-Diktatoren seines Schlages abheben. Kim Jong Il war nicht nur ein tyrannischer Despot, er war auch eine dankbare Witzfigur.
Wenn Ihnen in diesem Artikel zu oft das Wort "Diktator" unterkommt, tauschen Sie das Wort einfach mit einem aus dieser fantastischen Liste aus.
Um beim Zugfahren zu bleiben: Als Kim Jong Il letztens auf Staatsbesuch in China war, haben seine Adjutanten die Scheiße des seit 1994 amtierenden Diktators wieder mit nach Nordkorea genommen. Damit nur ja nichts über den Gesundheitszustand des seit Jahren von Schlaganfällen gebeutelten Kims nach außen dringt. Und wieder haben alle gelacht. Konnte man dieser Karikatur seiner selbst überhaupt böse sein, nur weil jeden Winter zigtausend Menschen verhungern? Was wissen wir schon über Nordkorea. Das, was ausgewählte Journalisten erzählen, die auf Wirtschaftsdelegationen mitfahren dürfen. Und das ist eigentlich immer das gleiche: Kein Strom, potemkinsche Städte, falsche Menschen und bizarre Kulte, die am Ende dann wieder lustig sind.
reddit.com
Kim Jong Il war exzentrisch wie viele andere Diktatoren auch. Er hat sich selbst zahlreiche Namen gegeben und war ein großer Hollywood-Fan. Nach dem Schlaganfall ließ er sich in die eigenen Fotos retouchieren. Die Photoshop-Kenntnisse der nordkoreanischen IT-Elite sind aber leider rudimentär. Und wieder haben wir gelacht. Als es die nordkoreanische Fußballmannschaft tatsächlich zur WM in Südafrika geschafft hat, wurde das taktische Panzer-Konzept 5-4-1 belächelt. Genauso wie der Versuch des Trainers, einen Stürmer als dritten Torwart auszugeben. Nach der Achtungs-Niederlage gegen Brasilien entschied sich das nordkoreanische Staatsfernsehen, die nächste Partie live zu übertragen. Die 7:0-Niederlage gegen Portugal war dann eher peinlich. Wir haben übrigens gelacht.
http://kimjongillookingatthings.tumblr.com/
Die größte Aufmerksamkeit in der Meme-geilen Web-Gemeinde erreichte allerdings ein tumblr unter vielen. Kim Jong Il looking at things zeigt den Diktator dabei, wie er Sachen ansieht. Meistens Sachen, die in Nordkorea nicht zum Alltag gehören. Essen zum Beispiel. Oder elektronische Gerätschaften(mehr darüber gibt's beim Kollegen Pausch). Diese Website ist es auch, um die sich die Online-Menschen heute große Sorgen machen. Wie wird es weitergehen? Wird das Archiv noch ausgeschlachtet? Wird die Website gar in "Kim Jong Un looking at things" umbenannt? Der an sich gute Blog BoingBoing hat neben dieser Angst noch eine andere: "I think I just heard every venture capital firm fire up their private jets." Da stirbt ein menschenverachtender Diktator und wir haben Angst vor Investoren, die den sozialistischen Traumstaat ausbeuten wollen? Ohne die Lage in diesem Land auch nur ansatzweise zu kennen, schlimmer kann es wohl nimmer werden.
Die Website Kim Jong Un looking at things gibt es natürlich schon. Danke an fatmike182 für den Hinweis!
twitter.com/jstrevino
"I'm so ronery"
Kim Jong Il ist neben seinen seltsamen Aktionen auch deshalb so lustig gewesen, weil er an sich unterdrückten Stereotypen über Asiaten so ausufernd entsprach. Klein, seltsame Sprache, aggressiv, drollig. Wenn wir schon nichts über das Land wissen, dürfen wir es dann nicht einfach lustig finden? Natürlich nicht. Getan haben wir es aber trotzdem. Niemand hat dieses Klischee besser bedient als Matt Stone und Trey Parker, die Macher von South Park. In ihrem epochalen Puppenfilm-Standardwerk "Team America" ist Kim Jong Il Anführer einer Weltverschwörung gegen den Westen. Warum er das tut? Na, weil er so einsam ist.
In diesem Sinne: Einmal noch lachen und ab morgen auch mal daran denken, dass es in Nordkorea eher unlustig zugeht.