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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

10. 10. 2011 - 21:02

Polizeitrojaner auch für Geheimdienste

Die deutsche Firma DigiTask beliefert offenbar nicht nur die Polizei sondern auch Geheimdienste. Starke Indizien dafür finden sich in einer Präsentation des Unternehmens, die ORF.at vorliegt.

In Sachen Polizeitrojaner überschlugen sich am Montag Abend die Ereignisse. Erst hatte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Trojaner-Affäre eingeschaltet, bei der immer stärker die deutschen Landesbehörden ins Visier geraten.

Dann teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit, dass die vom Chaos Computer Club veröffentlichte Software einem Ermittlungsverfahren der bayerischen Polizei aus dem Jahr 2009 zugeordnet werden könne.

Schließlich bestätigte der Rechtsanwalt von "DigiTask" gegenüber der ARD, dass die Software des Trojaners von ebendieser deutschen Firma stamme.

Das steht im Prospekt

Bei ORF.at war derweil ein durchwegs interessantes Dokument eingetroffen. Es handelt sich um eine Power-Point-Präsentation des besagten Unternehmens und trägt den Titel "Remote Forensic Software". Das heißt: Softwaresuite zum Ausspionieren eines Computers durch die Kombination verschiedener Schadprogramme.

DigiTask ist nach eigenen Angaben Hersteller von "Speziellen Telekommunikationssytemen für Strafverfolger" ("Law Enforcement") und dabei Marktführer im Bereich LI ("Lawful Interception"). Neben Komplettsystemen habe man auch "Remote Forensic Software" im Programm, heißt es auf Folie drei.

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In Folge werden von verschlüsselten "Instant Messaging"-Programmen bis zu kryptografiegeschütztem E-Mail-Verkehr so ziemlich alle Dienste aufgezählt, die den Ermittlungen im Wege stehen.

Um diese Verschlüsselungsmethoden auszuschalten, werde Spionagesoftware ("Stealth Software") installiert und zwar für "strafrechtliche Ermittlungen" und "intelligence gathering".

Indizien für Geheimdienste

Das ist ein starkes Indiz dafür, dass dieses Unternehmen neben Polizeibehörden auch "Intelligence Agencies", also Geheimdienste beliefert.

Und nicht nur die deutschen: Das Unternehmen bot wenigstens bis 2008 seine Produkte auch auf einschlägigen, internationalen Überwachungsmessen an.

"Additional Intelligence"

So wird denn auch "additional intelligence" wie "Screenshots, Protokollierung von Tastatureingaben, Dateisuche, Zugriff auf die Registry und eine Möglichkeit zur Fernprogrammierung" beigestellt. (Folie 14)

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Das geht weit über die vom deutschen Bundesverfassungsgericht gesetzten Grenzen für den Einsatz dieser Polizeitrojaner hinaus. Für die deutschen Geheimdienste gelten ebendiese Auflagen zum Beispiel nicht.

Auf Folie 18 heißt es unter dem Punkt "Einrichtung" ("Customization"), dass die Software entsprechend modifiziert werden könne, "um Gerichtsbeschlüssen zu entsprechen".

"Kernbereich privater Lebensgestaltung"

"Verbotene Features" könnten entweder "aus dem Code entfernt werden oder deaktiviert werden". Nächster Punkt: "Nach der Installation ist ein Online-Update" möglich.

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Auf Folie 16 ist unter dem Titel "Was bietet die Lösung von DigiTask" nach anderen Vorzügen als dritter Punkt die Erfassung des "Kernbereichs privater Lebensgestaltung" angeführt.