Erstellt am: 22. 9. 2011 - 15:25 Uhr
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Hier gibt es alle Infos und die Anmeldung zu den verschiedenen SAAC-Veranstaltungen.
WintersportlerInnen ist SAAC wahrscheinlich schon ein Begriff: Die „Snow and Avalanche Awareness Camps“ sind kostenlose Sicherheitscamps, bei denen TiefschneefahrerInnen von den Ursachen für Lawinen bis zur richtigen Verschüttetensuche alles rund ums Thema beigebracht bekommen. Und das gibt es jetzt auch für den Klettersport. Denn auch da kann ein kleiner Fehler über Leben und Tod entscheiden.
Simon Welebil Radio FM4
Theorie...
Und so treffen sich Mitte September auf der Wegscheidalm am Wilden Kaiser gut dreißig Kletterer und Kletterinnen. Keine völligen AnfängerInnen, aber auch keine Alpinprofis. Am Theorietag staunen auch erfahrene Kletterer über neue Erkenntnisse beim Sichern, beim Einbohren von Standplätzen oder über die Wahrheit hinter so manchen Bohrhaken, auf die wir im Notfall unser gravitationsbedingt vervielfachtes Körpergewicht loslassen: Reini Scherer, seines Zeichens Trainer des Nationalkaders, Erstbegeher zahlreicher Routen und Betreiber der Kletterhalle Tivoli in Innsbruck zeigt uns eine kaum zwei Zentimeter lange Schraube, die er aus dem Fels gefischt hat. Standard-Spreizanker oder -Klebehaken sind mehr als viermal so lange und aus gehärtetem, rostfreiem Edelstahl. Oder er erzählt von dem jungen Mann, der das Seil seines Vaters bekommen hat, das ein paar Jahre in der Garage gelegen ist. Äußerlich einwandfrei war es im Inneren von Batteriesäure zerfressen - es ist beim Abseilen einfach gerissen, der Kletterer mehr als 10 Meter abgestürzt.
Aber auch wenn sich immer wieder Leute auf altes oder das falsche Material verlassen und Steinschlag oder Wetterumstürze im alpinen Gelände ganz schön gefährlich werden können, die größte Gefahr beim Klettern sind immer die beteiligten Personen.

Quelle: Kuratorium für alpine Sicherheit
Die Seite von Climbers Paradise sei auch noch empfohlen. Die erfassen in fast ganz Tirol Routen und renovieren die gegebenenfalls nach modernen Standards.
"Einer der schlimmsten Unfälle, die ich erlebt habe, ist nur durch das Wort 'Stand' zustandegekommen", sagt Reini Scherer, "Stand ist ein alpines Kommando zum nachkommen des Seilpartners." Es bedeutet, dass die sichernde Person nicht mehr sichern muss. Manche verwenden es aber fälschlicherweise als Synonym für "Ich bin oben, lass mich ab." Ein falsches Wort kann so zum Tod führen.
...und Praxis
Abends haben wohl einige TeilnehmerInnen ein mulmiges Gefühl, wenn sie daran denken, dass wir am nächsten Tag erstens von uns bisher unbekannten Personen gesichert werden sollen und das zweitens in alpinem Gelände. Manche sind also vielleicht ganz froh, dass es in der Nacht gewittert hat und wir in die Kletterhalle Kitzbühel ausweichen müssen.
Michael Fiedler Radio FM4
Dort fällt das Sturztraining etwas leichter, wir gehen den Standplatzbau Schritt für Schritt durch und probieren die verschiedensten Sicherungsgeräte aus. Ich persönlich bin von keinem der Halbautomaten wirklich überzeugt, man ist verleitet, sich zu sehr auf das Gerät zu verlassen. Vier Bergführer schauen sich unseren Kletterstil, unseren Umgang mit dem Seil und Sicherungsgeräten auf eingelernte Fehler an.
Der Tuber ist ein röhrenförmiges Sicherungsgerät, das schnelles Ausgeben und Einholen des Seiles ermöglicht. Eine bekannte Variante ist das "ATC" oder der "Reverso".
Dass ich mit dem Tuber "wie ein Anfänger" sichern würde, war eine Überraschung. Ich habe vor erst drei Jahren gelernt, dass immer eine Hand das "scharfe" Seilende festhält und greife daher beim Seil einholen immer nach. Mittlerweile ist es Lehrmeinung, dass auch dann nur die Bremshand arbeitet und leicht geöffnet am Seil entlang nach oben gleitet. Es ist gar nicht so leicht, die Stimme im Hinterkopf abzuschalten, die mich an dieser Stelle jetzt immer auf den drohenden Tod meines Kletterpartners aufmerksam macht.
Mehr als einmal hören wir an diesem Wochenende etwas, das man nicht oft genug hören kann: "Wenn ihr merkts, dass jemand einen brutalen Fehler macht, habts den Mut, gehts hin und sprechts das an." Es ist nämlich erstaunlich, wie viele Gerüchte, falsche oder veraltete Informationen kursieren. Zivilcourage kann auch beim Klettern Leben retten. Ein SAAC-Camp ebenfalls. Oder wie drückt es eine Tiroler Teilnehmerin am Ende aus: "Heute habe ich gesehen, wie gefährlich mein Kletterpartner bis jetzt gelebt hat."