Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Black Beats & Black Shampoo"

Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

22. 10. 2011 - 18:31

Black Beats & Black Shampoo

Eine FM4 Soundparknacht mit Black Shampoo, Makossa & Megablast, !Dela Dap sowie neuen Alben und Songs aus Östereich.

Zum Nachhören

Die Soundparksendung gibt es für sieben Tage im Stream:

Es knallen die Sektkorken, es donnern die Feuerwerkskörper. Alles in der FM4 Soundparkredaktion ist auf "Feiern" und "Party" eingetuned. Kommenden Mittwoch zelebrieren wir das Jubiläum "10 Jahre Soundpark" mit einer außergewöhnlichen dreistündigen Studio 2 Session, bei der sich Labels und Bands musikalisch in real time vernetzen. Elisabeth Scharang begrüßt Mieze Medusa in einem Doppelzimmer Spezial, und den ganzen Tag über gibt es nur österreichische Produktionen zu hören.

Aber auch in dieser FM4 Soundpark Ausgabe gibt es genug Gründe, die Nacht durchzufeiern...

Schwarzer Rock'n'Roll für gestresstes Haar

Ein Stück verrückt ist es schon, was uns das Wiener Trio Black Shampoo auf ihrem Debüt Album abliefert. Wie sonst lässt es sich erklären, dass eine Rock'n'Roll Band darauf kommt, bananas auf Kansas zu reimen? Und das noch mit einem Flair, der an die guten, alten Doors erinnert, wenn Jakob Brem zu elegant gespielter Gitarrenlinie die Stimme erhebt, um von seinen Geistern zu singen. Welche es sind, die ihn verfolgen, wollte er nicht verraten. Überhaupt geben sich Jakob Brem, Lukas Friesenbichler und Saskia Kasper äußerst bedeckt. Passend dazu ist auch das Coverartwork in Schwarz- und Brauntönen gegenüber strahlendem Weiß recht schlicht gehalten, ohne Texte, mit nur der notwendigsten Information.

Black Shampoo Albumcober "Whipped Cream"

Black Shampoo

Somit liegt das "Ohrenmerk" auf der Musik und dem Sound, der sich ebenfalls auf das wesentliche Knochengerüst der Songs reduziert. Krachig, erdig, rau und dreckig stolpert, stampft und taumelt bei "Whipped Cream" der Rock'n'Roll auf die Tanzfläche. Bei all der exzessiven Würdigung einer natürlich entwickelten Lo-Fi-Ästhetik bleiben die Songs von Black Shampoo geschmeidig und blinzeln einem keck über die Schulter zu, sich doch auch auf dem holzdielernen Boden die Seele aus dem Leib zu tanzen. Die ideale Hymne für solch ein Unterfangen ist "Blind Fool", das es schafft, das repräsentative Klangspektrum der Band in ein dreiminütiges Rockmonster zu komprimieren.

Black Shampoo Bandfoto

Christine Katscher

Black Shampoo Live:

  • 28.10. 5 Jahre Weekender Feier, Weekender Club/Innsbruck
  • 31.10. A Cotton Candy Halloween Party, Wirr/Wien
  • 03.11. Ahoi Pop! Festival, Posthof/Linz

Egal, ob in weiterer Folge schleppende Riffs über scheppernde Beats ausgebreitet werden, man seinen moving feet zu Rückkopplungsorgien freien Lauf lässt oder gegen Ende sich trotz Erschöpfung noch einmal aufschwingt, um mit Black Shampoo ihren "Russle Hussle" zu tanzen, immer ist eine gehörige Portion Spaß und Experimentierfreude mit im Spiel. Warum man für solch einen ganz "einfach" klingenden Sound und scheinbar so ganz locker flockig dahingespielte Songs viel cojones - also Mut - braucht, das erzählen uns Jakob, Lukas und Saskia in einem charmanten Interview.

Elektronischer Befreiungsschlag gegen die Changemanagement-Gesellschaft

Wir leben in einer sich ständig und immer schneller verändernden Zeit. Es bleibt selten eine Verschnaufpause, um den eigenen Standort zu bestimmen. Oder sich gar nach der eigenen Befindlichkeit zu fragen, wenn sämtliche Gefühle unmerklich schon längst in Alltagsstress und Erwartungsdruck subsummiert wurden. Vielleicht ist das mitunter auch einer der Gründe dafür, dass der Track "Soy Como Soy" von Makossa & Megablast auf Ibiza und in vielen Clubs auf der ganzen Welt die Dancefloors füllt. Schon im letzten Sommer auf DJ Hells Label Gigolo Records veröffentlicht, ist dieses eindringliche, hypnotische Tanzstück für mich ein starkes Gegenkonstrukt zu gegenwärtigen Gesellschafts-phänomenen, die uns permanente Wandelbarkeit und Anpassung bis zur Selbstaufgabe einzutrichtern versuchen.

