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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

1. 10. 2011 - 13:16

20 Jahre Conne Island

Nicht nur in Berlin gibt es eine rege Subkultur.

In Berlin wird gerade der Hausbesetzerbewegung vor 30 Jahren gedacht, dabei vergisst man hier leicht, dass es auch in anderen Städten eine rege Subkultur gibt. Rund 150 km von Berlin entfernt in Leipzig feiert das "Conne Island", das renommierteste selbst verwaltete Kulturzentrum im Osten, sein 20-jähriges Bestehen.

20 Jahre Conne Island

Conne Island

Das Conne Island, heute nach dem Stadtteil Connewitz benannt, heißt im Volksmund auch Eiskeller, denn bevor es Kühlschränke gab wurden hier Lebensmittel gelagert. Ende des 19. Jahrhunderts stand hier ein Ausflugslokal, ab 1937 war hier Treffpunkt der Hitlerjugend, zu DDR-
Zeiten als "Klubhaus Erich Zeigner" ein Veranstaltungsort der FDJ. Heute dient das "Conne Island" als Konzertbühne, Club, Biergarten, Freiluftkino, Bibliothek und Infoladen, als Übungsplatz für Skater und wichtiger Anlaufpunkt für Jugendliche vor Ort und die linke Szene . Vor 20 Jahren begann man hier mit Konzerten, rein kam alles was vor
der Wende nicht sein durfte: Hardcore, HipHop, die ersten Technopartys in Leipzig. Jetzt wo alles möglich war, wollte man endlich Bands aus den USA und aus anderen Ländern sehen. Conne Island brachte internationale Kultur nach Leipzig und so ist es bis heute geblieben.

20 Jahre Conne Island

Conne Island

20 Jahre Conne Island

Verbrecher Verlag

Rechtzeitig zum Jubiläum des Kulturzentrums erschien beim Berliner Verbrecher Verlag der Reader "Conne Island 20 YRS - Noch lange nicht Geschichte". Darin finden sich neben 300 Seiten Selbstreflexion auch Texte über Feminismus, Techno, die Krise der Musikindustrie, Subkulturen, all jene Themen die im Conne Island eine Rolle spielen. Man erfährt was Hardcore Punk ist und wie das Conne europaweit zum besten Ort für Oi ! Konzerte wurde. Die Debatte um die Vegan-Straight-Edge-Bands, bei denen man wegen ihrer Lebensschutzkonzepte faschistoide Tendenzen sah wird aufgerollt, und die teilweise umstrittene Einladungs-und wieder Ausladungspolitik des Ladens erklärt.Wer im Conne Island spielt und wer nicht, war in den letzten 20 Jahren immer ein großes Thema. Zensur und Gesinnungs-Tüv hatte man dem Kollektiv vorgeworfen, es würde stark polemisch agieren und nicht ausreichend differenzieren. Das Conne Island antwortete darauf, man wolle Jugendlichen eben keine Bands vorsetzen, die rassistische, diskriminierende, gewalt verherrlichende und sexistische Inhalte zum Thema haben.

20 Jahre Conne Island

Conne Island

Was die politischen Diskussionen der Antifa und Antideutschen angeht, lag das Conne Island immer weit vorn. Die Berliner Deutschpop-Band Mia wurde zum Beispiel nach der Veröffentlichung des Song "Was es ist" wieder ausgeladen. Audiolith sagten ab, weil eine andere Band mit zweifelhaften politischen Inhalten zuvor dort auftrat. Conne Island ist die antideutsche Instanz und aus dieser antideutschen Haltung heraus werden zum Beispiel auch keine Fußballspiele der deutschen Nationalmannschaft gezeigt: Man will den Neonationalismus nicht befürworten.Auf der Bühne und im Saal gilt das Pali-Tuch-Verbot, das heißt das Palästinensertuch wird konfiziert und später mit einem Erklärungszettel wieder ausgehändigt. Damit will man Unwissende zum Nachdenken bringen." Bands mit antizionistischen und antiamerikanischen Textzeilen sind hier unerwünscht.

Schon seit Wochen wird das Jubiläum mit einem Festprogramm aus Konzerten, Ausstellungen und Diskussionsrunde gefeiert . Der Leipziger Fotograf Thomas Steinert zeigt in einer Ausstellung teils unveröffentlichte Fotos aus den Achtzigern, auf denen etwa Breakdancer in DDR-Trainingsanzügen vor dem Klubhaus Tanzschritte vollführen.