Erstellt am: 7. 11. 2011 - 10:54 Uhr
"Uns fehlt das Bekenntnis zum freien Hochschulzugang"
Noch bis diesen Donnerstag kann man das Bildungsvolksbegehren unterschreiben, es zielt auf ein inhaltliches Umkrempeln des österreichischen Bildungssystems ab: Von flächendeckender Versorgung mit Kindergärten über Schulreform und PädagogInnenausbildung bis zu Hochschule und Erwachsenenbildung.
Die Österreichische HochschülerInnenschaft war ursprünglich im InitiatorInnenkomitee des Bildungsvolksbegehrens, ist während des Entstehungsprozesses ausgestiegen. Jetzt ruft sie zwar zum Unterschreiben auf, äußert aber auch Vorbehalte. Angelika Gruber vom ÖH-Vorsitzteam darüber, was die ÖH am Bildungsvolksbegehren unterstützenswert findet und was sie kritisiert:
Die ÖH ist im Laufe des Entstehungsprozess dieses Volksbegehrens ausgestiegen. Warum?
Angelika Gruber: Ich war zwar nicht dabei, sondern meine VorgängerInnen, aber es hat da einige Knackpunkte gegeben, wo wir gesagt haben: Da können wir inhaltlich nicht mehr mit. Das war damals der Punkt Lehrerinnenausbildung, die Zugangsbeschränkungen zum Pädagogikstudium. Wer die Positionen der ÖH kennt, weiß, dass wir kompromisslos für einen offenen und freien Hochschulzugang stehen und deswegen haben wir gesagt: Das ist der Punkt wo wir inhaltlich einfach nicht mitkönnen.
Alex wagner
Zu dem jetzt vorliegenden Volksbegehren sagt ihr, „Ja, aber“. Warum „Ja, aber“?
Erstens finde ich es gut, dass es eine Initiative gibt, die den Stillstand in der Bildungspolitik aufzeigt. Es beinhaltete ja nicht nur Punkte zum Hochschulbereich, sondern von der Krippe bis zur Hochschulbildung und auch Punkte zur Erwachsenenbildung ist alles dabei. Also sehr viel und sehr allumgreifend, was eine sehr positive Sache ist. Was das Thema Schule betrifft ist die Gesamtschule eine wichtige Forderung ist, auch wenn sie nicht dezidiert drinnen steht, aber man sie dennoch gut herauslesen kann. Das sind wichtige Punkte, wo wir sehr gut mitkönnen.
Was ist dann das Aber?
Das Aber ist vor allem eine Inhaltliche Kritik. Wir rufen die Studierenden dazu auf, sich kritisch mit dem Volksbegehren auseinanderzusetzen, weil viele Punkte darin sind, die wir nicht unterstützen können. Unter anderem ist das der Bildungsbegriff, der unserer Meinung nach nicht differenziert genug ist. Es geht sehr viel in Richtung Wirtschaft. Bildung dient aber sicher nicht nur der Wirtschaft, sondern kann ein wenig mehr, als nur gut ausgebildete Kräfte für den Arbeitsmarkt zu produzieren, das ist unsere Kritik. Und natürlich fehlt uns das klare Bekenntnis zum offenen und freien Hochschulzugang. Vor allem die Zugangsbeschränkungen für die LehrerInnenausbildung, die können wir nicht ganz mittragen.
Aber man kann das doch nicht schlecht finden, dass Menschen, die LehrerInnen werden wollen, doch irgendwie auf pädagogische Eignung getestet werden. Also wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke, wäre das manchmal besser gewesen… Ist das ein taktisches Nein von euch, damit so nicht mehr und mehr Zugangsbeschränkungen durch die Hintertür eingeführt werden, oder seid ihr nicht der Meinung, dass PädagogInnen vorausgewählt gehören?
Das ist sicher kein taktischer Schachzug von uns sondern wirklich eine inhaltlicher Kritikpunkt, den wir haben. LehrerInnen kommen nicht als solche auf die Welt, sondern dafür gibt es ja eine Ausbildung. Im Vorhinein schon festzustellen, wer gut ist und wer nicht, greift zu kurz. Es braucht eine Reform der LehrerInnen-Ausbildung, da gibt es auch wichtige Punkte im Volksbegehren, gerade was die Vereinheitlichung der PädagogInnen-Ausbildung betrifft. Es geht darum, eine gute Ausbildung von LehrerInnen zu ermöglichen aber nicht schon vor der Ausbildung zu sagen: Nein, du wirst keine gute Lehrerin.