Erstellt am: 14. 12. 2011 - 14:15 Uhr
WKR-Ball am Holocaust-Gedenktag
Der Wiener Korporationsring (WKR) ist die Dachorganisation der schlagenden Studentenverbindungen in Wien.
Auch 2012 will der Wiener Korporationsring (WKR) seinen jährlichen Ball in der Wiener Hofburg veranstalten - diesmal ausgerechnet am 27. Jänner. Das ist jener Tag, an dem 1945 das Konzentrationslager Auschwitz befreit wurde und der von der UNO offiziell ausgerufene Holocaust-Gedenktag. Die Kritik am WKR-Ball 2012 ist deshalb noch schärfer als üblich.
Mehrere Organisationen haben heute die Gründe für ihren Protest dargelegt, darunter SOS Mitmensch, das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands und die Israelitische Kultusgemeinde. Letztere stört sich vor allem am geplanten Datum des Balls, das, so Präsident Ariel Muzicant, schmerzhaft sei: „Sie müssen sich vorstellen: Ein Drittel des jüdischen Volkes wurde umgebracht. Es gibt keine jüdische Familie, die nicht Opfer hatte und die nicht Familienmitglieder verloren hat. Mit dem 27. Jänner ist die Erinnerung verknüpft, dass wir keine Großeltern hatten, keine Tanten und Onkeln hatten, dass wir kaum Verwandte haben und dass es überhaupt ein Wunder ist, dass es uns heute gibt, weil unsere Eltern irgendwie davongekommen sind. Wenn sich jetzt einige hundert Herrschaften in die Hofburg begeben, dann frage ich mich: Was tun die dort? Feiern die zwei Millionen Tote von Auschwitz? Tanzen sie sozusagen auf sechs Millionen toten Juden? Was denken sie sich dabei? Und ich glaube, sie tun das ganz bewusst.“
Internationales Treffen der Rechtsextremen
Für Heribert Schiedl vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands ist der WKR-Ball nicht nur ein gesellschaftliches Ereignis, sondern ein politisches und internationales: „Es ist von europäischer Dimension. Die FPÖ legt ihre Vernetzungstreffen der europäischen extremen Rechten spätestens seit 2002 terminlich immer so fest, dass sich das mit dem WKR-Ball als gesellschaftliches Rahmenereignis ausgeht. Da waren auch Vertreter der neonazistischen NPD zu Gast, da waren spanische Neofaschisten, russische Antisemiten.“
APA/Oczeret
Auch Hans-Henning Scharsach, Rechtsextremismus-Experte und Autor der Bücher "Haiders Kampf" und "Die Ärzte der Nazis", zieht Parallelen zwischen schlagenden Verbindungen und Neonazis: „Cimbria oder Teutonia haben praktisch die ganze Mannschaft von Gottfried Küssels VAPO integriert. Küssel, der die Zerschlagung der Demokratie, die Wiedererrichtung des Führerstaats, die Wiederzulassung der NSDAP als Wahlpartei gefordert hat. Das sind die Herrschaften, die jetzt am Auschwitz-Gedenktag auf einem Ball in der Hofburg tanzen.“
Keine Stellungnahme, keine Hofburg ab 2013
Die FPÖ wollte zu den Vorwürfen, der Ball finde am Holocaust-Gedenktag statt, heute nicht Stellung nehmen. Die Betreibergesellschaften der Hofburg haben bereits Anfang Dezember angekündigt, das Gebäude ab dem übernächsten Jahr - also 2013 - nicht mehr für den WKR-Ball zur Verfügung zu stellen. Für Nadja Lorenz von SOS-Mitmensch ist das zu wenig. Der Ball am internationalen Holocaust-Gedenktag 2012 würde Österreich schaden, sie fordert eine Absage: „Die Gründe für einen Ausstieg sind offensichtlich, aber das Risiko besteht maximal in Schadenersatz, also Geld - das sollte es wert sein.“ Für den Fall, dass der Ball wie geplant stattfindet, kündigt SOS Mitmensch Aktionen an. Man sei gerade in der Planung.