Erstellt am: 23. 9. 2011 - 12:50 Uhr
Teenage Terror
Sie schreit, rennt und kämpft wieder blutverschmiert um ihr Leben. Die österreichische Jungschauspielerin Sabrina Reiter darf nun wohl endgültig als führende Scream Queen im deutschen Sprachraum gehandelt werden.
Nach dem heimischen Slashermovie-Erfolg "In drei Tagen bist du tot", der die Gegend rund um Ebensee in einen Ort des Grauens verwandelte und der noch beklemmenderen Fortsetzung in den Tiroler Bergen, hetzt Sabrina jetzt panisch durch Schweizer Wälder. "One Way Trip 3D" heißt der Schocker, in dem es ein unheimlicher Killer auf eine Gruppe jugendlicher Narrische-Schwammerl-Sucher abgesehen hat.
Während sich Regisseur Andreas Prochaska in seinen Austro-Splatter-Werken aber um eine originelle Handschrift und durchaus authentische Dialoge bemühte, hält sich sein Schweizer Kollege Markus Welter mit solchem Kinderkram nicht auf. "One Way Trip 3D" transportiert einfach die hundertfach gesehenen Klischees amerikanischer Schlitzerstreifen in die Wälder und Berge des Jura. Verbal regiert dort der bundesdeutsche Einheitsfilmdialekt, damit es ja keine Vermarktungsprobleme gibt.
Thiemfilm
Bemühte Leere
Noch mehr als die Sprachfärbung der Protagonisten nerven allerdings ihre grässlich abgedroschenen Floskeln, die an schlechte Teeniekomödien erinnern. Und von dem furchteinflößenden Oberförster und seiner vernarbten Gruftitochter, die an rustikales Bauerntheater erinnern, reden wir erst gar nicht. Markus Welter hat allerdings, wie gesagt, keine Ambitionen seinen Film realistisch zu erden, ihm geht es weit vor jedem Inhalt um die formale Umsetzung.
Tatsächlich ist der nach langer Vorproduktion entstandene Streifen der erste schweizerische 3-D-Schocker, cofinanziert mit österreichischen Geldern, technisch durchaus bemüht gemacht, auch was die Kameraführung und die Effekte betrifft. Hätte die Geschichte auch noch Ansätze von Überraschungen oder gar einen Hauch von Spannung zu bieten, dürfte man sich über solche Pionierarbeit freuen.
Stattdessen bleibt, als prinzipiell dieser Art von Genrekino höchst wohlgesonnener Rezensent und vor allem als eingefleischter Fan der sympathischen Sabrina Reiter, eine große Zerrissenheit zurück. Dabei ist die Ösi-Schreikönigin, die ich endlich mal in einer ambitioniert-poppigen Romantic Comedy sehen möchte, ohnehin das Highlight dieses zähflüssigen Alpenhorrorthrillers.
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Wüster Stilmix
Wie man bizarrsten Horrorklamauk dennoch in der wirklichen Welt und auch einer glaubwürdigen Jugendkultur verankert, darin ist das Brit Pack rund Edgar Wright und Simon Pegg geübt. "Shaun Of The Dead", diese im wahrsten Sinn des Wortes bissige Gegenwartssatire zwischen Zombie-Apokalypse und Pubhumor, gilt zurecht als Schlüsselwerk des New British Comedy Cinema.
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Jetzt meldet sich eine weitere Stimme aus dem Talentepool rund um Wright und Pegg zu Wort. Der Komiker, Autor und Schauspieler Joe Cornish gehört in Großbritannien zu den wichtigsten Gegenwarts-TV-Stars. Mit seinem Regiedebüt "Attack The Block" folgt er nun seinen Kumpels auf die große Leinwand nach.
Beeinflusst von einem Überfall, der dem Filmemacher vor längerer Zeit widerfahren ist, aber auch von legendären Gangdramen wie "The Warriors", "Assault" oder "Streets On Fire" erzählt der wüste Science-Fiction-Splatter-Splapstick-Mix von einer Gruppe Londoner Hoodies, die mit Monstern aus dem All konfrontiert werden. Ein dubioses Image haftet schon lange an den Kapuzenpulli-Kids aus den heruntergekommenen Sozialsiedlungen. Aber seit den Londoner Unruhen dieses Sommers sind sie ein zentrales Feindbild geworden. "Attack The Block" bricht mit dieser Dämonisierung.
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Rabenschwarze Sozialgroteske
Dabei wirkt die Gruppe von Hoodies, die sich am Anfang von "Attack The Block" einer jungen Krankenschwester in den Weg stellt, zunächst durchaus bedrohlich. Die gewaltgeladene Stimmung wird aber von infernalischem Lärm unterbrochen, als plötzlich ein Stück eines Meteoriten vom Himmel kracht. Ein Alien ist mitten im Süden Londons gelandet, attackiert prompt die Bubengang und aus dem vermeintlichen Thriller wird ein Hybrid aus Science Fiction- und Horrorelementen.
Das pelzige Wesen, dem die Kids flugs den Schädel abschlagen, ist aber nur der Vorbote einer regelrechten Invasion. Für die fünfköpfige Truppe ist jetzt Schluss mit Lustig. Mit vereinten Kräften und sämtlichen greifbaren Waffen müssen die Hoodie-Helden ihre Wohnsiedlung gegen die haarigen Monster verteidigen. Für den Zuschauer beginnt damit der Spaß. "Attack The Block" ist nämlich zu allererst eine Komödie. Eine rabenschwarze Sozialgroteske, gespickt mit derben Slangausdrücken, grünem Schleim, rollenden Köpfen und fetten Basement Jaxx-Beats.
Joe Cornish, der zur Premiere des Films gestern beim /slash Festival auch anreiste und persönlich mit Fans plauderte, tritt in die Fußstapfen von Edgar Wright & Co. und schlägt sich wacker. Ein Gastauftritt des großartigen Nick Frost bringt Bonuspunkte. Horror mit Humor und humanistischem Herz, so soll es sein.
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