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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

15. 11. 2011 - 16:13

Occupy Wall Street

In der Nacht auf Dienstag hat die Polizei das New Yorker Protestcamp von Occupy Wall Street zwangsgeräumt.

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Wie viele in New York wurde auch ich heute Morgen von der Nachricht überrascht, dass der Park im Herzen Downtowns in einer Nacht- und Nebelaktion von der Polizei geräumt wurde. Der Routineblick auf die OWS-Site kurz vor dem Schlafengehen am Montag ergab noch die Ankündigung für den Aktionstag am 17. November. Am Donnerstag geht die Protestbewegung in das dritte Monat. Mit einem Demonstrationszug an die weiträumig abgesperrte Wall Street will man erstmals einen breiten Fuß auf die symbolträchtige Adresse setzen und die dortigen Tagesgeschäfte lahmlegen.

Occupy Wall Street Räumung

AP/Craig Ruttle

Die Räumung kam nicht nur deshalb überraschend, weil man sich mittlerweile an die Zeltstadt gegenüber der World Trade Center Site gewöhnt hat. Sowohl Behörden als auch AktivistInnen setzten zuletzt auf Appeasment im Umgang miteinander. Die Proteste der vergangenen Wochen verliefen bis auf wenige Verhaftungen friedlich.

Im Big Apple waren rund um das Camp keine Todesopfer zu beklagen wie in anderen Städten. Dennoch dürfte der Bürgermeister angesichts der verschärften Tonart der landesweiten Proteste nervös geworden sein. Dazu die hygienische bedenkliche Situation, die ersten Spannungen innerhalb des Camps, Berichte über sexuelle Übergriffe, kurz: die ganze menschliche Malaise, die sich zwangsläufig ergibt, wenn sich das Leben mehrere Wochen lang auf kleinstem Raum reibt. Oder fürchtete man doch den angekündigten Marsch zur Börse? Die Bloomberg-Argumente bei der Pressekonferenz zur Räumung lauteten jedenfalls: Hygiene, Brandgefahr, Schutz der Anwohner und „the First Amendment protects speech – it does not protect the use of tents and sleeping bags to take over a public space."

Laut Bürgermeister wurden bei der großteils friedlich verlaufenden Zwangsräumung an die 200 Personen vorübergehend festgenommen. Wie vor einigen Wochen versprach man den Demonstranten, dass sie nach der Säuberung durch die Betreibergesellschaft wieder zurück in den Park dürfen - allerdings ohne Zelte und permanente Besatzungsgerätschaften. Diese Einschränkungen wurden jedoch heute Morgen per Gerichtsentscheid aufgehoben. Der Park bleibt bis zu einer Gerichtsanhörung um 11:30 Eastern Time vorerst offiziell geschlossen. Blog-Einträge und Medienmeldungen wollen jedoch wissen, dass sich der "Liberty Park" erneut mit AktivistInnen füllt und mehrere nahegelegene Plätze als temporäre Ausweichstellen dienen.

Occupy Wall Street Cleaning

Gothamist.com

Die OWS-Bewegung hat ohnehin nicht vor, ohne weiteres das Feld zu räumen. Mehrere Aktionen sind für den heutigen Tag angekündigt, ob man langfristig einen anderen Platz besetzten wird oder auch weiterhin am Zuccotti Park festhält, steht derzeit noch nicht fest.

Die Großaktionen am Donnerstag sollen wie geplant stattfinden. Auf der Website der Plattform heißt es u.a, dass es den AktivistInnen nicht um einzelne Besetzungen oder Demonstrationsstrategien ginge, sondern um ein gerechteres Wirtschafts- und Finanzsystem sowie die Wiederherstellung der Demokratie. Diese Forderungen hätten bereits weite Teile der Gesellschaft erfasst und ließen sich durch einzelne Räumungsaktionen nicht aus der Welt schaffen: "You cannot evict an idea whose time has come."

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