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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

28. 9. 2011 - 15:46

Quietschen, Dröhnen, Brutzeln

Nur das Beste vom Buzz: Witch House, Electro-Pop, Weird Folk? Das Waves Festival hat's im Gepäck. Noch ein paar kleine Empfehlungen.

Waves Vienna

Waves Festival

Waves Festival

Alles rund um Wiens Clubfestival auch auf wavesvienna.com und fm4.orf.at/wavesvienna

Rund 80 Bands, 12 Bühnen und viereinhalb bis fünf Tage und Nächte dürfen jetzt also beim Waves Festival erlebt werden. Neben den vorhersehbaren Bringern und vollkommen zurecht abgehypten Acts wie den guten alten Post-Punk-Legenden und den Erfindern der zickigen Gitarre, Gang Of Four, der Voodoo-Produzentin Zola Jesus, der vollelastischen dänischen Disco-Combo WhoMadeWho oder der Frau, die mit dem Stück "Califonia" den Song des Jahres geschrieben hat, Erika M. Anderson aka EMA nämlich, gibt es sehr viel noch Unentdecktes an musikalischem Neuland anzutesten und zu erfahren. Hier eine kleine, komplett subjektive Liste an Bands, die es sich möglicherweise lohnt auszuprobieren.

Instrumenti

Instrumenti

Instrumenti

Die Sache mit den Tiermasken mag zwar eine Angelegenheit aus dem Hipster-Almanach von 2007 sein, richtig übelnehmen kann man den beiden Herren von Instrumenti, die sich - auch schon ein bisschen die Niedlichkeit ihrer Musik lautmalerisch darstellend - Reynsi und Shipsi nennen, ihr Faible für Kostümierung und Gesichtsbeschminkung nicht, wenn man sieht, wie sie da so supercutesy in ihren Pandabär-Kostümen hinter ihren Instrumenten (duh!) durch die Gegend grooven. Das Duo aus dem lettischen Riga bastelt an der Minimalbesetzung (live mitunter auch gerne ausstaffiert und aufgefettet) aus Synthies, Drums und Gesang eine nach orangefarbenen Bonbons klingende Popmusik: Quietschender Digital-Funk, Over-The-Top-Falsett-Balladen, das Glitzern auf der Oberfläche der Disco-Kugel. Die ganz billige Pracht.

Instrumenti treten am Freitag im Flex auf.

Tempelhof

Tempelhof

Aussagekräftiges Bandfoto: Tempelhof

Tempelhof

Die Band Tempelhof heißt Tempelhof. Gerne schreiben sie das "T" im Bandnamen als umgekehrtes Kruzifix, der "Sänger" sportet eine schön blondierte Matte unter seinem Baseballcap und erinnert sicherlich nicht zufällig an Hot-Boy Jack Donoghue von den amerikanischen Syrup-Elektronikern von SALEM. Das tschechische Trio Tempelhof zieht zähflüssige Soundströme in Mittelschwarz und an Dub geschulte Beats in Zeitlupe aus den Geräten, dazu gibts halb gemurmelte, halb gerappte Vocals, die vermutlich von Rasierklingen und Muttermord künden. Die Stücke heißen "Ketamine" oder "Crakkhouse". Selten konnte man sicherer sein: Tempelhof machen Witch House. ▲▲▲. †‡†.

Tempelhof treten am Samstag im Fluc auf.

Touchy Mob

Touchy Mob

Touchy Mob

Touchy Mob

Der Mann hinter dem sehr guten Berliner Ein-Mann-Unternehmen Touchy Mob trägt einen ziemlichen Bart. So klingt auch die Musik: Gezwirbelt versponnnener Zottel-Folk, dem auch der Faktor "Weirdness" nicht fremd ist. Halbschief aus der Lagerfeuergitarre geleierte Lieder aus der Regentonne des Lebens werden da mit dem elektronischen Brutzeln und Räuspern des Laptops sowie diversem rauschenden Effekt-Geräte-Hokuspokus durchsetzt und führen so zu einem prickelnden Widerstreit zwischen Songwriter-Kunst und Sound-Abenteuer. Touchy Mob hat auch schon einen wunderbaren Remix für Chillwave-Meister Toro Y Moi angefertigt, und das ist noch nicht mal das Beste an diesem Herren.

Touchy Mob tritt am Samstag im Dogenhof auf.

"I was there." (James Murphy)