Erstellt am: 17. 12. 2011 - 19:00 Uhr
Die FM4-Charts vom 17. Dezember
- Die FM4 Charts vom 17.12.2011
- Brand New – Die Neuvorstellungen der Woche
Nachdem ich jetzt ein paar Wochen Rücken-technisch außer Gefecht war, habe ich mich heute auf eine ganz normale Charts-Sendung gefreut und mir auch schon ein bisschen was für diesen Blogeintrag überlegt – konkret wollte ich an dieser Stelle ein Loblied auf das österreichische Gesundheitssystem singen, das es aktuell allerdings mit Zähnen und Klauen zu verteidigen gilt.
Dann bemerkte ich, dass dies bereits die letzte reguläre Sendung im Jahr 2011 ist, denn der Feiertagsteufel hat heuer versagt – und den Heiligen Abend just an einen Samstag gesetzt (was natürlich bedeutet, dass jene arbeitenden Menschen die ihr Hobby nicht zum Beruf machen konnten und deshalb über Freizeit sehr froh sind ein bisschen zum Handkuss kommen, da natürlich auch der 25.12 und der 1.1. umfällt). Am Sylvester-Tag finden übrigens wieder die Jahrescharts statt – auch keine reguläre Show.
Und aus diesem Anlass möchte ich ganz fragmentarisch ein bisschen Kaffeesudlesen, wie an solchen Tagen ja üblich also ein wenig „vorausblicken“: Was wird uns im jungen Jahr 2012 in Sachen Lebensstandard erwarten?
Aktuell untersucht die US-amerikanische Ratingagentur S&P die österreichische Bonität und noch ist die Gefahr einer Herabstufung aktuell. Natürlich kann man zu Recht sagen, was interessiert mich das Gewäsch so eines Orakels (das vor 3 Jahren ein Mitauslöser der Krise war) – allerdings leiten sich aus dieser Bewertung direkte Kreditkosten in Form von höheren Zinsen ab.
Und das wäre in einer Zeit des Sparens wohl auch für ein so reiches Land wie Österreich ein harte Nuss. Immerhin hat die Bundesregierung bereits Einsparungen von etwa zwei Milliarden für 2012 beschlossen, vor allem die ÖVP möchte statt neuer Steuern in erster Linie bei den bekannten Bereichen Pensionen, Gesundheit und Verwaltung sparen.
Und abgesehen davon, dass dieses in die Krise sparen nicht erst seit dem tragischen Beispiel aus Griechenland hochumstritten ist (was soll dann einer künftigen Rezession entgegen gesetzt werden?), ist im Bereich Gesundheit bereits jetzt Feuer am Dach.
Möchte man etwa dem deutschen Börse-Analysten Dirk Müller rechtgeben (der aktuell in jeder zweiten TV-Debatte zum Thema sitzt), könnte man an dieser aktuellen Fallstudie schön die Systematik einer Vermögensverteilung, die frappant an jene von 1930 erinnert, nachzeichnen (vgl. etwa die jüngste OECD-Studie):
In Österreich etwa stehen einer Staatsverschuldung von rund 220 Milliarden Euro private Vermögen von wesentlich höherer Summe gegenüber – das Problem ist allerdings, dass diese Vermögen sehr ungleich verteilt sind. 10% der Bevölkerung halten rund 2/3 dieser Vermögen, während etwa die Hälfte der Menschen gar nichts davon hat.
Dennoch müssen alle Menschen in gleichem Maß die Kosten der Schulden, also die Zinsen und Zinseszinsen (aktuell macht Österreich neue Schulden um die Zinsen der alten zu bezahlen), erbringen. Und zwar ganz egal, wer sich verschuldet. (Und verschulden muss sich in unserem Schuldgeldsystem immer jemand, um Geld zu erschaffen, so Müller.) Denn die Zinsen des Staates zahlen die Bürger über Steuern, jene der Unternehmen über Preise (so stecken etwa in einer 50qm Mietwohnung über die Hälfte versteckte Zinskosten) und die eigenen zahlen sie sowieso.
Was bedeutet das? Das bedeutet, dass immer mehr Menschen unter immer härterem Spardruck stehen, also für immer weniger immer mehr arbeiten müssen. Während Reallöhne sinken, steigen Steuern, und die große Masse aller Lohnarbeit Verrichtenden (aber auch kleiner Unternehmer und Selbstständiger) steht unter immer stärkerem Druck, um jene Vermögenserträge zu erwirtschaften, die den obersten Schichten immer obszönere Vermögen bescheren (Eine Folge der exponentiellen Zinseszins-Kurve bei auch nur marginal positiver Realverzinsung).
Am Ende einer solchen Entwicklung steht, so Müller, immer Inflation, eine harte Währungsreform, großflächige Schuldenschnitte oder noch was Schlimmeres.
Doch noch – sollte dieses Szenario überhaupt realistisch sein – sind wir nicht soweit. Noch gibt es in Neustift am Walde keine Gated Communtiy für Superreiche und noch wird jedes Migrantenkind im AKH bei Blinddarm-Durchbruch sofort und optimal behandelt.
Im Übrigen ist exakt jenes Gesundheitssystem einer der wenigen Gründe auf dieses Land tatsächlich ein bisschen so etwas wie „stolz“ zu sein. Stolz auf den Umstand, dass es noch funktioniert – auch wegen des unermüdlichen und aufopfernden Einsatzes derer, die nach einem der schwierigsten Studien überhaupt für einen Nasenrammel in Nacht- und Wochenendschichten arbeiten. Die für lebensrettende Sofortmaßnahmen im 12-24 Stunden Rad einen Bruchteil dessen verdienen, was etwa jemand in der Unternehmensberatung für ein paar Powerpoint Sprechblasen abhebt (Oder für ein paar Seiten „Glücksspiel-Expertise“).
Und natürlich alle anderen PflegerInnern und HelferInnen die den ÄrztInnen in Sachen Einsatz um nichts nachstehen.
Und auch wenn es bereits Menschen gibt, die durch das soziale Netz fallen und ohne Krankenversicherung auf freiwillige Dienste wie jenen von AmberMed angewiesen sind ist es noch nicht zu spät endlich die Notbremse zu ziehen.
Die Notbremse vor der Schuldenbremse. Zumindest in diesem so wichtigen Bereich, an dem sich eine Gesellschaft messen lassen muss, und der sich zum Sparen und für „Sonderklassen“ nicht eignet.
Am Anfang des Jahres 2012 wird also vor allem die Solidarität der Österreicherinnen mit dem Personal der heimischen Krankenanstalten gefragt sein. Das wäre doch ein erster Schritt Herrn Müller zu zeigen, dass er doch nicht ganz Recht hat...
Jetzt noch ein musikalischer Blick auf die letzten regulären Charts dieses Jahres:
Auf Platz 3 landen diesmal Kasabian mit „Re-Wired“. Platz 2 geht heute an Sleeper Agent mit der Nummer „Get Burned“.
Und die neue Nummer 1 von FM4 kommt wieder mal von den Givers, heißt aber nun „Meantime“.
Damit ein schönes Weihnachtsfest, wir hören einander zu Sylvester ab 15 Uhr!