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2. 12. 2011 - 16:50

Land Grabbing in Uganda

Mit Waffengewalt vertrieb die ugandische Armee im Sommer 2001 mehr als 2000 Menschen von ihrem Grund und Boden. Das Militär schuf Platz für die Kaffeeplantage eines deutschen Investors. Seit zehn Jahren kämpfen die Vertriebenen vor Gericht um eine Entschädigung für das enteignete Land.

von Rebecca Truska

„Wake Up and Fight for Your Right“, nennt sich die Gruppe der Vertriebenen, die in Wien durch ihren Sprecher Peter Kayiira vertreten wird. Er ist auf Einladung der Menschrechtsorganisation FIAN (Food First Informations- und Aktionsnetzwerk) in Europa, um über den Fall des Land Grabbings in Uganda zu berichten.

Es war ihre Heimat und die Bewohner im Bezirk Mubende wollten ihre Dörfer nicht freiwillig verlassen. „Laut der Verfassung Ugandas steht uns das Land rechtmäßig zu“, sagt Peter Kayiira, der Sprecher der Vertriebenengruppe „Wake Up and Fight for Your Right“. Die Regierung entsandte als Reaktion auf den Widerstand das Militär. Mit scharfer Munition wurden 400 Familien gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben und flohen in die umliegenden Wälder. Ihre Häuser, Schulen und Kirchen wurden abgebrannt, ihre Vorräte geplündert.

Enteignung im „öffentlichen Interesse“

„Die Enteignung fand mitten in der Regenzeit statt, es war nass und kalt. Wir waren völlig ohne Schutz, alte Menschen und Kinder sind in Folge dieser Strapazen gestorben.“, berichtet Peter Kayiira. Die Soldaten blieben nach der Aktion in Mubende. „Aber sie waren für den Schutz der Plantagebetreiber dort und nicht für ihre Mitbürger“, so Peter Kayiira weiter.

Menschen in Mubende

Ralf Leonhard, FIAN, 2009

Die Enteignung erfolgte im öffentlichen Interesse, heißt es von Seiten der Regierung. Die Kaweri Coffee Plantation Ltd., eine Tochterfirma der deutschen Neumann Kaffee Gruppe, hat das Land offiziell von der UIA (Uganda Investment Authority) gepachtet. Die Regierung förderte das Großprojekt mit dem Ziel, in der strukturschwachen Region die Wirtschaft anzukurbeln. „Die Frage ist, wie definiert man öffentliches Interesse? Ist es das Interesse des Staates und seiner Funktionäre, oder der Gesamtheit der Bevölkerung?“, fragt Ralf Leonhard von FIAN. Armut ist in Uganda vor allem auf dem Land zu Hause. Ein Fünftel der Bevölkerung ist unterernährt, zehn Millionen Menschen leben unter der Armutsgrenze. Die meisten sind Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die von der Subsistenzwirtschaft leben, sich also von dem ernähren, was sie selbst anbauen.

Mehr Anbau, weniger Nahrung

Die Regierung will die Armut durch einen Wandel von einer Subsistenzwirtschaft zu einer exportorientierten Wirtschaft bekämpfen. Das Ziel ist es, die Ernteergebnisse zu optimieren und den großflächigen Anbau zu fördern.

Die Kaweri Kaffeeplantage

Ralf Leonhard, FIAN, 2009

Die Kaweri Kaffeeplantage

Die Liberalisierung der Landmärkte und die Abschaffung von Restriktionen für ausländische Investoren schufen Anreize für Direktinvestitionen. Länder wie Ägypten oder Indien, die selbst unabhängig von Nahrungsmittelimporten werden möchten, lagern ihre Nahrungsmittelproduktion aus. Die Pachtverträge laufen bis zu 99 Jahren und der Export wird oft vertraglich zugesichert, unabhängig von der Versorgungslage in Uganda. So pachtet Ägypten zum Beispiel über 800.000 Hektar Land, auf dem es Weizen für seine Bevölkerung anbaut. Das entspricht der Größe des Bundeslandes Salzburg. Die Heibei Company aus China züchtet auf 40.000 Hektar Land Geflügel, Rinder und Mais, ebenfalls rein für den Export.

