Erstellt am: 13. 10. 2011 - 19:00 Uhr
Studentenheime: Der Herbst der Verschlechterungen
"In diesem Herbst der Verschlechterungen kommt den Studierenden das Studium um 300 Euro teurer als bisher". Auf diese Summe kommt ÖH-Vorsitzende Janine Wulz, wenn sie die entstandenen Mehrkosten zusammen zählt: Einsparungen bei der Familienbeihilfe, den Versicherungs-Zuschüssen und den Studentenheimen verschlechtern die finanziell schwierige Situation der meisten Studierenden.
Studentenheime erfüllen eine wichtige soziale Funktion, nur bei den Eltern wohnt man billiger. Insgesamt gibt es 32.000 Heimplätze in Österreich, die Wartelisten sind lang, die Plätze rar. Deshalb hat die VSStÖ Innsbruck die Protestaktion Tausche Zelt gegen Zuhause gestartet, um auf den bestehenden Mangel aufmerksam zu machen. In der Nacht von 11. auf 12. Oktober wurde in einer Zeltstadt vor der Uni protest-campiert. Der Heimbetreiber Adrian Egger schätzt dass bis zu 2000 zusätzliche Plätze benötigt werden um den Bedarf in Innsbruck zu befriedigen.
Radio FM4 / Dani Derntl
Doch für Neubauten und Sanierungen der Heime schaut es schlecht aus. Es werden nur noch bereits bewilligte Projekte vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung gefördert, voraussichtlich ab 2013 wird kein zusätzliches Geld mehr fließen. Die Kosten für die Neubauten haben sich bisher die Heimbetreiber mit dem jeweiligen Bundesland und dem Ministerium geteilt. Das fehlende Drittel geht künftig wohl auf Kosten der Studierenden.
Friedrich Faulhammer, der Generalsekretär des Wissenschaftsministeriums erklärt die Einsparungen bei dem Studentenheimen so: "Es war für das Wissenschaftsressort ganz wichtig, die zentralen Aufgabenstellungen, also Finanzierung der Universitäten, der Grundlagen-Forschung und der Akademie der Wissenschaften sicherzustellen. Dort haben wir keine Einschränkungen vorgenommen. Aber auch das Wissenschaftsressort musste Konsolidierungsbeiträge abliefern und so haben wir uns entschieden, künftig keine neuen Zusagen für neue StudentInnenwohnheime und Sanierungen und dergleichen auszusprechen."
Für das Wissenschaftsministerium schienen die Einsparungen bei den Studentenheimen das geringere Übel darzustellen. ÖH-Vorsitzende Janine Wulz sieht das anders: "Das kann kein entweder-oder sein. Diese Regierung spart an allen Ecken und Enden an der Bildung und der Zukunft von jungen Menschen. Es fehlt die Prioritäten-Setzung in Bildung und die soziale Absicherung von Studierenden. Das heißt, es braucht mehr Geld für die Studierendenheime, für Familienbeihilfe, für Studienbeihilfen und es braucht selbstverständlich auch mehr Geld für die Universitäten, für Forschung und für Lehre. Das kann man nicht gegeneinander ausspielen."
Radio FM4 / Dani Derntl
Martin Strobl verwaltet für die WIHAST (Wirtschaftshilfe für Arbeiter Studenten) 15 Heime in Wien und Niederösterreich, wie z.B. auch das "Haus Panorama" in Wien, wo ein Platz durchschnittlich 240 Euro all inklusive kosten. Er rechnet mit Preissteigerungen von 20-60 Euro im Monat und dann werden die Studentenheimplätze annähernd so viel kosten wie ein WG-Zimmer. Wenn als Folge dessen noch mehr Studenten auf den privaten Wohnungsmarkt drängen, werden die Mietkosten wegen der höheren Nachfrage auch für die Gesamtbevölkerung steigen, befürchtet Strobl. Vor allem die kleineren Heimbetreiber sind dann vom Zusperren bedroht.
Sein Kollege Bernhard Tschrepitsch, Geschäftsführer der Akademikerhilfe und Verwalter von 20 Heimen in Österreich, hofft nach wie vor, dass Minister Karl Heinz Töchterle den Beschluss seiner Vorgängerin Beatrix Karl außer Kraft setzen wird. Seine Hoffnung nährt sich aus der Geschichte, denn schon in den Neunzigern wollte der damalige Unterrichtsminister Erhard Busek die Heim-Förderung streichen. Die darauf folgenden Studentenproteste haben zu einem Einsehen geführt, dass soziales Wohnen für Studenten eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist.
akademikerhilfe
Die Möglichkeit zum Protest gibt es am Dienstag, 18. Oktober. Die ÖH ruft zum Bildungsaktionstag auf. An den Hochschulen werden Vollversammlungen abgehalten. In Wien wird um 15.30 von der Haupt-Uni und der TU zum Wissenschaftsministerium am Minoritenplatz demonstriert, wo um 16.30 die abschließende Protestkundgebung stattfindet.