Erstellt am: 9. 9. 2011 - 17:42 Uhr
Kommunenkinder
Nein, das Kommunenleben vermisse er nicht. Als Kind war es großartig und es sei für ihn ein "golden and warm memory of togetherness". Heute aber könne er sich das nicht mehr vorstellen, meint Thomas Vinterberg.
Nur eineinhalb Jahre nachdem sein allererstes Theaterstück überhaupt, „Das Begräbnis", am Burgtheater premierte, ist er wieder in der Bundeshauptstadt und inszeniert. „Die Kommune" ist eine Geschichte über (no, na) eine eben solche und darüber, was passiert, wenn Individualitäten und Gemeinschaft, Gefühle und Lebensphilsophie kollidieren.
Dass er hier sei, sei auch dem Umstand zu verdanken, dass sich sein nächster (dänischer) Film um ein paar Monate verschoben habe - die Dreharbeiten würden allerdings ziemlich gleich nach dem Stückwerk hier beginnen. "I´m busy these days", lächelt Herr Vinterberg.
![© Georg Soulek](../../v2static/storyimages/site/fm4/20110936/test1-2_body.jpg)
Georg Soulek
Im Werden
Eine normale Probe steht an. Thomas Vinterberg begrüßt die anwesenden JournalistInnen und FotografInnen. Er sagt, es sei ein work in progress. Es könne sein, dass er unterbräche und wir würden ein paar Anfangs-Szenen sehen.
Einem Kollegen hat er davor ins Mikrophon geflüstert, dass eventuell etwas Panik in seinen Augen auszumachen sei, weil das Stück parallel improvisiert und geschrieben werde. Normalerweise sei ein Skript, mit dem er arbeite, ein Jahr vorher fertig. Hier aber regiere die ständige Entwicklung und Spontanität. Für ihn ein nasser Traum wie eiskalter Alp zugleich.
Thomas Vinterberg, Mitbegründer der Dogma Bewegung, Regisseur von Filmen wie (dem Dogma Aushängeschild) „Das Fest", „Dear Wendy" oder „Submarino" und Videomacher für Blur sowie Metallica, hat sich erneut dem Theater zugewandt. Genauer dem Wiener Theater. Das ist vor allem auch dem Burg-Herren, Direktor Matthias Hartmann zu verdanken. Mit dem Vinterberg, wie er sagt, eine "on going conversation" hat.
Ort des Geschehens von "Die Kommune" ist die Wohnküche eines geerbten Patrizierhauses im Kopenhagen von 1975. In die Wand eingelassene Bücherschränke, die Türen und Fensterläden weiß gestrichen, jedoch abgesplittert. Hinter den Scheiben der Blick auf einen kleinen Hof mit Efeu. Die Tapeten im Stil der Zeit mit einem Hauch von Biedermeier.
In diesem Raum kommt die Gemeinschaft zusammen, hält ihre Hausparlamente ab, bei denen Basisdemokratie gelebt wird - zumindest vorerst. Wendepunkt wird sein, als sich Kommunen-Mitbegründer Erek in eine jüngere Frau verliebt, die ebenfalls miteinzieht. Zur Gemeinschaft inklusive langjähriger Lebensgefährtin und Tochter.
Der Beginn des Stücks macht lächeln, wenig später folgen sehr filmische Szenen. Mehr darf erst nach der Uraufführung am Samstag, den 10. Oktober 2011 verraten werden.
Verbindungen
Vinterberg lebte 12 Jahre in einer Kommune; länger sogar als seine Eltern. Eine Menge Erfahrungen und kleiner Geschichten von damals seien in das Stück eingeflossen, erzählt er. Je länger er aber mit den SchauspielerInnen daran gearbeitet habe, desto mehr sei von ihnen dazugekommen und sie hätten es zu ihrer eigenen Kommune gemacht.
![© Georg Soulek Tomas Vinterberg](../../v2static/storyimages/site/fm4/20110936/test3-1_body_small.jpg)
Georg Soulek
Wie schon sein letztes Stück "Das Begräbnis" hat Vinterberg auch "Die Kommune" mit Mogens Rukov geschrieben. Rukov, Professor der Dänischen Filmschule, wurde auch ein großer Einfluss auf die Dogma-Bewegung zugeschrieben.
Eine Art Mentor für Sie?, frage ich Thomas Vinterberg: Mogens Rukov sei ein sehr guter Freund, antwortet dieser, er war sein Lehrer an der Filmschule, als er seinen Abschlussfilm machte - von dem er immer noch denkt, dass es sein bester ist. Seit damals sind sie gewissermaßen ein Team, hätten ja auch "Das Fest" miteinander geschrieben. "And it works like this: that he gives me assignments, he gives me things to do, and then I write it. So in a way I write it, but he is the strategic mind, and a very brutally honest person in the background."
Als nächstes werden die beiden aus "Die Kommune" übrigens einen Film machen. Eigentlich war die Idee sowieso zuerst eine filmische. Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann hat Vinterberg dann aber die Bühne als Versuchsanordnung vorgeschlagen. Ein tolles Angebot, das er natürlich annahm, sagt er. Und: nach den Theaterarbeiten hätte er jetzt noch größere Lust und Sehnsucht diesen Film zu machen - auch wenn der ganz anders als das Stück werde.
PS: "Das Begräbnis" steht nach wie vor am Spielplan des Burgtheaters. "Die Kommune" ist ab 10. Oktober am Akademietheater zu sehen.