In Uganda leben 80 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Gebieten, fast die Hälfte von ihnen ist auf die Selbstversorgung angewiesen. Durch die Verpachtung des Bodens, verlieren sie den Zugang zu Land und Wasser und damit die Möglichkeit, sich zu ernähren. Sie geraten in eine immer stärkere Abhängigkeit von freien Märkten und importierten Nahrungsmitteln. Trotz Rekordernten steigt die Zahl der Hungernden.

Zehn Jahre vor Gericht

Im Bezirk Mubende sehen die Vertriebenen wenig vom wirtschaftlichen Aufschwung den die Plantage in ihre Heimat bringen sollte. „Als Saisonarbeiter bewirtschaften manche von den Vertriebenen nun ihr eigenes Land für den Konzern. Für unter einem US Dollar am Tag bauen sie Kaffee an, wo sie eigentlich Getreide säen würden. Und von einem Dollar am Tag können sie ihre Familien nicht ernähren.“, sagt Peter Kayiira. Der Bau der Plantage hat in Mubende Arbeitsplätze vernichtet, statt neue zu schaffen, klagt er.

Peter Kayiira

Brigitte Reisenberger, FIAN, 2011

Seit zehn Jahren kämpfen die Enteigneten vor Gericht um eine Entschädigung, aber der Fall musste immer wieder vertagt werden. Die Angeklagten, die ugandische Regierung und die Betreiber der Plantage, sind einfach nicht vor Gericht erschienen. Der Prozess wurde systematisch behindert: „Die Regierungsseite versucht uns einzuschüchtern und den Prozess so lange zu verschleppen, bis wir aufgeben. Als sie gemerkt haben, dass wir nicht aufgeben, haben sie mich sogar für einige Zeit ins Gefängnis gesteckt.“, so Peter Kayiira.

Mubende als Land-Grabbing Präzedenzfall?

Im Jahr 2009 reichte die Gruppe „Wake Up and Fight for Your Rights“, mit der Unterstützung von FIAN, eine offizielle Beschwerde gegen die Betreiber der Kaffeeplantage im deutschen Bundeswirtschaftsministerium ein. Seitdem ist Bewegung in den Fall gekommen. Die Neumann Kaffee Gruppe, Betreiber der Kaweri Coffee Plantation Ltd., hat mit den Vertriebenen Kontakt aufgenommen, weist aber jegliche Schuld von sich. Sie hätten das Land unter der Annahme gepachtet, „dass es bei der Übergaben unbewohnt sei und alle rechtmäßigen BewohnerInnen entschädigt wären“, so die Neumann Gruppe 2002. „Die Neumann Gruppe kennt natürlich die ugandische Verfassung. Sie beruft sich auf den Staat, sagt, dass sie von der Regierung grünes Licht bekommen haben und von den Sicherheitskräften unterstützt wurden. Verantwortliches Unternehmertum sieht anders aus“, so Ralf Leonhard von FIAN.

In wenigen Wochen wird der Prozess fortgesetzt. Peter Kayiira ist zuversichtlich, dass der Fall zu Gunsten der Vertriebenen entschieden wird: „Wenn wir gewinnen, wird dieser Erfolg ein Wendepunkt im Kampf für die Menschenrechte sein. Andere Gruppen weltweit werden dann leichter um eine Entschädigung im Fall von Land Grabbing kämpfen können.“

Was kann ich tun?

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Die OEZA (Österreichische Entwicklungszusammenarbeit) unterstützt Uganda finanziell und organisatorisch dabei Armut zu vermindern, Frieden zu sichern und die Umwelt zu schützen. Missachtet Uganda die gemeinsamen Ziele, so kann es von Österreich zur Rechenschaft gezogen werden. Dafür muss aber zuerst Aufmerksamkeit bei den zuständigen Behörden geschaffen werden. Aktiv werden, heißt seine Stimme zu nutzen. Ein Email ans Außenministerium mit dem Hinweis auf die Geschehnisse in Uganda reicht da schon aus, sagt Gertrude Klaffenböck von FIAN Österreich. Das Ministerium ist angehalten die Themen dann bei Treffen mit Vertretern aus Uganda anzusprechen.

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