Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""User aller Länder vereinigt euch""

Anna Masoner

Anna Masoner

Anna Masoner

Erkundet als digitale Migrantin Vorzüge und Abgründe der Informationsgesellschaft

18. 10. 2011 - 15:41

"User aller Länder vereinigt euch"

Die Rolle der Sozialen Netzwerke in der aktuellen Protestkultur: Das #sbsm Camp für politisches Engagement, Aktivismus und Beteiligung in Wien beschäftigt sich mit diesem Thema.

Ob am Tahirplatz in Kairo, an der Wallstreet in New York oder im Audimax in Wien: überall dort wo sich in den letzten Monaten Protest erhebt und er gehört wird, spielen Computer und Mobiltelefone eine wichtige Rolle. Denn Menschen nutzen sie um die Ereignisse zu dokumentieren und sich darüber zu informieren. Viel wichtiger sind aber die Netzwerke und Plattformen dahinter. Soziale Medien wie Youtube, Facebook oder Twitter eignen sich um Menschen auf Anliegen aufmerksam zu machen, um Protest zu organisieren und Anhänger zu mobilisieren. Zwar haben Soziale Medien keine Revolutionen ausgelöst, sehr wohl aber Wutbürgern geholfen, sich zu vernetzen.

Occupy Wall Street, New York

Christina Lehner

Wie NGOs und Bürgerinitiativen soziale Medien für sich gewinnbringend nutzen, damit beschäftigt sich am 19. und 20. Oktober das #sbsm Camp für politisches Engagement, Aktivismus und Beteiligung in Wien. Einer der Organisatoren ist der Soziologe Christian Voigt. Er war und ist in der #unibrennt-Bewegung und in der Besetzung des Augartenspitzes involviert. Hauptsächlich beschäftigt sich er sich seit fünf Jahren akademisch mit den Möglichkeiten das Mediensystem dissident zu nutzen. Am Camp erwartet er eine bunte Truppe, die von Bürger- und Medienaktivistinnen bis hin zu MitarbeiterInnen von NGOs und größeren Organisationen wie Kirche oder Gewerkschaften reicht. Zu Gast sind fluegel.tv, ein Mini TV Sender, der die Proteste rund um Stuttgart21 verfolgte oder einige der Macher der NachDenkSeiten. Die deutsche Webseite will unter anderem Einflussnahme auf den politischen Prozess durch Lobbyisten ausspüren und nachweisen. Innerhalb kürzester Zeit wurde die 2003 gegründete Plattform zu einem der bekanntesten politischen Blogs in Deutschland und zu einer wichtigen Anlaufstelle für Journalisten.

Dem Camp vorausgegangen ist der dicke Wälzer #sbsm- Soziale Bewegungen und Social Media" an dem eine Vielzahl an Autoren mitgearbeitet. Als Handbuch liefert es ein Reihe von Fallbeispielen: von bloggenden Betriebsräten und ArbeitnehmerInnen, die über Misstände in ihrem Unternehmen an die Öffentlichkeit bringen, Onlinekampagnen diverser NGO´s und Bürgerinitiativen und Erfahrungsberichte etwa aus der #unibrennt-Bewegung. Aber auch die Do's und Dont´s im Umgang mit sozialen Medien fehlen nicht.

Vorsicht bei Facebook und Twitter

So raten die Autoren einhellig zur Vorsicht im Umgang mit großen Tankern wie Facebook und Twitter, die ja im Grunde weniger hehren als ökonomischen Interessen nachgehen. Dementsprechend sollten sie nur als Distributionsapparat verwendet werden. Die Inhalte sollten aber woanders liegen. Etwa auf Blogs. Diese beinahe schon altmodischen Publizistentools sind für Christian Voigt immer noch das Herzstück für NGOs und Aktivisten. Sie ermöglichten den höchsten Grad an Autonomie, weil sie nichts anderes als eine Datenbank sind, von wo aus die Inhalte schnell woanders hin transferiert werden können.

Einen kleinen Vorgeschmack auf das Camp bietet am Abend des 18.10. 2011 übrigens der #smsm taalk, im Zeichen der Bewegung, der ab 19.30 am Catamaran des ÖGB, bei der U2 Station Donaumarina, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien über die Bühne geht und ab 20.15 via Live-Stream im TV Blog zu hören und zu sehen ist.