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16. 9. 2011 - 15:16

Forum Hochschule

Die ÖH will einen alternativen Hochschulplan erarbeiten - mit möglichst breiter Partizipation.

Für Studierende in Österreich startet der Herbst mit zahlreichen Verschlechterungen: Zehntausenden wurde die Familienbeihilfe gekürzt. Versicherungskosten wurden erhöht. Zuschüsse für Studentenheime wurden gestrichen. Gleichzeitig stellt die OECD Österreichs Hochschulpolitik ein hartes Urteil aus: Die Republik hat sowohl zu wenig StudienanfängerInnen, als auch zu wenig AbsolventInnen. Das Budget für die Hochschule stagniert – trotz der vor einigen Tagen angekündigten "Hochschulmilliarde", die sich – wenn sie denn kommt - auf höchstens 300 Millionen Euro mehr Budget in den Jahren 2013 bis 2015 belaufen wird. Von einer Erhöhung des Hochschulbudgets auf die im Parlament mehrmals beschlossenen zwei Prozent des BIP ist nach wie vor keine Rede.

Im August stellte Wissenschaftsminister Karl-Heinz Töchterle seinen "Hochschulplan" vor. Basis dafür ist eine Expertise, die in fünfmonatiger Arbeit von vier Rektoren aus Deutschland und der Schweiz erstellt wurde. Darin werden unter anderem eine neue Form der Steuerung von Hochschulen und Forschung empfohlen, eine Reform der Hochschul-Finanzierung durch Bund, Länder, Wirtschaft und andere EU-Staaten, außerdem Studiengebühren sowie neue Zugangsbeschränkungen für Massenfächer.

Voller Uni-Hörsaal

APA

Kritik am Hochschulplan kam ebenfalls noch im August von der Österreichischen HochschülerInnenschaft: Anstatt mehr Studierende an die Universitäten zu holen würde das Wissenschaftsministerium neue Beschränkungen planen. Vor allem aber kritisiert die ÖH, dass der Hochschulplan hinter verschlossenen Türen ohne die Beteiligung von Studierenden, Lehrenden und Hochschulangehörigen erstellt wurde. Die Studentenvertreter wollen jetzt eine eigene Expertise erarbeiten, mit breiter Beteiligung aller Interessierten. Das "Forum Hochschule" soll eine Gegenposition zu Karl-Heinz-Töchterles Hochschulplan erstellen.

Zweieinhalb Monate lang sollen Studierende, Lehrende und ExpertInnen möglichst konkrete Maßnahmen ausarbeiten, sagt ÖH-Vorsitzende Angelika Gruber: "Es soll keine Ideensammlung werden, sondern eine Sammlung wirklich konkreter Maßnahmen, die man in einen Gesetzestext gießen kann."

Angelika Gruber

APA/Hochmuth

Angelika Gruber

Arbeitskreise

Den Studierendenvertretern sind fünf Bereiche wichtig, die in entsprechenden Arbeitskreisen für zweieinhalb Monate tagen werden: Die Finanzierung der Hochschulen, die soziale Absicherung von Studierenden, die Qualität von Wissenschaft und Forschung, die Organisation der Hochschulen sowie die Qualität der Lehre. Angelika Gruber: "Die Arbeitsgruppe Qualität der Lehre stellt sich Fragen, die meiner Meinung nach im ExpertInnenbericht gar nicht behandelt wurden: Was ist qualitätsvolle Lehre? Wann ist ein Seminar gut für Studierende, ab wann bringt das überhaupt was? Was macht gute Lehrende eigentlich aus? Gibt es da eine Ausbildung oder werden die zu den tollsten Lehrenden der Welt, wenn sie eine Dissertation geschrieben haben?"

In der Arbeitsgruppe "Organisation der Hochschulen" wird unter anderem das jetzige Autonomie-Modell der Unis untersucht. Gruber: "Seit 2002 sind die Universitäten in einer Scheinautonomie. Das soll nachhaltige Verbesserungen im Steuerungsbereich der Hochschulen bringen. Ob das wirklich Verbesserungen gebracht hat, werden wir in der Arbeitsgruppe ausführlich behandeln."

Breite Basis, offener Charakter

Das Besondere am "Forum Hochschule" soll sein offener Charakter sein: Martin Schott vom ÖH-Vorsitzteam sieht es als einen partizipativen bildungspolitischen Reformprozess: "Das Forum Hochschule wird quasi eine Steilvorlage für das Ministerium sein. Ein aufgelegter Elfmeter, der auf breiter Basis erarbeitet wird. Der die Studierenden einbindet, der die Lehrenden einbindet, der die Hochschulangehörigen einbindet, der ExpertInnen einbindet. Auf dieser breiten Basis sollen Vorschläge erarbeitet werden, die das Ministerium dann hoffentlich aufgreifen wird."

Besonders wichtig sind Martin Schott etwa die Verbesserung der sozialen Situation der Studenten sowie die Erhöhung des Hochschulbudgets auf zwei Prozent des BIP. Die im Töchterle-Hochschulplan geforderten Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren sind für Scott die falschen Maßnahmen: "Noch immer ist der häufigste Grund für einen Studienabbruch ein finanzieller".

Während der letzten Jahre, insbesondere seit den #unibrennt-Protesten, hat die ÖH zahlreiche Konzepte zur Lösung diverser hochschulpolitischer Problemstellungen entwickelt - etwa das im Mai vorgestellte Buch "Wessen Bildung? Beiträge und Positionen zur bildungspolitischen Debatte". Bei der Präsentation des Buchs war auch Wissenschaftsminister Töchterle anwesend – verständlich ist deshalb der Ärger der ÖH über die mangelnde Einbindung bei der Erstellung des "Hochschulplans" im Ministerium.

Die Konzepte im Buch "Wessen Bildung" werden die Basis für die Arbeit beim "Forum Hochschule" bilden. Wer sich ab 19. Oktober an dem Projekt beteiligen will, kann sich mit einer E-Mail an die ÖH (forum.hochschule@oeh.ac.at) dazu anmelden. Die Ergebnisse des Forum Hochschule will die ÖH Anfang 2012 präsentieren.