Erstellt am: 8. 9. 2011 - 18:38 Uhr
Ein Sprung nach dem anderen
Österreich hat als Videospielstandort keine besonders glorreiche Geschichte. Sofort denkt man an die merkwürdigen Geschäftsstrategien von JoWooD, ein Unternehmen, das sich über Jahre hinweg mehr mit unprofessionell und dubios abgewickelten Finanzspritzen in den Schlagzeilen gehalten hat als durch die entwickelten und vertriebenen Produkte. Man denkt auch an das unrühmliche Ende des kurzfristigen heimischen Aushängeschild Rockstar Vienna, wegen dem man einige Monate lang glaubte, von Wien aus die internationale Spielewelt erobern zu können. Es endete schlagartig: Über Nacht wurden im Mai 2006 die Mitarbeiter/innen aus ihrer ehemaligen Firma ausgesperrt und das Studio wurde geschlossen.
Doch es gibt ein heimisches Games-Unternehmen, das von all dem weit entfernt und stattdessen ein Vorzeigebeispiel für seriöses Geschäftsgebaren, stabilen Wachstum und effizientes Entwickeln von Videospielen ist: Die Sproing Interactive Media GmbH, mit Firmensitz in Wien und in diesem Frühjahr zehn Jahre alt geworden. Sproing kennen Spieler/innen kaum, doch innerhalb der deutschsprachigen und auch internationalen Branche hat die Firma einen äußerst guten Ruf.
Geduldig und gewissenhaft
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Sproing / Harald Riegler
Sproing hat in den ersten Jahren des Bestehens fast ausschließlich Auftragsarbeiten angenommen. Anfang der Nullerjahre war der Moorhuhn-Hype noch am Kochen, und Sproing hat damals viele dieser Moorhuhn-Spiele entwickelt. Man hat unglamouröse Games entwickelt, sich so aber einen guten und verlässlichen Ruf innerhalb der Branche erarbeitet.
"Viele haben nie verstanden, was uns die Moorhühner eigentlich gebracht haben", so Harald Riegler im Interview mit FM4. "Die Moorhuhn-Spiele waren extrem simpel, hatten aber eine sehr ausgetüftelte Mechanik. Und wenn du diese Erfahrung als Entwickler nicht durchmachst, ist es schwierig, später große Produktionen mit viel Geld zu machen, wenn dabei dann die Kernelemente des Spiels keinen Spaß machen."
Diese gewissenhafte und geduldige Einstellung hat Sproing von Anfang an eine finanziell sichere Firmenstruktur verschafft. Diese wiederum hat dafür gesorgt, dass sich die Mitarbeiter stetig weiterbilden und damit die Konkurrenzfähigkeit am internationalen Markt für sich beanspruchen konnten. Schon nach einigen Jahren hat Sproing nicht nur für PC Windows entwickelt, sondern auch für Konsolen und Handhelds - eine Kompetenz, die von einem mittelgroßen Unternehmen (derzeit 55 Mitarbeiter/innen) in der Games-Industrie meist nur schwer zu erreichen ist.
"Ich halte das für extrem wichtig, dass man breit aufgestellt ist, und Multi-Plattform-Spiele entwickeln kann, weil dort geht die Industrie hin."
Hohe Expertise
Auch bei "Free-to-play", dem derzeit angesagtesten Konzept innerhalb der Games-Industrie, verpasst Sproing nach zehn Jahren traditioneller Spieleproduktion nicht den Anschluss. Es geht um simple, aber unterhaltsame Spiele, die jeder kostenlos spielen kann, und wo man erst später für einzelne Gegenstände oder Service im Spiel Geld ausgeben kann - aber nicht muss. Dieser Paradigmenwechsel ist für Sproing eine Herausforderung, aber keine Hürde - lernen und mit der neuesten Technologie und den spielerischen Anforderungen auf der Höhe des Marktes zu bleiben, ist für die Firma selbstverständlich.
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Subotron
Harald Riegler spricht am Donnerstag, 8.9. im MuseumsQuartier in Wien im Rahmen von Subotron Pro Games. Der Eintritt ist frei, los geht's um 19 Uhr.
Die Termine für die kommenden Wochen finden sich auf subotron.com.
"Uns hilft unser Mindset von früher: Wir fuchsen uns in Themen hinein, so, wie wir es gemacht haben, wenn wir ein Horrorspiel, ein Strategiespiel oder ein Kinderspiel produziert haben. Diese Kompetenz können wir jetzt mitnehmen."
Sproing hat seinen Firmensitz von Anfang an in Wien - ein Standort, der über keine besonders ausgeprägte Infrastruktur für Videospielentwicklung verfügt. Ein Umzug nach New York, San Francisco oder London ist für Harald Riegler und sein Team dennoch nie in Frage gekommen. Sproing fühle sich in Wien wohl, die Stadt hätte auch eine gute Fördersituation für die Creative Industries, denen Spielestudios bekanntlich auch angehören. Für die nächsten zehn Jahre wünscht sich Riegler, dass Sproing nicht nur innerhalb der Games-Industrie einen hervorragenden Ruf genießt, sondern auch in Spieler/innenkreisen ein glamouröser Name wird.