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Nina Hofer

Krach. Bumm. Zack. Mittendrin und doch so fern.

29. 10. 2011 - 15:09

Turbo + Staat = Fünfwürstchen am Globus

Die wunderbarste deutschsprachige Band beehrt am Sonntag die Szene in Wien Simmering: Turbostaat aus Flensburg.

Kunstblut, Gummizähne, corpse paint, hinnige Kürbisse und vom Schokoladeriegelzuckerschock ferngesteuerte Kinder, die schreiend von Tür zu Tür ziehen. Willkommen am halblustigsten Wochenende der Geschäftemacherei mit Zombies, solchen, die es noch werden wollen oder zu klein sind, um sich wehren zu können. Es gibt Hilfe fernab der exorzierenden Telefonseelsorge oder der verzweifelten Sedierung vor den Fernsehapparaten. Es wartet auf uns Sonntag Abend ein akustisches Gourmetspecial, duftend nach Meer, Strand und Wind. Wirkt immer wie Urlaub, an jedem Tag des Jahres und kommt aus einem kleinen Ort, ganz weit oben in Deutschland. Fünf friesische Spacken bespielen heute die Szene Wien. Sie nennen sich noch immer Turbostaat
und sie sind noch immer aus Husum.

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Leo, Leo, Leo

Husum. Flensburg. Die ganze Welt. Zumindest die deutschsprachige. Momentan verteilt sich der Turbostaat wohntechnisch auf ein paar Städte im nördlichen Deutschland. Das Quintett existiert in dieser Form seit über zehn Jahren und innerhalb der Zeit haben sie die in der breiten medialen Aufmerksamkeit wohl unterschätztesten Alben produziert. Der Besucherschnitt bei Konzerten liegt konstant zwischen 150 und 400. Ein „No Hit Wonder“, wie sie sich selbst nennen. Texte, die teils sperrig wirken, schwer verständlich sind, keine Parole dreschend im eigenen, wiedererkennbaren Stil mal dahinbretternd, mal melancholische Flächen erzeugend, finden sie in den gängigen Kategorien der Musik keinen Platz. Schon gar nicht in den Schubladen des Punkrockschrankes. Aktionspolitisches Gehabe fehlt dem Turbostaat, politische Haltung allerdings nicht, den Texten muss Aufmerksamkeit geschenkt werden, einfach konsumieren ist hier nicht.

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Wir können alles und alles können wir sein

All das resultiert in einer treuen und gewachsenen Fangemeinde, die dem Turbostaat strahlend „Husum, verdammt“ entgegensingen, selbst wenn keiner von uns je in Husum war oder es auf der Landkarte finden würde.

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Aber wir teilen das Gefühl von Orten, mit denen man sich verbunden fühlt und für die man eine Hassliebe pflegt. Rauh, windig, weit, sehnsüchtig, wütend und manchmal auch verzweifelt an der Welt der Menschen, die sich im Fünfwürstchengriff gefangen halten lassen. So klingt es, wenn die Friesen spielen, einmal im Herzen gewesen, schlagen sie Anker und legen an.

Und weil es alleine auch fad sein kann, es gleichgesinnte Schaffende gibt, spielt der Turbostaat ganz gerne mal mit anderen Musikern. Ein Fu-Manchu-Klassiker wird mit den Beatsteaks zu Frieda und den Bomben, gemeinsam mit Kinderzimmer Productions werden ungeliebte Menschen dazu aufgefordert kaputt zu gehen, das Fette Brot hat im Video zum Fünfwürstchengriff einen Gastauftritt und in einem Video von Casper dürfen zwei Turbostaaten in einer Bar herumlungern. Offen für Einiges, wäre eine Umbesetzung, ein Wechsel der Bandmitglieder undenkbar. Der Turbostaat würde dann aufgelöst, kann nur in dieser, seit über zehn Jahren existierenden Besetzung bestehen. Laut Gitarristen und Texter Marten gibt es momentan auch schon Nummern für ein neues Album. 2012 dann, wobei wir mehr als glücklich sind mit allem bis jetzt veröffentlichtem Material, an dem man sich nicht abhören kann. Zu erleben Sonntag Abend in der Szene Wien.

Wer das bis jetzt versäumt hat, ist ein sehr hohler pumpkin.