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Susi Ondrušová

Preview / Review

6. 10. 2011 - 03:10

Passion

Ja, Panik. Auf Österreich Tour. Mit Buch. Mit Video. Sleeping in a room with my soul left out. Danke dafür.

Es ist ja schon auch so, dass sich manchmal das Verhältnis Fan zu Band wie Konsument zu Bankomat verhält: An jeder Schlachtfeld-Linie und jedem Eck gibts eine Möglichkeit, einen Zehner für die letzte Runde oder die Fahrt nach Hause ausspucken zu lassen. Oder eben: per musikalischem Lautsprecher eine Auskunft zu erhören. Genau so ist es, ja, ja, ja: Manchmal wird die Band zu einer Bank.

Jetzt ist die Bank natürlich ein Wort und ein dahinterliegender Verein, bei dem sich hinterfragungswürdiges und erklärungsbedürftiges abspielt. Das System ist mit meinem schulmathematischen Prozentrechnungs-Verständnis nicht mehr begreifbar. Verstehen kann man nicht alles. Nur verlassen.

Wenn man sich auf etwas oder jemanden verlassen kann, dann muss das doch reichen: So, wie wenn ein Song gespielt wird, bei dem man zum Nachbarn laut "psssst" schreit, weil man "unvermutet losheult" und diesen Moment der Ablenkung noch ein wenig länger als die vorgeplanten drei Minuten zwanzig genießen möchte. Es ist doch alles "personal"!

ondruosva

Ja, Panik on Tour:

Wien: gestern
Graz: 6.10., PPC
Linz: 7.10., Posthof
Salzburg: 8.10., Arge

Ja, Panik sind auf Heimreise durch die Bundeshauptstädte namens Wien, Graz, Linz, und Salzburg und der erste Tourstop war schon mal ganz gut. Nicht im Flex, nein, ausnahmsweise nicht im Wohnzimmer der Stadt, sondern in der Speisekammer, in der Arena Wien, wo die Gruppe Ja, Panik das erste Mal ihr Album DMD KIU LIDT in der erdachten Album-Reihenfolge gespielt hat. Jetzt hat diese Vorhersehbarkeit schon etwas Entspanntes.

Der Albumrücken verrät, dass es losgeht mit "This Ship Is Ought To Sink" und aufhört mit dem Titelsong, diesem 14minütigen Monster namens DMD KIU LIDT aka "Die Manifestation des Kapitalismus in Unserem Leben Ist Die Traurigkeit". Dazwischen gibt es Höhen und Tiefen. Lautstärken und Flüstertöne.

ondruosva

Der rechts von mir will mir von Walter Benjamin erzählen, der links von mir davon, wie man Tellerwäscher bleibt. Der hinter mir schreit Namen der Bandmitglieder. Der vor mir staunt.

Weil: Bevor Track Nummer Fünf angestimmt wird, fängt die Publikumstraube vor der Bühne schon selbstständig an zu klatschen, im Takt von "Run From The Ones That Say I Love You". Was wohl die größte Überraschung des Abends ist: hier kennt man sich aus.

Was ich beim Popfest noch als Zufall gesehen habe, nämlich dass ich mich im Fanblock befinden muss, weil plötzlich Menschen anfangen laut mitzusingen, das ist hier Programm und Absicht: Es gefällt der Meute und sie kennt die Geschichte von den "enemies and friends" und sie kann auch miteinstimmen, wenn die einzelnen Ja, Panik Mitglieder ihre persönliche Strophe dieses Nevermind-Songs mitsingen.

Weil sich wohl mehr als nur die Band auf der Bühne in der Zeile "weil es dich mehr als nur den Einen gibt hinter dem das Viele liegt" wiederfindet. Da muss man keinen Hamsternamen wie Susi tragen und auch nicht Sebastian, Stefan, Thomas, Christian oder Andreas heißen. Ja, ja, success ist das.

Vor dem Konzert waren Ja, Panik im FM4 Studio zu Gast und haben "The Horror" in einer Acoustic Session gespielt.

Im Großen und Ganzen lässt sich der erste ja, panische Tourstop mit "Daumen Hoch!" zusammenfassen. Das ist der Eindruck, der bleibt, aber natürlich will man noch Nachhaltigkeit. Insofern wird die Vereinnahmung zuhause interessant: das T-Shirt, die 7'', der Jutesack, die Einwegkamera, die noch entwickelt werden muss.

Vielleicht hat sich ja noch jemand am Ja Panik-Merchstand bedient und auch das Buch "Ja Panik - Die Schriften" erstanden. Darin präsentiert die Gruppe ihre gesammelten Word-Ergüsse in gebundener Form. Nämlich nicht nur ihr "Money"-Manifest, ihr Donaufestival-Theaterstück, sondern auch DAS Tourtagebuch und allem voran auch die Textbausteine, die das "Überleben in der Metropole" sichern sollen.

Nochmal der Hinweis:

Ja, Panik auf Österreich Tour:

6.10. PPC, Graz
7.10. Posthof, Linze
8.10. Arge, Salzburg

Sicherheit, ja vielleicht kommt das noch. Im Kameralicht des Bankomaten, der mir die Information ausspuckt, dass ich mein Limit erreicht habe. Schon wieder. Aber: I'm not worried.
Danke dafür.

ondrusova

Stefan Pabst und Andreas Spechtl über die musikalischen "ersten Male"