Erstellt am: 3. 11. 2011 - 06:00 Uhr
Where did our love go?
Den Regenbogen seh ich erst beim zweiten Mal. Beim ersten Anschauen von "Blue Valentine" blickte ich durch einen verzerrenden Tränenschleier, der mir einiges vorenthielt. Aber tatsächlich, da ist ein Regenbogen zu sehen, wenn Dean (Ryan Gosling) Cindy (Michelle Williams) zufällig in einem Bus wiedertrifft, sie anspricht und die beiden durch eine New Yorker Nacht stolpern. Tanzeinlagen vor einem Türdeko-Herz und improvisierter Ukulele-Song inklusive. Und mit dem herzbrechenden You always hurt the ones you love kommentiert sich "Blue Valentine" gleich selbst.
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Der Regenbogen und das Glück dieser Nacht sind von Wehmut durchzogen, weil man als Zuseher einen grausamen Wissensvorsprung hat. Wenn wir Dean und Cindy zu Beginn des Films kennenlernen, ca. fünf Jahre nach dieser Nacht, findet sich so was wie Liebe nur mehr in Deans Versuchen, Cindy zu halten und aus ihrer kühlen Reserve zu locken. Lebensfreude hat Michelle Williams in diesem Teil von "Blue Valentine" aus ihrem Gesicht gewischt, Ernüchterung und Enttäuschung hängen in ihren Augen. Müde und frustriert stellt sie Dean und der kleinen Tochter Frankie die Müslischüsseln hin, genervt quittiert sie die Tatsache, dass die beiden das Müsli vom Tisch lecken ("cause we're leopards") mit der Äußerung, sie habe es satt, für zwei Kinder sorgen zu müssen. Die Liebe und die Erwartungen und Hoffnungen, die sie mit sich bringt, liegt röchelnd am Boden des Einfamilienhauses.
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Die Liebe, sie bräuchte wohl auch eine Sauerstofflasche, wie Cindys Vater; zu der wird Frankie gebracht, damit Dean und Cindy mal wieder Zeit für sich haben. Im kalten blauen Licht eines Motelzimmers namens "The Future", dessen Einrichtung Dean mit "we're inside a robot's vagina" quittiert, bricht dann wohl endgültig etwas. Umso schmerzlicher, weil zwischendrin immer wieder Momente einer Vertrautheit aufblitzen, die die beiden Mal aneinanderband, doch das Lied, das von You and me, baby singt, erinnert peinvoll an die Zeit, als sich in diesem Song Herzklopfen und Zusammengehörigkeitsgefühl manifestierte.
Ernüchterung
Mit wackeliger Kamera und improvisierten Dialogen dokumentiert Regisseur Derek Cianfrance zwei Stadien einer Beziehung, springt zwischen erstem Kennenlernen und zwei niederschmetternden Tagen fünf Jahre später hin und her. Erstere Szenen wurden mit einer 16mm-, zweitere mit einer Digitalkamera gedreht. Doch noch eindringlicher als die Unterschiede im Filmmaterial ist die Verwandlung von Michelle Williams und Ryan Gosling in die ernüchterten Schatten ihrer selbst. Mit Krankenkassebrillengestell und Geheimratsecken, die Zeit und Sorge in seinen Haaransatz genagt haben, trinkt Dean morgens das erste Bier. Mit verquollenen Augen und leerem Blick macht Cindy Frühstück. Von dem Paar, das bei nächtlichen Busfahrten aneinanderkauerte, ist nicht mehr viel übrig.
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"Blue Valentine" ist ein Herzblutprojekt des Regisseurs, der über 12 Jahre und 67 Drehbuchentwürfe in diesen Film investiert hat. Immer wieder wurden die Dreharbeiten verschoben, zuletzt 2008 als Heath Ledger starb. Cianfrance wollte Michelle Williams für die Rolle und gab ihr Zeit. Und Zeit brauchte er auch für die Dreharbeiten, die unabhängige Produktion erlaubte einen Luxus: Nachdem die Flashback-Szenen abgedreht waren, lebten Gosling und Williams in dem Haus, in dem auch gedreht wurde, versuchten sich in Sachen Gewichtszunahme zu übertrumpfen und gemeinsam mit Cianfrance zu proben und improvisieren.
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Chasing rainbows
"Blue Valentine" startet am 11. November in den österreichischen Kinos
Cianfrance gibt uns keine Kausalitätsfäden, mit denen man das Unglück entwirren oder gar herbeierklären könnte, keine Schuldzuweisungen, keine klar erkennbaren Beziehungs-Abrissbirnen wie Betrug oder Gewalt, wir kennen Anfang und Ende, aber das dazwischen nicht, nur Spuren, die die Zeit dazwischen hinterlassen hat. "Blue Valentine" verwebt Verliebtheit, Angst, Enttäuschung, Zärtlichkeit und Aggression gleichermaßen.
Für alle, die zum Abspann zwei Flüsse ihr eigen nennen, die augabwärts fließen, gibt's Trost von Derek Cianfrance: "I find the ending to be hopeful, because there is recognition at the end of this film, of a problem, of a disease between these two people. I think it's hopeful, because once you recognize it, you can overcome it." Vielleicht ist der auch so einer, der chasing rainbows zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählt, aber wie gesagt, manchmal fängt er ja dann tatsächlich einen ein.
Tickets zu gewinnen!
FM4 Kinopremiere "Blue Valentine"
Mittwoch, 9. November 2011
um 20:30 im Filmcasino (Margaretenstraße 78, 1050 Wien)
60 x 2 Karten
Wer an der Kartenverlosung teilnehmen will, muss nur folgende Frage richtig beantworten: Welcher Schauspieler war in einer TV-Serie Michelle Williams' Freund und heckte gemeinsam mit Ryan Gosling in einem Film einen perfiden Mord aus?
Die richtige Antwort: Michael Pitt
Die GewinnerInnen wurden bereits via E-Mail verständigt