Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Maur Due & Lichter"

Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

27. 10. 2011 - 15:32

Maur Due & Lichter

Verzwiebelte Soundschichten aus Singer-Songwritertum und Frickeltronika: Über Gletscherspalten aus Watte wandeln mit Blick auf den Elfenbeinturm aus geborstenem Glas. Mit unserer Soundparkband des Monats & ihrem Debüt "Another Day".

Österreich ist ja bekanntlich überschaubar, Wien sowieso. Auch wenn wir gerade beim 10-jährigen Jubiläum des FM4 Soundparks wieder einmal gemerkt haben, was für Perlen in diesem Land auf noch unentdecktem Grund schlummern. Aber die meisten aktiven und qualitativ interessanten Musiker kennen sich, irgendwie sitzen ja alle im selben Boot. Man unterstützt einander, Maur Due & Lichter

Alexandra Augustin/ FM4

Hinter Maur Due & Lichter stecken Mauricio Duda und Daniel Lichter. 2010 haben die beiden Musiker mit argentinischen und deutschen Wurzeln in Wien ihr Projekt gegründet. Man war sich symphatisch, da war ein ähnlicher Musikgeschmack rund um Bands des guten, alten Weilheim-Weins wie Lali Puna & The Notwist. Mit Maur Due & Lichter verwirklichen die beiden nun ihre Idee von der perfekten Symbiose zwischen Singer-Songwritertum und elektronischen Frickeleien.

Und plötzlich ging alles ganz schnell: In der kurzen Zeit ihres Bestehens konnten sie schon viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, unter anderem durch einen Remix des Songs "Futures", den sie für das britische Ambient-Duo Zero 7 in eines neues Gewand gepackt haben.

SOP Listening Session Maur Due & Lichter
werbung:

logo des t-on tonstudios

t-on

Jede Soundpark Band des Monats erhält einen Zehnstundenblock des Wiener Tonstudio- /Proberaum- /Musikverleih- Komplex
t-on

Im Interview in ihren "heiligen Hallen", im Wohnzimmer der WG von Daniel in Wien, wo alle Tracks entstehen und aufgenommen werden, erzählen mir Mauricio und Daniel, dass Sie auf die Frage, wie Menschen ihre Musik finden, immer nur eine einzige Antwort bekommen: "Sie wäre sehr schön". "Schön", das ist an und für sich kein schlechtes Kompliment, wäre da nicht immer die Angst, dass "schön" vielleicht auch nur die kleine Schwester von "nett" ist. Und was das heißt, wissen wir ja.

Doch tatsächlich spielt sich die Musik von Maur Due & Lichter auf so vielen Ebenen gleichzeitig ab, dass man sich gar nicht so leicht tut, alles auf einen Nenner zu bringen und in Worte zu verpacken.

"Schön", das ist vielleicht auch nur ein Schlüsselwort für einen Zustand, in den einen Maur Due & Lichter mit ihrer Musik versetzen:

Schon der rein instrumentale Eröffnungstrack "Zauberberg" auf Another Day weiß zu verführen: Eine langsame Klaviermelodie schreitet wie eine leitende Hand voran, um sie herum ranken sich verschachtelte, rückwärts abgespielte Samples und akustische Gitarrenklänge, die sich kunstvoll aufgefächert voranbewegen. Man weiß nicht, wo einen dieses Stück Musik hintragen wird, aber man hat so etwas wie Vertrauen, dass das schon ein guter Ort sein wird.

Der Eröffnungstrack ist der Schlüssel zu einer ganz eigenen Welt, in die uns die Produzenten mitnehmen. Analogien zum "Zauberberg", einem abgeschiedenen Ort aus Thomas Manns gleichnamigem Roman, in dem sich der Protagonist in die abgeschlossenen Welt eines Sanatoriums im Hochgebirge begibt, kommen nicht von ungefähr. Im Buch ist das ein Ort, an dem Einsamkeit und Entrücktheit zu Hause sind. Diesen Ort erklimmen Maur Due & Lichter im übertragenen Sinn:

"Es ist bei uns mit dem Musik Machen oft so, als würden wir uns in einem abgeschiedenen Elfenbeinturm befinden. Und der erste Track "Zauberberg" ist wie eine kleine Öffnung hinein. Die Tür wird aufgemacht und man kann in die Abgeschiedenheit des Albums eintauchen, das wie eine eigene Welt funktioniert."

"Another Day" ist auf LasVegasRecords erschienen.

Beim zweiten Track am Album, dem Titelstück "Another Day" wird man auf einem sphärischen Klangteppich hin zu erhellenden Momenten getragen, in denen Freude, prickelnde & pluckernde Gitarrenpickings und eine warme Stimme regieren. Dann wird man weitergereicht zu fast gänzlich instrumentalen Stücken wie etwa Track Nr. 4, "Dead Choyce", in dem die Gesangsstimme mit den Soundflächen verschmilzt und selbst zu einem Instrument wird. Eine Stimme meldet sich nur mehr aus weiter Ferne, wie ein Commander aus einem längst verlassenen Cockpit aus dem Hintergrund. Doch in diesem Moment power-nappt man schon längst auf den sich zerfransenden Ambientflächen, die sich im nächsten Moment in Liedern wie "Cry Alpha Beta Gamma" und "Plage Vitreé" wieder zu bewegenden Minimal House Beats verdichten. Das hier ist schließlich nicht die kleine Nachtmusik.

"Ein Song muss ja nicht immer nur vom Text her eine Botschaft rüberbringen. Das Gefühl, das die Musik von alleine erzeugt, kann ja für sich selbst sprechen. Eine Stimmung zu erzeugen, darum ging es uns auf diesem Album."

Am 28. Oktober 2011 findet die Album Release Party von Maur Due & Lichter und ihrem Debüt "Another Day" statt. und zwar im Loop in Wien.

Eintritt frei!

Soundarchitekturen & Stimmungsbilder

Maur Due & Lichter packen teilweise 50-60 Soundspuren in einen Track, und das ist spürbar. Vielleicht liegt die Liebe zu diesen ambienthaften Soundarchitekturen auch an Daniels und Mauricios Tagesbeschäftigungen: Als Architekturstudenten und ehemalige Drehbuchschreiber wissen sie wohl, wie man solide Dramatik konstruiert. Und Maur Due & Lichter vergessen auch nicht uns am Ende ihrer Albumreise auch wieder brav am Boden abzusetzen. Eine gelungene Mission.