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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

26. 11. 2011 - 18:58

Die FM4 Charts vom 26.11.

Ich liebe Austropop.

Tatsächlich gäbe es heute ausreichend Anknüpfungspunkte, die Empörungsmaschine in den Schleudergang zu schalten, allen voran ein Interview der Bundesministerin für Finanzen – das sich bereits zum kleinen Quotenrenner aufdirndlt.

Da spricht sie davon, dass der Arbeitnehmerflügel der ÖVP (wir sprechen wohlgemerkt von ihrer Nachfolgerin im Innenresort) drauf und dran sein, die „Sozialisten links zu überholen“ oder erneut davon, dass wir „über unsere Verhältnisse gelebt hätten“. Dabei lässt sie allerdings meist außer Acht, dass erst die Finanz- und Bankenkrise die Schuldenkrise induziert hat.

Sei es wie es sei, man wird Frau Fekter nicht mehr ändern, wer einmal den Vergleich mit Maggie Thatcher als Kompliment verstand, wird wohl auch nicht daran interessiert sein, die massive Schieflage von Einkommen und Vermögen zu korrigieren.

Eine traurige Nachricht aus dem richtigen Leben, also der Welt der Musik, der Gefühle und der Schmerzen hat uns alle am Donnerstag ereilt. Einer der letzten großen Vertreter einer Phase österreichischen Musikschaffens, die lange Zeit als „Austropop“ bezeichnet wurde, hat sich an diesem Vormittag das Leben genommen – Ludwig Hirsch.

Vor allem mit seinem melancholischen Liedzyklus der Marke Dunkelgrau hat er einst meine Ohren und Herz erobert, trotzdem hatte er immer auch eine andere, nachgerade humoristische Seite – mit fast schon britischem Humor der mit Wiener Morbidität schwanger ging.
Und auch mit diesen vermeintlich lustigen Liedern hatte er, wie Danzer, die Gabe, Menschen die sonst nicht viel über Gesellschaft nachdenken, auf Widersprüche aufmerksam zu machen.

Ich weiß nicht, ob alle Menschen die irgendwann in den 70er oder 80er Jahren als Kinder „Spuck den Schnuller aus“ oder „Die Omama“ mitsangen, die Größe dieser Texte überblickten.Wohl kaum, umso wertvoller sind die Gedanken und Zweifel die Ludwig Hirsch damit säte, in unseren kindlichen Hirnen – und zwar über Melodien die besser noch als Bilder haften bleiben. Denn Gerüche und Melodien bleiben, wo die meisten Bilder verblassen. Für immer.

„Oma, pfiate Gott mochs drüben besser,
Moch kane Knedl für die Engerl, sei so guat,
Tua net die Heiligen sekkieren,
Tua net den Opa denunzieren,
Und gehst zum Herrgott auf Besuch a guater Tipp:
Omama nimms Mutterkreuz net mit.“

Am Tag der Todesnachricht schrieb mein Freund und Kollege Christian Fuchs, der sich seit einiger Zeit wieder intensiv mit dem Werk Hirschs beschäftigte und dabei auf gewaltige und dunkle Schönheit im Sinne früher Gothic-Phasen stieß, sinngemäß per Facebook: Mit dem Ableben von Qualtinger, Kreisler, Danzer, Falco, Supermax und nun auch Hirsch lebt von seinem persönlichen „Austropop“-Kanon niemand mehr.

Den frühen Woiferl müsste ich hier vielleicht noch anführen und, mit einigem Bauchweh, natürlich schon auch die eine oder andere frühe Single vom Raini.Und trotzdem muss man sich um den „Austropop“ keine Sorgen machen.

Vielleicht würde es die Genannten sogar freuen, dass nun, nach Jahrzehnten der Versenkung (als nahezu ausschließlich Willi Resetarits die Stellung hielt) plötzlich wieder Bienen, Hummeln und Schmetterlinge über die trocken geglaubten Wiesen des österreichischen Mundart-Pop (was für ein schreckliches Wort, ich glaube ich bleib doch bei Austropop) summen.

Ob das im Bereich derer ist, die auf Ö3 gespielt werden und davon sogar leben können, wie etwa Hubert von Goisern mit seiner grandios-geldkritischen Comeback Single – oder in den Nischen: Es „wurlt“, und das ist gut.
Vom Nino aus Wien bis zum Debutalbum des hochgeschätzten ehemaligen Kollegen Gerald Votava – wo mich gestern Abend eine Single im Autoradio so richtig erwischt hat.

Wo die lief? Bei Eberhard Forcher auf Ö3, übrigens auch so ein Guter. Die verbliebenen Altstars der ersten, großen Dialektwelle, also vor allem Fendrich und Ambros, werden übrigens gut daran tun, die Brücke zu dem was da neu entsteht behutsam mit aufzubauen. Jene die immer schon Verbindungen zwischen den Welten herstellten, etwa Größen wie Ernst Molden oder eben der Willi, werden dabei sicher behilflich sein. Damit Austropop nicht wieder irgendwann in so einer uncoolen Schublade der Musikgeschichte verschwindet. Es warat doch schod drum.

Kurz noch zu den Dialekt-freien Charts:
Da landen die Drums mit „How It Ended“ auf Platz 3.
Platz 2 geht an die French Films mit „Pretty in Decadence“.
Und die tatsächlich gigantisch-große neue Nummer 1 von FM4 stammt von den Caged Animals und heißt „Teflon Heart“.

Caged Animals Bandfoto

Caged Animals

Caged Animals

A scheens Wochenende!