Erstellt am: 7. 9. 2011 - 16:49 Uhr
Verlässlicher Trübsal. Mit Pop.
Hat man das Vergnügen, die Band The Drums zum Interview zu treffen, so darf man drei nachdenkliche junge Männer erleben, selbstsicher, den Blick stets auf die jeweils anderen Band-Mitglieder gerichtet oder in den Wolken nach besonders aussagekräftigen Antworten fischend. Diese Band, so gibt sie mit jeder Faser zu verstehen, weiß, wer sie ist. Die Drums haben ein Konzept, einen Look und eine Idee, sie schrammeln nicht bloß so ein paar Songs aus den Instrumenten. Sie fassen ihre Gedankenblitze in klare Worte - manch einer mag ihnen das als Arroganz ausgelegt haben.
Stil-Konsequenz

The Drums
Schon nach wenigen Sekunden in "Book Of Revelation", dem Eröffnungsstück von "Portamento", weiß man, dass man hier auf einem Album der Drums gelandet ist: ein federnder Basslauf, wehmütig gehauchte "Uhhs" und "Aahs". Die Drums, wie es so heißt, bleiben ihrem Stil treu. "Kontinuität ist uns wichtig," sagt Frontmann Jonathan Pierce, "viele der Bands, zu denen wir aufblicken, haben ihre ganze Karriere über mehr oder weniger einen bestimmten Style verfolgt. Wir mögen die Attitude der Zombies oder aber auch der Ramones. Die Lederjacken und die Frisuren."
So geht es auf dem zweiten - nur rund ein Jahr nach dem selbstbetitelten Debüt nachgelegten - Album der Gruppe aus Brooklyn auch um wenig mehr als um Letztverfeinerungen. 80er-Gitarren-Wave in Andenken an Bands wie The Cure, The Smiths, The Wake oder Aztec Camera; das schottische Label Postcard Records im Allgemeinen. Musik von der Kante, an der Post-Punk in jingle-jangling Pop hinübergekippt ist.

The Drums
In den Texten von "Portamento" herrscht Trübsal und Aschewolke. Die Single "Money" ist wörtlich zu lesen und erzählt ganz genau davon, jemandem, den man liebt, etwas kaufen zu wollen, aber das Geld fehlt. Nicht weniger. Die Stücke tragen Titel wie "I Don't Know How To Love You", "Hard To Love", "Please Don't Leave" und - bevor alles zu spät ist - "I Need A Doctor". "Unser Debüt-Album handelte von unserer Jugend und war hoffnungslos romantisch verklärt. Auch in den traurigen, tragischen Songs war meist noch Hoffnung vorhanden. Jetzt scheint alle Hoffnung verloren." Und aus dem guten, alten Gegensatzpaar "Schwung, Elan und Verve in der Form" und "Lebertran im Inhalt" ergibt sich wieder einmal die brisante Reibung und das gute Salz, das das schnöde Leben würzt und das in den Wunden so schön weht tut. Das Albumcover zeigt - vermutlich von Witch House beeinflusst - ein Jugend-Foto von Jonathan Pierce, wie er mit fotonachbearbeitungstechnisch ausgekratzten Augen unter einem Kruzifix steht. Daneben lacht seine Großmutter. Es ist alles nicht gar so einfach.
Ein bisschen Elektronik

The Drums
Abgesehen davon, dass die Songs der Drums heute etwas subtiler geschnitzt sind und sich nicht sofort und dauernd als "HIT!" ins Leben zwängen, ist immerhin halbneu, dass die Band auf "Portamento" etwas öfter und deutlicher zum Synthesizer greift. Da gibt es die ganz wunderbare minimalistische Elektronik-Meditation "Searching For Heaven" oder das Stück "If He Likes It, Let Him Do It", eine unterkühlte Bestrafernummer aus der Folterkammer der frühen Depeche Mode oder Ultravox, möglicherweise.
Der große Rest ist Handclap-Sounds, Beach-Boys-Harmonien, verlässlich-geiles Gitarrenhandwerk. Eine Band, die die Sound-Merkmale eines Styles frech abschöpft und zur Karikatur verdichtet. Eine Band mit definierter Ästhetik, ein Band, die sich mit voller Absicht selbst limitiert: "Das ist unsere Art, experimentell zu sein: Indem wir nicht experimentell sind." Eine Ansage von beeindruckender Klarheit.