Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Song Zum Sonntag: Modeselektor feat. Thom Yorke"

Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

16. 10. 2011 - 16:23

Song Zum Sonntag: Modeselektor feat. Thom Yorke

Elektrisches Ertrinken: Shipwreck

  • Der Song zum Sonntag auf FM4
  • Über Modeselektor undThom Yorke macht sich auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar in der Presse am Sonntag seine Gedanken.

Es geht auch ohne Text. Den versteht man hier nämlich praktisch nicht. Nur, weil Thom Yorke die Stimme erhebt, nimmt man gerne an, dass es sich wohl wieder um ganz was Archetypisch- Zerrisenes handeln könnte/muss. Aber worum es wirklich geht, erfährt man auf ungewöhnlichem Weg: Über den Sound. Das Kunstwerk dieses Tracks liegt in der direkten Übersetzung der Absauf-Metapher in die Musik.

Portrait Thom Yorke

weblastout.com

Ein Meer aus hektischem Breakbeat, dazu wie Seegang auf- und abschwellende Keyboardteppiche, ein ab und zu aufblitzendes Piepsgnal, es könnte ein Echolot sein, ein SOS-Signal oder die Nullinie einer Intensivstation. Dazu Falsettfetzen eines, zweier, vieler Thom Yorkes, die unerwartet auftauchen, mal übereinander, mal länger, mal nur wie ein kurzes Schnappen nach Luft.

Die Wellen aus Sound türmen sich immer mehr auf, bis sie zur Wand werden, gegen die die nun immer zehackteren vielen Thom Yorkes immer schwieriger ankommen, während sich immer mehr ein treibender, unbreakiger Beat mit einer rollenden Bassline herausschält - gleichsam als Ahnung auf die vergleichbare Ruhe des Meeres nachdem alles gesunken ist - hinter denen der singende Yorke verschwindet und nur der kommentierende, nicht weniger zerhackt, übrig bleibt.

Thom Yorke von vorne, der die Hand abwehrend ausstreckt

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Ohne zu wissen, was der Mann singt, entsteht hier eine - nur manchmal Poptrack sein wollende - Collage, die ein Ertrinken in einem sinkenden Schiff in ein Ertrinken in einer elektronischen Klangwolke übersetzt. "Shipwreck" ist somit in dieser textlastigen Kolumne das Programmusik Highlight des Jahres.

Und: Klaustrophobie? Ganz egal - Hauptsache man hat genügend Platz.