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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

12. 10. 2011 - 15:22

Kalifornische Rauschmusik

Das Moon Duo und die Ganglians live in Österreich.

Diese Woche sind in Wien - ins Land geholt von der immerfeinen Veranstaltungsreihe Teenbeatclub - zwei Bands des kleinen, dabei jedoch ausgesprochen gut aufgestellten Labels Souterrain Transmissions zu erleben, das in der jüngeren Vergangenheit vor allem durch die Veröffentlichungen der letzten Arbeiten der Künstlerinnen Zola Jesus und EMA von sich hat hören lassen.

Moon Duo

Moon Duo

Moon Duo

Selbst wenn die genannten Damen auf Tonträger auch nicht unbedingt den leicht verdaulichsten und süßesten Pop aus Karamell ever spinnen, fällt die Musik der Labelkolleginnen vom Moon Duo dann doch noch zwei Ticks spröder und eigensinniger aus.

Sweet Monotonie

Zunächst einmal hat das Moon Duo aus San Francisco, das heute, Mittwoch, im Wiener Rhiz auftreten wird, einen sparsamen und pragmatischen Bandnamen, man kann das schon einmal dazusagen, der sehr treffend das spiegelt, worum es hier in diesem schönen Krach denn gehen soll: Man kann das ganz genau hören, dass hier nur zwei Menschen am Werk sind. Und das, was da Sanae Yamada und Ripley Johnson - sonst ein Viertel der ebenfalls gut krauttechnisch berauschten Wooden Shjips - am Minimal-Set-Up aus Gitarre, Gesang, Synthesizer plus Drum-Machine zusammengrooven, hört man sich am besten wohl auch zu dunklerer Tagesstunde an, möglicherweise bei der Verrichtung irgendwelcher schamanistischer, gottverbotener Rituale und bei der Anheulung der Nacht. Es gilt hier ein abgefucktes, bekifftes Dröhnen und Scheppern zu erfahren, das sich von den schön monotonen Geistern von Heiligen wie Velvet Underground oder den Spacemen 3 ernährt oder aber auch von Suicide, die - ebenfalls zu zweit - Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre Punk als übel gelaunte Endzeit-Elektronik deuteten. Das Moon Duo: schwere Empfehlung.

Ganglians

Ganglians

Ganglians

Wolle im Gesicht

Weit melodieseliger und mit allerlei barockem Zierrat ausstaffiert singt da die Musik der Ganglians aus Sacramento zu uns. In Sacramento gibt es laut Eigenauskunft der Band nicht viel zu tun außer Barbecue, auf der Veranda chillen, dieses oder jenes zu rauchen, und sich eine opulent verspielte Hippie-Musik auszudenken. Die Ganglians sind eine Band, die einen Bart im Gesicht und in der Musik trägt - aber einen sehr schönen.

Gerade erst haben die Ganglians ihren sehr guten zweiten Longplayer namens "Still Living" veröffentlicht, der verglichen mit dem Frühwerk der Band den nicht unüblichen, in diesem Falle auch überhaupt gar nicht schlechten Weg der Professionalisierung geht. Das erste, was an "Still Living" auffällt, ist die Verbesserung im Sound. Während das Debütalbum der Ganglians noch stark von Lo-Fi und Garagen-Gerümpel geprägt war, ist der neue Longplayer sauber ausproduziert und klingt sorgfältiger konstruiert. Man hat einen Produzenten engagiert, der beispielsweise schon die Dirty Projectors am Mischpult betreut hat, und ein echtes "Studio" besucht.

Teenbeatclub präsentiert:

Moon Duo, 12.10., rhiz

Ganglians, 13.10., rhiz

Besser Werden

Auch im Songwriting hat die Band sich weiterentwickelt. Kalifornischer Softrock, Bands wie die Byrds oder auch der junge Neil Young waren in der Vergangenheit die mitunter zu überdeutlichen Vorbilder. Mit dem neuen Album haben sich die Ganglians ein wenig aus den übermächtigen Klauen ihrer Idole befreit und landen in der Nachbarschaft von aktuell populären wie wunderbaren Geschichtsaufarbeitern und Honigtrinkern wie Grizzly Bear oder den Fleet Foxes.

"Still Living" kombiniert so also Folk, Einflüsse von Country, Kammer-Pop und whiskey-getränkten Rock 'n' Roll aus der Wüste mit überschwänglichen Harmoniegesängen. Die tendenziell beschwingte und aufgekratzte Stimmung in der Musik koppelt die Band mit dunklen Lyrics. Das Ergebnis ist eine vielstimmig vibrierende Platte, die bei allem süßlichen Schmuck und Tand in den Sounds zu keinem Zeitpunkt zu bemüht klingt, sondern durchgehend von einem beiläufigen, relaxten Vibe lebt. Möglicherweise könnte man da durchaus von einer "kalifornischen" Entspanntheit sprechen. Man soll auch dieses Konzert besuchen und sich hypnotisieren lassen.