Erstellt am: 30. 10. 2011 - 22:33 Uhr
Journal 2011. Eintrag 196.
2011 ist Journal-Jahr - wie schon 2003, 2005, 2007 und 2009. Das heißt: Ein täglicher Eintrag, der als Anregungs- und Denkfutter dienen soll, Fußball-Journal '11 inklusive.
Hier finden sich täglich Geschichten und/oder Analysen, die ich als passionierter Medien-Konsument selber gern gelesen/-sehen/-hört hätte, aber nirgendwo (oder nur unzureichend) finden konnte; und deshalb selber ausforschen und durchdenken muss.
Heute mit einer überflüssigen Querverbindung zwischen FPÖ und NPD.
Es war im Rahmen meiner Lieblings-Kolumne der Satire-Show Extra 3 im NDR, den Neuesten Nationalen Nachrichten (NNN), einer maschek-mäßigen Voice-Over-Parodie von Hitler-Reden, in denen der selbsternannte Führer (auch so ein Diktator, der unter der Erde, nicht im Kanalrohr, nicht im Erdloch, sondern im Bunker seine letzte Zuflucht fand), seinen Nachfahren Saures gibt. Es wird also vordringlich die gruselig-spießige NPD verarscht, in all ihren braunschillernden Facetten.
In einem der zugespielten Videos trat da ein aktueller Vorsitzender (hier kann man das nachschauen) vor die Youtube-Kamera und verzapfte irgendwas. Und zwar vor einem offiziellen Parteilogo. Und da stand: NPD, die soziale Heimatpartei.
Da klingelte bei mir einiges, und bereits Vergessenes kochte hoch.
Zunächst: so nennt sich die NPD tatsächlich - auch etwa hier in ihrem Facebook-Auftritt; und über 10.000 finden das gut.
NPD - die soziale Heimatpartei!
Die soziale Heimatpartei ist die NPD noch gar nicht so lange.
Sie haben den Slogan geklaut; oder geborgt; oder sich einfach sonstwie angeeignet - wie das in der sogenannten Kreativ-Branche der Public Relation durchaus üblich ist.
Und zwar von der wahren sozialen Heimatpartei, der FPÖ. Die verwendet den Slogan seit etwa 2009, vor allem für den Wiener Wahlkampf.
Als die NPD-Übernahme, vor etwa einem Jahr, ruchbar wurde, berichtete Mainstream Media darüber, dezent.
Fast unter der Wahrnehmungsschwelle.
Die FPÖ ist weiterhin die soziale Heimatpartei, in praktisch jeder Aussendung, egal ob sie vom Chef oder vom Erfinder kommt. Der Slogan ist offizieller Untertitel, nicht aber der der Facebook-Gruppe.
FPÖ - die soziale Heimatpartei!
Womöglich haben aber auch beide, NPD und FPÖ den Claim der "Sozialen Heimatpartei" bei den rechtsextremen Reps geklaut, den in der Unwichtigkeit verschwundenen deutschen Republikanern, die sich nach Vorbild der LePen-Partei Front National gegründet hatten. Die geben an den Slogan bereits 2007 verwendet zu haben.
So gesehen wären sowohl FPÖ als auch NPD Copycats.
Das ist nicht unpraktisch.
Denn: wäre die FPÖ Erfinderin des Slogans, dann wäre es doch das normalste der Welt, allfällige Nachäffer im gemeinsamen Sprach- und Kulturraum (für die Hardcore-Deutschnationalen in der FPÖ womöglich sogar die eigentliche Heimat) zu belangen oder zumindest außergerichtlich davon abzuhalten, sich derart an ideologischem Eigentum zu vergreifen.
Das ist allerdings im letzten Jahr, als bekannt wurde, dass sich die NPD auf diesen Schmäh draufsetzt, nicht passiert.
Das ist nicht illegal, aber doch seltsam, wenn man seine Kreationen so wenig wehrhaft aus der Hand gibt.
Die Republikaner - die soziale Heimatpartei!
Erst da wären dann andere Ähnlichkeiten, vor allem in der Wahlwerbungs-Rhetorik, die dieses linke Watchblog zeigt, anrüchig. Zumal es keine offiziellen Kontakte mit den deutschen Neonazis gibt, wiewohl immer wieder, ganz inoffiziell andere Informationen zusammenlaufen.
Wenn allerdings sowohl FPÖ als auch NPD den Slogan bei den Republikanern geklaut haben, sind beide aus dem Schneider - und die Sorgen von vor einem Jahr (dass die deutschen Braunen und die österreichischen Blauen indirekt kooperieren würden) obsolet.
Ist doch beruhigend, oder?
Zwei soziale Heimatparteien, eine in Österreich, eine in Deutschland, die diese Idee einer rechtsextremen Bewegung aus Süddeutschland entlehnt haben.
Alles in Ordnung also, alles demokratisch abgesichert und unbedenklich, ganz ohne irgendwelche Gemeinsamkeiten. Man hat nur rein zufällig ähnliche Ideen.
Wenn der Führer dieses maue Gedruckse noch miterleben hättte müssen. Aber vielleicht meldet es sich bald, via NNN.