Erstellt am: 3. 10. 2011 - 18:05 Uhr
Israel verstehen - In 60 Tagen oder weniger
Panini Comics
Israel und Palästina. Wer ist im Recht, wer im Unrecht? Kann man das so einfach sagen? Ließe sich der Konflikt nicht ganz einfach lösen?
Diese Fragen hat sich die junge, jüdische Amerikanerin Sarah Glidden gestellt und wollte sich nicht mit dem üblichen Scharz/Weiß-Denken zufrieden geben. Sie befand sich in dem Zwiespalt, einerseits politisch linksliberal orientiert zu sein, wodurch sie sich dem Standpunkt Palästinas gegenüber verpflichtet fühlte, andererseits aber Jüdin zu sein, was ihr eine gewisse Solidarität mit Israel nahelegte. Um sich endlich von oktruierten Pflichtgefühlen zu befreien und sich stattdessen eine eigene Meinung zu bilden, nahm Sarah Glidden 2007 am Birthright Programm teil.
Aus den Erfahrungen, die sie auf dieser Reise gemacht hat, machte Sarah Glidden ein Comic: „Israel verstehen – in 60 Tagen oder weniger.“ Sie beschreibt darin aber nicht nur die Reise an sich, sondern vor allem ihren Versuch, den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu entschlüsseln. Sie will sich nicht von Propaganda einwickeln lassen oder ihre Wahrheitssuche von Emotionalität kompromittieren lassen.
- Das Birthright Programme bietet jungen jüdischen Menschen eine 10-tägige Reise nach Israel, um das Land und die jüdische Glaubenspraxis besser kennenzulernen.
Panini Comics
Comic-Journalismus auf FM4:
Am Montag, 3. Oktober, in FM4 Connected (15-19) und der FM4 Homebase (19-22)
Sarah Glidden versucht, sowohl als Figur im Comic als auch als Verfasserin des Comics, alle Standpunkte zu beleuchten und liefert dem Leser dabei jede Menge Informationen über Geschichte, Kultur und Politik. Glidden bemüht sich, die verschiedenen Aspekte zu beleuchten und dabei keine Anschauung als die letzte Wahrheit zu deklarieren. Besonders schwierig sei ihr das beim Anfertigen der Karten und des Glossars am Ende ihres Comics gefallen, da das Einzeichnen jeder Grenze und das Definieren jedes Begriffs politische Akte sind.
Panini Comics
Aber so vorsichtig sie mit politischen Meinungen umgeht, so offen legt sie den LeserInnen sich selbst als Person. Sie gibt ihre Gedanken, Zweifel und Ängste preis.
Aber auf diese Weise schafft sie eine Verbindung zum Leser. Sie gewährt uns so tiefen Einblick, dass man sich mit ihre identifizieren kann. Man versteht ihre zunehmende Verwirrung nicht nur, man kann sie gut nachempfinden.
Ihr Zeichenstil ebenso wie ihre Herangehensweise an die Thematik sind unbedarft, fast naiv. Obwohl auch sie dem Leser keine Verbrechen des Krieges vorenthält, ist Sarah Gliddens Comic doch weit entfernt von den bedrückenden Gewaltdarstellungen eines Joe Sacco. Und auch ihr Humor, der das ganze Comic hindurch immer wieder zum Schmunzeln bringt, ist doch bei weitem nicht so spitz wie der eines Guy Delisle.
Panini Comics
Am Ende von "Israel verstehen - in 60 Tagen oder weniger" weiß man, sofern man nicht schon vorher mit der Materie vertraut war, mehr über Tel Aviv, Jerusalem, die Beduinen, Kibbuzim und über den Konflikt zwischen Israel und Palästina. Nur eines weiß man nicht - wie dieser Konflikt lösbar ist. Sarah Glidden selbst beschreibt ihre Reise als Entwicklung von "certainty to uncertainty" und räumt ein, dass die gesamte Situation so schwierig und vertrackt ist, dass es so etwas wie eine einfache Lösung nicht gibt.