Erstellt am: 27. 10. 2011 - 20:03 Uhr
Journal 2011. Eintrag 194.
2011 ist Journal-Jahr - wie schon 2003, 2005, 2007 und 2009. Das heißt: Ein täglicher Eintrag, der als Anregungs- und Denkfutter dienen soll, Fußball-Journal '11 inklusive.
Hier finden sich täglich Geschichten und/oder Analysen, die ich als passionierter Medien-Konsument selber gern gelesen/-sehen/-hört hätte, aber nirgendwo (oder nur unzureichend) finden konnte; und deshalb selber ausforschen und durchdenken muss.
Heute mit dem Hinweis auf extrem erhellendes zweistündigen Gerede.
Hier der rss-feed dazu.
Hier das Transkript dazu.
Danke am Michael "the eye" H., zurzeit in Ulm, für den entscheidenden Hinweis.
Ich halte mich kurz.
Denn ich empfehle ein zweistündiges Gespräch.
Für ein Publikum, dessen durchschnittliche Aufmerksamkeit die berühmten sieben Sekunden kaum übersteigt, hirnrissig, ich weiß. Trotzdem.
Es wird von alternativlos.org angeboten, einem Netz-Talkformat das über "Politik, Technik, Verschwörungstheorien und was uns sonst noch so in den Sinn kommt" redet. In Ausgabe 20 vom 23.10. mit Frank Schirrmacher dem Herausgeber der FAZ.
Schirrmacher ist seit einiger Zeit die Speerspitze eines neuen, radikalen Denkens, was vor allem damit zu tun hat, dass er aus dem rechten, konservativen Eck kommt und deswegen ideologoisch unverdächtig ist.
Frank Rieger und Fefe (alias Felix von Leitner vom CCC) diskutieren mit Schirrmacher zwei Stunden lang über Debattenkultur in Politik und Medien, die Krise des politischen Personals, die Spin-Kultur, die Gefahren einer charismatischen Herrschaft, die Simulation von Straightness/Klartext als populistische Marktlücke, den Sinn für den Ernst der Lage, das Nichteingestehen des Kontrollverlusts der Politik, unwahrhaftiges Gerede, nationalistischen Biologismus, der jetzt über den ökonomischen Aufhänger kommt, den Missbrauch des Faulheits-Begriffs, die darwinistische Kategorie des Interessanten uvam.
Sie sprechen von Occupy, den Piraten, Zäsuren und Apokalypsen.
Sie sprechen auf Augenhöhe, als besorgte Bürger, die in Teilbereichen Experten sind, in anderen nur Fragen stellen; in aller gruseligen Offenheit.
Ganz ohne Verschwörungstheorien im Übrigen.
Dabei ist es Schirrmacher, der die radikalsten Thesen entwickelt, vom Verrat einer Schicht (die 1%) an der Gesamtgesellschaft, von der Gefahr der demografischen Überalterung.
Vieles ist deutschland-spezifisch, praktisch alles ist aber global und vor allem auch auf Österreich umzulegen. Der von Schirrmacher skizzierte Politiker-Typus, der Straightness nur simuliert und damit eine Marktlücke füllt, wird hierzulande besser aufgefüllt als in Deutschland.
Irgendwann im Gespräch, in einer der vielen Passagen, in denen massive Medienkritik geübt wird, ist davon die Rede dass man nach einer BBC-Sendung (einer harten Befragung von Schäuble) deutlich mehr wusste als vorher.
Genau das ist auch hier der Fall.