Erstellt am: 13. 12. 2011 - 16:56 Uhr
Piratenjagd und Websperren
Die EU-Kommission heuert Karl-Theodor zu Guttenberg als "Beauftragten für Internet-Freiheit" an. Der CSU-Politiker verlor Anfang des Jahres zuerst seinen Doktortitel und dann seinen Job als deutscher Verteidigungsminister, weil aufgeflogen war, dass er große Teile seiner Dissertation abgeschrieben hatte. Darüber, dass ausgerechnet der "Copy-and-Paste-Spezialist" Guttenberg für EU-Internet-Agenden verantwortlich sein soll, schüttelte man beim VAP oder mit vollem Namen "Verein für Anti-Piraterie der Film- und Videobranche" (sic!) heute Vormittag den Kopf.
Anlass zum Treffen war allerdings gar nicht der neue Job des ehemaligen deutschen Wirtschafts- bzw. Verteidigungsministers. Eigentlich präsentierte der VAP heute seinen alljährlichen Tätigkeitsbericht.
Der VAP existiert seit 2003. Damals schickte der Verein Privatdetektive auf Plätze wie den Wiener Naschmarkt, um die Verkäufer raubkopierter DVDs vor Gericht zu schleppen. Weil der DVD-Schwarzmarkt heute kaum noch existiert, hat der Verein diese Tätigkeit minimiert. Geringe Priorität haben außerdem Klagen gegen einzelne Filesharing-User in Österreich: „Wir führen derzeit keine Verfahren gegen User, die irgendetwas runter- oder hochladen", sagt Andreas Manak, Rechtsanwalt des VAP. "Wir haben seit längerer Zeit die Strategie gezielt auf große, kommerzielle Piraten-Plattformen ausgerichtet. Daher haben wir jetzt nicht mehr einen Haufen Verfahren gegen irgendwelche User, so wie wir das früher hatten."
Plattformen sperren
Das Hauptaugenmerk des VAP lag 2011 auf einer Klage gegen den Internet-Service-Provider UPC. Der VAP forderte UPC auf, die Website kino.to zu sperren. Zwei Richter entschieden zugunsten des VAP - also für das Sperren der Website. Zweimal legte UPC dagegen Berufung ein. Nun liegt das Verfahren bei der dritten Instanz. Andreas Manak: "Das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien haben unseren Rechtsstandpunkt bestätigt. Die Bestimmung §81 Abs. 1a Urheberrechtsgesetz ist eine taugliche Grundlage dafür, einen Access Provider zu verpflichten, bestimmte Websites zu sperren. Die Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof sind eingebracht. Wir werden sehen, was der OGH dazu sagt."
Wenn der Oberste Gerichtshof bestätigt, dass UPC den Zugang zu kino.to und seinen Nachfolge-Websites sperren muss(te), dann hat der VAP eine gute Handhabe, in Zukunft von allen Internet-Serviceprovidern die Sperre von Websites zu verlangen. Die Frage ist nur: Welche genau? Von 30-40 Websites spricht der VAP heute, aber ob damit Piratebay oder doch auch Youtube gemeint sein kann, wollte er nicht sagen: „Sites, die wirtschaftlich, vom Auftreten und vom Schaden für die Filmindustrie vergleichbar sind mit kino.to, werden wir auf unserer Liste haben und diesbezüglich werden wir auch eine Sperre verlangen. Nach unten gibt es immer eine Abstufung, wo man sagen muss, das ist nicht mehr so klar. Vielleicht wird auch das eine oder andere Mal eine Diskussion entstehen. Ein Access Provider wird vielleicht sagen, das sehen wir durch die Judikatur des OGH gedeckt und das werden wir sperren, weil das braucht man nicht noch einmal durchzuprozessieren, aber bei dieser Site sind wir nicht überzeugt, dass das so ist. Aber bei einer Meinungsverschiedenheit wird ein Richter sagen: Ja, das ist eine Urheberrechtsverletzung, daher lassen wir das sperren."
Niemand müsse die Befürchtung haben, dass mit der von UPC erzwungenen Sperre die Zensur des Web in Österreich losgetreten wäre, beruhigt der VAP. Damit die Internet-User nicht böse sind, wolle der Verein aber die Kommunikation verbessern, sagt Werner Müller, Geschäftsführer des Fachverbands der Film- und Musikindustrie und Generalsekretär des VAP: "Letztlich sind diese Menschen, die hier Filme und Musik stehlen, Konsumenten und künftige Konsumenten, die man zurückgewinnen muss. Und letztlich gibt es so viel Hunger nach Content wie nie zuvor, das wissen wir alle." Als vorbildhaftes Geschäftsmodell nennt der VAP das Musikportal Spotify, das vor kurzem in Österreich gestartet ist. Für Filme gibt es in Österreich aber keine ähnliche Plattform - vom reichen Angebot eines Hulu oder Netflix sind wir in Österreich noch weit entfernt.