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Roland Gratzer

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13. 12. 2011 - 14:52

Sex! Sex! Sex!

Wenn dieses Wort in Schlagzeilen vorkommt, ist die Recherche oft lückenhaft. Das beweist die KünstlerInnengruppe BirdBase mit der von ihr erfundenen "Ersten Sex Schule" in Wien.

Update: Es wird immer bizarrer. Laut Presse steht die Industriellen-Vereinigung hinter der Aktion. Zitat: "Mit der Aktion wollte die Organisation mit dem Vorurteil aufräumen, dass sich Junge politisch zahm verhielten und keine Ideen hätten, auf ein Thema mit wenig Mitteln aufmerksam zu machen."

Sex und Viecherl. Damit lässt sich in Österreich immer noch Auflage machen. Manche Zeitungen schaffen es sogar, auf zwei nebeneinander liegenden Seiten eine nackte Frau und auf der anderen ein armes Tier mit haufenweise Kindchenschema unterzubringen. Doch weil das immer so gut funktioniert, lässt der Recherche-Wille gerade bei solchen Themen schnell nach. Gleich zwei fantastische Enten hat es dieser Tage gebeben. In der einen geht es um den angeblichen Massenmord an ukrainischen Hunden, bei dem die dramatischen Bilder und Videos von überall, aber nie aus der Ukraine und schon gar nicht aus dem Jahr 2011 stammen. Die andere Knallerstory handelt von einer angeblich geplanten Sex-Schule in Wien. Das Medienecho zum Wochenend-Fick-Seminar war riesig. Blöd nur, dass das ganze ein Hoax der österreichischen KünstlerInnengruppe The BirdBase war. Elisabeth S. (26) ist Mitglied der Gruppe und hat mir ein (garantiert echtes) Interview gegeben:

Update 2: Das Gerücht ist mittlerweile bestätigt. Hinter TheBirdBase steckt die Junge Industrie. Mit diesem Hoax wollen sie dazu aufrufen, über das Thema Pension zu diskutieren. Reicht es, ungeschützten Sex zu haben, um das System zu retten?

Woher weiß ich jetzt, dass die gestrige Aufklärung, dass die ganze Story ein Hoax ist, nicht auch ein Hoax ist?

Wir sprechen doch gerade! Ich kann auch den ganzen Ablauf der Aktion erzählen. Wir haben seit Anfang des Jahres systematisch gearbeitet. Wir haben zu zehnt angefangen und mittlerweile sind wir fast 200 Leute, die mitmachen und dicht halten, damit wir den nächsten Streich vorbereiten können.

Gut, dann glaube ich euch das jetzt. Ihr wollt mit der Aktion auf die Misere des österreichischen Pensionssystems aufmerksam machen. Wie geht das zusammen?

Wenn schon die Politiker nicht reagieren, dann müssen wir was tun, wir Österreicher. Indem wir mehr Sex haben, haben wir mehr Kinder. Momentan haben wir eine Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Famile. Eigentlich müssten wir aber drei Kinder pro Familie haben, damit sich das Pensionssystem à la longue ausgeht.

Die einzige und echte Sex Schule der Welt gibt es natürlich hier.

BirdBase

So hat die Schule angeblich ausgeschaut.

Das ist aber ein ziemlich konservativer Ansatz und hat mit "Lust am Sex", die Verhütung einschließt, eigentlich nichts zu tun.

Wir wollten anfangs einen Fun Factor in die Diskussion bringen. Die Nachricht ging um die ganze Welt. Von Amerika, Japan, China bis Argentinien haben alle darüber geschrieben. Wir wollten damit einen medialen Druck aufbauen. Das haben wir schon bei unserem ersten Streich so gemacht. Wir haben Medien außerhalb Österreichs kontaktiert, damit danach die österreichischen Medien reagieren und eben dieser mediale Druck entsteht.

Die erfundene Sex Schule ist nicht der erste Streich der Gruppe. Im November haben sie Ausgaben von Kafkas "Das Schloss" an Schulen verteilt, die voll waren von Rechtschreibfehlern. Das Medienecho war auch dabei riesig.

Besteht nicht die Gefahr, dass wir uns zwar noch lange an die Aktion an sich erinnern werden, aber eure Botschaft dahinter untergeht?

Genau. Deshalb versuche ich jetzt, in Interviews allen klar zu machen, worum es uns geht. Nämlich darum, dass die Leute drüber reden, dass endlich was getan werden muss. Wenn die Politiker nicht handeln, müssen wir sagen: 'Leute, stellt euch auf die Beine und macht was.' Das war unser Hintergedanke.

Und das ist in dem Fall "Ficken und Kinder kriegen"?

Ja! Wir mussten dazu eben einen Aufhänger finden. Sex sells, wie immer. Für viele ist das vielleicht weit hergeholt, aber im Endeffekt: Wir brauchen mehr Kinder für das Pensionssystem!

Ylva-Maria Thompson

BirdBase

Ylva-Maria Thompson gibt es zwar wirklich, ihren Job als Direktorin der Sex Schule wird sie aber nicht antreten.

Könnt ihr jetzt der Versuchung widerstehen, eine Viral Marketing Firma zu werden? Ihr habt schließlich sichtlich Talent im viralen Verbreiten von Inhalten und im Marketing ist das doch gerade das ganz große Ding.

Sagen wir mal so: Wenn jemand mit uns eine Firma aufmachen will, gerne! Momentan haben wir noch nicht daran gedacht, aber das könnte man machen. (lacht)

600 Leute haben sich bei euch gemeldet, um an den Kursen teilzunehmen. Was macht ihr denn mit den ganzen Kundendaten?

Wir werden die Daten löschen, ganz klar. Die Schule gibt es ja nicht. Außerdem haben wir die Emails nicht gelesen. Wir werden allen schreiben, worum es wirklich ging. Aber wenn jemand diese Schule wirklich aufmachen will, feel free to do it! Anscheinend wird eine solche Schule auch benötigt, weil uns so viele Leute geschrieben haben.