Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Schuldenfalle SVA?"

Simon Welebil

Abenteuer im Kopf, drinnen, draußen und im Netz

8. 9. 2011 - 17:41

Schuldenfalle SVA?

Die Beiträge zur Sozialversicherung werden für viele Selbständige zum Problem. Sie können sich ihre Versicherung nicht mehr leisten.

Für viele KundInnen der SVA, der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft, ist das soziale Netz nicht nur Absicherung, sondern auch eine Falle, wie das Monatsmagazins DATUM in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Jeder fünfte SVA-Versicherte wurde im Jahr 2009 gemahnt, jedem zehnten eine Exekution angekündigt, insgesamt 33.000 Menschen.

"Es ist einfach die Abgabe zu hoch, aus basta", meint der Kabarettist Werner Brix, zumindest für Leute, die wenig verdienen. Eine Friseurin, die im Monat 400 verdiene, müsste etwa 47% ihres Einkommens an die SVA überweisen, wie das DATUM vorrechnet. Schuld daran ist die Mindestbeitragsgrundlage, die für alle SVA-Versicherten gilt.

Aber nicht nur die Mindestbeitragsgrundlage stellt viele Versicherte vor Probleme, auch schwankende Einkommen können zur Armutsfalle werden, wie Werner Brix erklärt:

Karton mit der Aufschrift: Bitte um große Spende für meine SVA Nachzahlung

amici delle SVA

"Es wird nicht verstanden, dass wir in eine Spirale reinkommen. Wehe du verdienst einmal gut, dann zahlst du nach. Du zahlst tausende Euro nach und hast dann im Folgejahr vielleicht ein schwaches Jahr, was machst du jetzt? Wo nimmst du das Geld her? Du kannst es dir unter den Fingernägeln irgendwo heraussparen, was eigentlich fast nicht mehr möglich ist, und du hast ewig diesen Eisberg vor dir?"

Peter McDonald, der geschäftsführende Obmann der SVA, ist sich des Problems von schwankenden Einkommen bei Selbständigen bewusst. Mit verstärkter Beratung und einer Systemumstellung soll das Risiko von Nachzahlungen kalkulierbarer werden. Die Versicherten sollten wissen, wie hoch ihre Rückstellungen sein müssen.

Große Rückstellungen oft nicht möglich

Einigen mag damit geholfen sein, Werner Brix nicht. "Da kriegt man auch von Kollegen den Rat: Wenn du selbständig wirst, leg am Anfang immer sofort 50% weg. In der Praxis funktioniert es nicht. Du kannst nicht 50% weglegen, du hast zu wenig. [...]Es geht bei uns oft um's blanke Vermeiden der Schuldenfalle und um's Überleben."

Wenn man sich die Einkommen von SVA-Versicherten ansieht, wird klar, wovon er spricht. Drei von 5SVA-Versicherten verdienen weniger als 600 Euro netto im Monat. Wo sollen die, sofern sie nicht ein anderes Einkommen haben, das Geld für die Sozialversicherung hernehmen? Werner Brix spricht sich für die Abschaffung der Mindestbeitragsgrundlage aus, und dabei sollte auch gleich die Höchstbeitragsgrundlage abgeschafft werden. Die Vermögenden sollten mehr in den Topf einzahlen.

Das letzte Hemd für die SVA

Mit diesem Vorschlag ist Werner Brix nicht alleine. Auf Facebook hat sich die Gruppe "Amici delle SVA" gegründet, auf der viele SVA-Versicherte ihre Erfahrungen austauschen und ihren Unmut äußern. Begonnen hat die Gruppe mit einem Flashmob in der SVA-Zentrale, bei dem die TeilnehmerInnen der SVA symbolisch ihr letztes Hemd abgeliefert haben. Mittlerweile hat die Facebook-Gruppe über 1.500 UnterstützerInnen. Die Amici werfen der SVA vor, die Probleme von Ein-Personen-Unternehmen und Neuen Selbständigen nicht zu verstehen. Bei der SVA hätte man ein veraltetes Bild von UnternehmerInnen, das von FabrikbesitzerInnen und Industriellen ausgehe.

Aufschrift: "Mein letztes Hemd für die SVA"

SWV

Dem widerspricht Peter McDonald vehement: "Wir haben in den letzten Jahren als SVA sehr vieles erreicht in der Absicherung der Selbständigen. Wer hätte sich vor einigen Jahren noch vorstellen können, dass es eine Arbeitslosenversicherung für Selbständige gibt, wir haben eine Zusatzkrankenversicherung geschaffen, die im Falle einer Verhinderung des Unternehmers zumindest finanzielle Ersätze leistet. [...] Wir haben eine zweite Pensionssäule für Selbständige gebaut und wir haben nicht zuletzt auch die Mindestprämien in den letzten Jahren halbieren können. Wir sind da sehr nah dran an den Sorgen unserer Versicherten."

Wir können über alles reden

McDonald preist das Leistungsangebot der SVA an. Viele SVA-Versicherte wüssten aber nicht über alle ihre Rechte, Pflichten und Angebote der SVA Bescheid. Diese sollten unbedingt zu einer persönlichen Beratung kommen. Dort könne man alles klären, etwa auch Ratenzahlungen bei Versicherungsleistungen.

Dennoch sind viele Versicherte mit den Angeboten der SVA nicht zufrieden. Die Zusatzversicherungen wären nicht leistbar, die Mindestbeiträge noch immer zu hoch. Auch der 20-prozentige Selbstbehalt, den sie bei Arztbesuchen zahlen müssen, ist ihnen ein Dorn im Auge. "Wir nehmen alle Vorschläge ernst und nehmen sie auf, analysieren sie auf ihre Umsetzbarkeit. Da will ich nichts vom Tisch wischen", meint McDonald. Eine Diskussionsrunde ist auch schon geplant, in der SVA. Davor wollen die „Amici delle SVA“ aber nochmal in der Öffentlichkeit auf ihre Probleme hinweisen, am 13. September, mit einem Flashmob vor dem Sozialministerium.