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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

6. 9. 2011 - 12:22

Flesh for Fantasy

Von 22. bis 30. September kommen Fans blutiger, kontroversieller und fantastischer Filme beim /slash-Festival in Wien wieder auf ihre Kosten.

Eine Kooperation von FM4 mit dem /slash-Filmfestival

Eigentlich müsste man Markus Keuschnigg und seinen engagierten Kollegen ein Denkmal errichten, eines aus künstlichen Knochen und Latexhautfetzen, übergossen mit Hektolitern Filmblut. Und das, weil es diesen jungen Leuten gelungen ist, in Wien etwas auf die Beine zu stellen, was mehr als überfällig war.

Dank Markus & Co. - und die üblichen Nepotismusvorwürfe könnt ihr euch an dieser Stelle einrexen - hat die österreichische Hauptstadt endlich auch, was für Genrefans in deutschen Metropolen zum Leinwandalltag gehört: Ein Festival, dass sich zur Gänze dunkelroten Fantasy-Filmjuwelen zwischen Horror, Science Fiction, Action und Exploitation widmet.

Zum zweiten Mal findet im Wiener Filmcasino nun das /slash Filmfestival statt, ein neuntägiges Happening im Zeichen der torkelnden Untoten, finsteren Aliens und altmodischen Gespenster, der gierigen Kannibalen, psychotischen Serienkiller und durchgeknallten Superhelden.

Attack The Block

slash filmfestival

Zombie-Mobs und Splatter-Disko

Dass sich heuer das Programm noch entschieden dichter präsentiert, verdankt sich wohl dem ganz großen Publikumszuspruch im Vorjahr. Und wer spätestens an dieser Stelle eine gewisse moralische Skepsis gegenüber dem Blut- und Beuschelgenre äußert, eventuell gar die dazugehörige Liebhabergemeinde mit Prädikaten wie verkorkst oder gar krank abtut, der hat das aufmerksame, kluge, humorvolle und mit allen cineastischen Wassern gewaschene Auditorium nicht gesehen, dass sich im September 2010 im Filmcasino versammelte.

Das Publikum ist ein wichtiger Teil des Gesamtevents, und es wird vom 22. bis zum 30. September noch massiver einbezogen, sei es mit Diskussionen, Kostümwettbewerben, Zombie-Mobs oder als Teil aufwändig geplanter Partys, die den Kinosaal in eine Splatter-Disko verwandeln werden. Wenn die Berliner Lo-Fi-Pop-Charmeure Stereo Total anlässlich des von ihnen mitvertonten japanischen Softsex-Musicals "Underwater Love" aufspielen, verschmelzen auch die Welten Kino und Konzert ganz selbstverständlich.

Aber natürlich finden sich die zentralen Schauwerte auf der Leinwand. Um die 40 Streifen - von brandneuen Hollywood-Filmen über billigst gedrehte Trasharbeiten hin zu ambitionierten Kurzfilmen - wurden liebevoll kompiliert. Das heißt ausdauernd sein und verlangt auch eine gewisse Abgebrühtheit. Schließlich geht es in fast allen gezeigten Horror-, Science-Fiction- und Thrillerproduktionen, ob auf todernste oder grotesk komische Weise, im Grunde immer nur um das Eine: ums Sterben.

The Taint

slash filmfestival

Oldschool-Horror

„Für mich sind Horrorfilme Filme der Konfrontation“, sagte der legendäre David Cronenberg dazu einmal in einem Interview. „Man wird auf eine bestimmte sichere, traumhafte Weise mit Dingen konfrontiert, mit denen man im wirklichen Leben nichts zu tun haben möchte. Aber schließlich wirst du diesen Dingen gegenüberstehen: Ich spreche vom Alter, von Tod und Einsamkeit.“

Apropos Alter: Einige Schlüsselfilme des Festivals stammen, wie der Katalog betont, von Herrschaften jenseits der Pensionistengrenze. Dem berüchtigten Herschell Gordon Lewis, der in den späten 1960er Jahren aus rein ökonomischen Gründen das Splattermovie erfunden hat, ist ein ganzer Abend gewidmet, aber auch Ikonen wie John Carpenter und dem verstorbenen spanischen Gruselguru Paul Naschy wird gehuldigt.

Einzelne Tipps ausführlicher aus dem prallvollen Programm herauszugreifen, würde hier aber den Rahmen sprengen. Versenkt euch doch mal ausführlich darin, die Inhaltsangaben alleine werden nicht nur die Geeks und Freaks unter euch unruhig auf dem Sessel rutschen lassen. Dass "Joe" Cornish, der britische TV-Starkomiker mit seinem famos lustigen Regiedebüt "Attack The Block" persönlich anreist, darf allerdings nicht unerwähnt bleiben.

Crispin Clover

slash filmfestival

Rabenschwarze Underground-Ikonen

Und einem anderen Mann muss ich hier auch huldigen, schon alleine weil ich es unglaublich finde, dass es dem „/slash“-Team gelungen ist, ihn nach Wien zu holen. Die Rede ist von dem Schauspieler, Autor, Musiker und Regisseur Crispin Hellion Glover, einem der ganz großen lebenden Exzentriker unter der Sonne.

Bekannt aus Mainstreamwerken wie „Back To The Future“ (genau, der Vater von Michael J. Fox), „Charlies Angels“ oder zuletzt „Alice In Wonderland“ steht der wahnwitzige Crispin, der auch schon mal im TV David Letterman körperlich attackierte, zu den radikalen Vertretern eines rabenschwarzen Undergrounds, auch in Zeiten, wo dieser Begriff entwertet scheint.

Zwischen Untergrund-Strategien und slicken Big-Budget-Schocks, körperlichem Klamauk und Streifen, die mit dem Vorschlaghammer in die Magengrube ausholen, bewegt sich das /slash-Filmfestival 2011. Das Genrekino lebt, bebt, pulsiert. Wir sehen uns an der Kassa und im Saal des Filmcasinos, ich kann es nicht mehr erwarten.

The Woman

slash filmfestival