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Rainer Springenschmid

Punk & Politik, Fußball & Feuilleton: Don't believe the hype!

24. 11. 2011 - 17:43

Ludwig Hirsch 1946-2011

Die dunkelgraue Seite des Austropop: Der melancholische Humorist, Schauspieler und Musiker Ludwig Hirsch ist gestorben.

"Ha, Ha, Ha, Ha-tschi-hi" trällert der Chor und ich bin schon gewonnen. Als Gel' Du mogst mi aus dem Radio tropft, eine picksüße Coverversion eines picksiaßn Elvis, da weiß ich: hier ist ein Großer am Werk. Und endgültig fängt er mich mit Schick di doch selber Deiner Freundin in an Packerl.

Ich habe Ludwig Hirsch als Humoristen kennen und schätzen gelernt, im Gegensatz zum Kollegen Christian Fuchs, der ihn in seiner Grufti-Phase als Gesinnungsgenossen von Joy Division und Sisters of Mercy begreift, mit seiner Depri-Hymne Komm, großer schwarzer Vogel und der morbiden Grundstimmung, die über vielen seiner Lieder liegt.

Ich mag an Ludwig Hirschs Liedern den unprätentiösen Humor, der nie selbstgefällig ist, der nicht auf billige Gags schielt, aber auch seine Hintergründigkeit nicht vor sich her trägt, bei dem einem das Lachen nur einen Augenblick im Halse stecken bleibt, ehe man den aufkommenden Betroffenheitsgestus dann doch wegkichert. Auch Ludwig Hirschs Bosheit war nie zeigefingrig oder kabarettistisch, er hielt der Gesellschaft keine Spiegel vor, er leuchtete nur mit der Taschenlampe gern auch dorthin, wo die Scheinwerfer nicht hinkommen.

Mit schmeichelweicher Stimme hat Ludwig Hirsch vom Herrn Haslinger erzählt, der so gerne Kinder mag, von der Tant' Marie, die an seiner unschuldigen kleinen Melodie stirbt, vom Leben als Leiche im Sarg, von der Liebe zu Menschen, mit denen man's ned leicht hat.

Ludwig Hirsch verkörperte die sympathische Seite des autoaggressiven Zynismus, den man den WienerInnen gerne zuschreibt. Er war ein begnadeter Stimmungstöter, er liebte es, eine Stimmung einen Song lang aufzubauen, um dann mit einem kleinen Haken, einer kleinen Pointe, dem gerade erst gemalten Bild einen dunkelgrauen Strich zu verpassen.

Das alles wäre aber nicht einmal halb so faszinierend, hätte Ludwig Hirsch nicht einen so souveränen Umgang mit Sprache gehabt. Er war sophisticated wie nur was, poetisch ohne jeden Hauch von Kitsch und Selbstverliebtheit. Selbst wenn er kitschig sein wollte, leuchteten Melancholie, trockene Poesie und weirder Humor durch.

Beim Wiederhören seiner bekannten Lieder, bei I lieg am Ruckn, bei Spuck Dein Schnuller aus, beim Großen Schwarzen Vogel wundert man sich, was früher so alles problemlos im Radio lief, und wie es Ludwig Hirsch gelang, die schrägsten und schrecklichsten Dinge in fröhliche kleine Lieder zu verwandeln.

Ludwig Hirsch ist heute im Wiener Wilhelminenspital gestorben.