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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

28. 9. 2011 - 12:42

Nirgendwo ist sicher

In Bulgarien lauft ein Mörder frei herum. In Wien ein wahnsiniger Sniper. Gibt es noch sichere Plätze auf dieser Welt?

Ich habe Informationen über den Wiener Heckenschützen. Ich weiß mit Sicherheit, wer NICHT geschossen hat. Nämlich ich. Damit will ich alle auf mich gerichteten Verdächtigungen entschärfen. Ich habe ein Alibi. In Wien bin ich seit gestern und war im letzten Monat nicht in Österreich. In meinem Heimatland Bulgarien aber erlebte ich die pure Angst von einem freilaufenden Mörder.

Ein 73-jähriger Gastarbeiter, der jahrelang in der Schweiz gelebt hatte, entschied sich, in sein Heimatdorf zurückzukehren. Während der Mann im Ausland war, lebte in seinem Haus die Familie seiner Schwester. Sie weigerten sich das Haus zu räumen. Es folgte ein Streit. Der Mann wurde wütend, er erschoss drei Menschen und fackelte schließlich das Haus ab. Danach versteckte er sich von der Polizei. Man wusste nur, dass der Mörder irgendwo in der Nähe war.

All das passierte in der Nähe des Dorfes, wo meine Familie ein Sommerhaus hat. Die normalerweise ruhige Atmosphäre des kleinen Balkandorfes, wo die Menschen nie ihre Häuser abschließen, hat sich geändert. Jeder fühlte sich bedroht. Als ich und meine Familie in der nahgelegene Stadt zum Einkaufen fuhren, schauten die Dorfbewohner uns seltsam nach. Wir fühlten uns verdammt.

Luftdruckpistole

APA/HELMUT FOHRINGER

Es kam sogar fast dazu, dass das alljährliche Fest des Pflaumenschnaps, das man in die Stadt veranstaltet, abgebrochen wurde. Diese Veranstaltung, die normalerweise ein Grund fürs Trinken von unzähligen Litern Schnaps und wildes Tanzen ist, verlief ungewohnt ruhig. Die Tatsache, dass Bulgaren ihren uralten Brauch des Schnapstrinkens vernachlässigen, bedeutet, dass ihre Angst größer als ihre angeborene Liebe zum hausgemachten Alkohol war. Die Polizei befürchtete, dass sich der Mörder in der Menschenmenge verstecken konnte. Genau am Tag des Schnapsfestes wurde von den Medien das Psychoprofil des Täters verbreitet. Und das ähnelt ziemlich dem des Wiener Heckenschützens – selbstsicher, zielstrebig und größenwahnsinnig. Trink jetzt ruhig deinen Schnaps, wenn so einer frei herumläuft!

Das Schnapsfest wurde in der Nähe eines Thermalwassersees veranstaltet. Zwischen dem Geschrei von Betrunkenen und den Kindern liefen Polizisten herum. Besonders genau beobachteten sie die Menschen, die gerade im See schwammen. Vielleicht war der Mörder als ein besonders leidenschaftlicher Schwimmer bekannt.

Wir beendeten schnell unseren Aufenthalt im Sommerhaus. Mein Vater wollte, dass ich bald nach Wien fahre, eigentlich soll die österreichische Hauptstadt ja sicherer sein.

Aber das erste, was meine Freunde in Wien mir erzählt haben, war, dass ein verrückter Heckenschütze auf die Passanten mit einem Luftdruckgewehr schießt. Deshalb ist es mir eben wichtig, diese Offenbarung zu machen: Ich bin’s nicht! Und ob es sichere Plätze immer noch auf der Welt gibt? Ich weiß es nicht.