Makossa & Megablast Live:

  • 28.10. mit DJ Hell, Palais Kinsky/Wien
  • 04.11. bei der FM4 Unlimited Party im Wiener Rathaus
  • 05.11. im Republic/Salzburg
  • 11.11. mit Ogris Debris im Künstlerhaus/Wien
  • 12.11. beim Danube Rave im Posthof/Linz

Soy como soy, y no voy a cambiar, also "Ich bin wie ich bin und werde mich nicht ändern!" singt hier Cleydys Villalon mantraartig zu den treibenden Beats der beiden Wiener. Das schöne dabei, Makossa & Megablast haben es geschafft diese Hymne mit einer soundtechnischen und musikalischen Tiefgründigkeit auszustatten, die nicht den schalen Geschmack einer vertrottelten Partymucke hinterlässt. Dazu haben die zwei Produzenten zu viel Erfahrung, Gespür und Wissen, um in diese hedonistische Falle zu tappen. Das gesamte zweite Werk "Soy Como Soy" durchzieht eine analoge Wärme, ein starker Sog von rhythmischen Strömungen, die sich durch Klanggeflechte von elektronischen 70iger Synthies und deepe Dub-Bässe schlängeln. Vor allem die sehr enge und Session-artige Arbeit mit ihren Sängerinnnen und Vocalisten macht "Soy Como Soy" auch abseits jeder Tanzfläche zu einem spannenden, abwechslungsreichen und gehaltvollen Soundtrack für alle Tagesstunden.

Makossa & Megablast Album Cover "Soy Como Soy"

Oliver Kartak

Marcus Wagner-Lapierre alias Makossa, der mit seinem Freund und Produzenten Sascha Weisz a.k.a. Megablast die Afro-Beats, 70ies Electrosounds und 80iger Space-Discoelemente zu einer erfrischenden Nische gezimmert hat, steht uns in dieser Nacht Rede und Antwort. Zum Beipsiel zu der Frage, wie es sich zeitlich vereinbaren lässt, Musikchef bei FM4 zu sein, seit den 1980iger unermüdlich als DJ die Clubs zu bespielen, knapp zwei Dekaden mit Sugar B das Swound Sound System zu betreiben, über zwanzig Sampler zu kompilieren und "nebenher" zwei Alben zu produzieren. Oder ob das smarte Musiklexikon mit dem Wort "Retro" in Bezug auf die neue Platte etwas anfangen kann. Oder wie es um die Rollenverteilung des Duos steht. Und ein halbstündiger Mix durch das neue Album rundet die Makossa&Megablast Listening Session dann auch noch ab.

Makossa & Megablast Pressefoto

Jiro Shimizu/Oliver Kartak

Gib mir die Beats

Damit nicht genug, wird in den frühen Morgenstunden dann noch Stani Vana im Studio vorbeischauen. Der Mastermind von !DelaDap feiert auch bald sein zehnjähriges Jubiläum und blickt mit uns auf die letzte Dekade der österreichischen Musik zurück.

DelaDap EP Cover "Gipsy Kicks"

DelaDap

Untermalt von einer alten Akustiksession, die !DelaDap bei FM4 aufgenommen haben, einem Live-Track vom Donauinselfest 2007 und brandneuen Remixes von Songs, die Anfang nächsten Jahres auf dem vierten Studioalbum erscheinen werden. Dazu spricht Stani über die vielfältigen Stereotypen von gipys und ihrer traditionellen Musik, der langsamen Entwicklung, diese vorgefestigten Meinungen zu zerstreuen und den unermüdlichen Bemühungen, das weltmusikalische Erbe dieser Volksgruppe in die gegenwärtige Clubkultur auf natürliche Weise zu integrieren.

Des weiteren mixen wir uns durch neue Alben von Prenner und Werner Kitzmüller, hören uns durch Eure aktuellen Songs aus dem FM4 Soundpark und fiebern schon unserer großen Feier am 26. Oktober entgegen...

Fahrplan durch die Sendung:

  • 01:00 bis ca. 02:00 Uhr: Listening Session mit Black Shampoo
  • 02:00 bis ca. 03:15 Uhr: Makossa & Megablast Interview und in the mix
  • 03:15 bis ca. 04:10 Uhr: Neue Songs gepflückt aus dem FM4 Soundpark
  • 04:10 bis ca. 04:40 Uhr: Werner Kitzmüllers "Evasion" in the mix
  • 04:40 bis ca. 05:05 Uhr: das Debüt Album von Prenner in the mix
  • 05:05 bis 06:00 Uhr: Zeitreiseninterview mit Stani Vana von !DelaDap